Kronberg (mw) – Nach einem letzten Sitzungsmarathon von neun Stunden sei ein „sehr gutes Ergebnis“ auf den Weg gebracht worden, verkündete Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos) vor den abschließenden Beratungen zum fristgerecht vorliegenden Verkaufsvertrag zwischen der Stadt Kronberg und der REAL KG im Stadtparlament. Bei der Abstimmung vor einem Jahr hatten die Stadtverordneten dem Konzept der REAL KG mehrheitlich den Vorzug vor dem Bewerber Konstantin Kovarbasic gegeben. Das sah Frederik Roth, Geschäftsführer der REAL KG, einen Tag nach der jüngsten Abstimmung vergangene Woche im Stadtparlament ähnlich: „Wir sind dankbar für die konstruktiven und zielorientierten Gespräche und Verhandlungen mit der Stadt – und für das Vertrauen einer großen Mehrheit der Stadtverordneten dafür, dass sie die richtigen Rahmenbedingungen am Bahnhof setzen und die Schlüssel an die REAL KG übergeben werden.“ Nach einer verhältnismäßig kurzen Debatte votierten 19 Stadtverordnete für den ausgehandelten Vertragstext, acht dagegen und zwei enthielten sich. CDU, FDP und KfB lobten das Konzept und den Vertragstext, SPD und Grüne übten Kritik, während sich die UBG der Stimme enthielt. Die Aushandlung des Vertrags war eine äußerst komplexe Angelegenheit, wie Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos) und Erster Stadtrat Robert Siedler den Stadtverordneten im Stadtparlament – und auch Frederic Roth einen Tag nach der Entscheidung in einem Statement der REAL KG – noch einmal vor Augen führten. Der Grund dafür ist nicht allein, dass der Denkmalschutz bei dem Kulturdenkmal Bahnhof das letzte Wort hat, sondern vor allem, dass in und um das Gebäude die Grunddienstbarkeiten und Wegerechte der Deutschen Bahn zu berücksichtigen sind. „Bei einigen Beobachtern mag der Eindruck entstanden sein, dass sich die Verhandlungen zu lange hinzogen. Dabei wurde jedoch offensichtlich der enorme Abstimmungsbedarf bei diesem komplexen Projekt unterschätzt, der vor allem in langwierigen Abklärungen mit dem Denkmalschutzamt, der Deutschen Bahn und dem Eisenbahnbundesamt begründet ist“, sagte Roth.
Doch jetzt gibt es ein Ergebnis und die Stadtverordneten haben den Weg frei gemacht, sodass der Bahnhof den Besitzer wechseln kann. Der Kaufpreis ist gleich geblieben, jedoch erwirbt die REAL KG dafür jetzt nur einen kleinen Teil des von der Stadt angebotenen 800 Quadratmeter großen Grundstückes. Der 335 Quadratmeter große Vorplatz bleibt in städtischem Besitz. Die veränderten Planungen sehen vor, keine zusätzliche Dachkonstruktion mehr (Bürgerpavillon) zu errichten. Die Bebaubarkeit des Vorplatzes war ohnehin aufgrund der dort liegenden Bahnleitungen fraglich gewesen. Außerdem sähen die Pläne für den schräg gegenüberliegenden Busbahnhof schon eine Überdachung vor, erläutert Roth.
Die weitere Gestaltung der öffentlichen Flächen liegt bei der Stadt. Die Pläne des Schweizer Landschaftsarchitekten Enzo Enea für die entstehenden Freiflächen nach Wegfall der Containerlösungen und Abriss der heutigen Anbauten am Bahnhof begrüßt Roth, auch die groß angelegte Umfeldplanung rund um den Kammermusiksaal und das Hotel, bei dem Enea plant, den Park bis zum Bahnhofsquartier hinunterzuziehen. Deshalb hält es der Investor nun für sinnvoller, die historische Bahnsteigüberdachung zu sanieren. „Wir verpflichten uns, diese in Abstimmung mit der Deutschen Bahn fach- und sachgerecht sanieren zu lassen. Der Stadt Kronberg entstehen hierdurch keine Kosten.“ Die REAL KG verpflichtet sich aber, wie „ursprünglich zugesagt, für die Gestaltung der öffentlichen Flächen am Kronberger Bahnhof einen Zuschuss zusätzlich zum Kaufpreis für den Bahnhof zu zahlen“.
In der Debatte im Stadtparlament sagte CDU-Stadtverordneter Max-Werner Kahl, Advent sei die Zeit der Erwartung. Er erwarte nun, nachdem die Nutzungsparameter abgesteckt seien und der Kaufvertrag einvernehmlich vorliege, dass die Entwicklung am Bahnhof „an Fahrt aufnimmt“. „Der Irrglaube, als Stadt einen eigenen Bahnhof besitzen zu müssen, ist nun vorbei“, so Kahl. Zustimmung für den Vertragsentwurf gab es auch seitens der KfB. Die KfB-Co-Fraktionsvorsitzende Alexa Börner begann ihre Rede mit dem Satz: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Das Bahnhofsgebäude werde saniert, revitalisiert und zu verschiedenen Zwecken genutzt. Im Gebäude seien alle wichtigen Funktionen wie Minimarkt, Bäckerei, Reisezentrum und ein gastromonisches Angebot vorgesehen. Das Foyer bleibe öffentlich zugänglich mit Bistro/Lounge/Café erhalten und könne auch von Kronberger Vereinen genutzt werden. Mit dem Wegfall des „Bürgerpavillons“ könne die KfB „gut leben“. Obwohl die zu verkaufende Fläche kleiner geworden ist, da nur noch das bestehende Bahnhofsgebäude und nicht das Grundstück zwischen Bahnhof und Basa-Gebäude verkauft werden soll, bleibt der ursprünglich genannte Kaufpreis bestehen. „Hier hat die Stadt gut verhandelt“, findet Börner, die in dem Vertragsentwurf „keine bösen Überraschungen“ gefunden hat. Wichtig sei, dass der Käufer den Bahnhof 20 Jahre lang nach dem beschlossenen Konzept zu nutzen habe und ihn nicht verkaufen dürfe. Die FDP und mit ihr der FDP-Stadtverordnete Dietrich Kube zollte der REAL KG mit Herrn Roth „Respekt, dass er bei der Stange geblieben ist“. Die von den Grünen und der SPD geäußerten Kritikpunkte hielt er für „an den Haaren herbeigezogen“ und für „unangemessen“. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christoph König hatte zuvor vier Änderungsvorschläge als Antrag eingebracht. Die SPD vertrat die Überzeugung, es müsse „vertraglich festgeschrieben werden“, dass der Investor das historische Vordach restauriert. Außerdem wollte die SPD eine klare Festschreibung, dass die Vereine das Foyer an zehn bis zwölf Tagen im Jahre nutzen können. Weiter forderte sie, den Abriss der Anbauten am Bahnhof verbindlich festschreiben zu lassen und wollte formuliert wissen, dass die Bauarbeiten nach Eigentümerwechsel zuzüglich Bearbeitungszeit des Bauantrags innerhalb von drei Jahren abzuschließen sind. Außerdem monierte die SPD, dass ein Teil der Räume für die Bahnmitarbeiter im Dachgeschoss untergebracht werden sollen. Der Änderungsantrag wurde jedoch abgelehnt. Kritik gab es auch seitens der Grünen. Die Grünen-Stadtverordnete Mechthild Schwetje hatte ähnliche Kritikpunkte und bezeichnete die nach elf Monaten vorliegenden Pläne als „im Detail teilweise wirklich mangelhaft“ und „lückenhaft“.
Für Michael Dahmen von der CDU war das ein „letzter Versuch“, dem Investor „Steine in den Weg zu legen“. Man könnte die REAL KG nicht zu einer Restaurierung von etwas verpflichten, was ihr gar nicht gehöre, erklärte er zu der Restaurierung des historischen Vordachs. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Holger Grupe kritisierte die Änderungsanträge als zu spät eingebracht, um sie „seriös“ beraten zu können, fand das jedoch noch besser als die Kritik der Grünen „ohne Änderungsvorschläge“. Wer wolle, dass es am Bahnhof nun zügig vorangehe, dürfe sich bei der Abstimmung „maximal für eine Enthaltung entscheiden“, meinte er.