Bernhard Zosels Blick auf das Jahresende –Chöre studieren anspruchsvolle Konzerte ein

Kronberg (hmz) – Mit der Verabschiedung von Pfarrer Hans-Joachim Hackel geht auch für Kantor Bernhard Zosel eine Ära zu Ende, die von einem gegenseitig wertschätzenden Verständnis geprägt war. Er war Pfarrer Hackels Wunschkandidat, der dem damals noch jungen Studenten zutraute, das Erbe von Helmut Melzer antreten und mit neuen Inhalten füllen zu können. Dabei sollte er gleichzeitig die bis heute gültigen Statuten seines Vorgängers in puncto Kirchenmusik im Blick behalten. Das ist jetzt 26 Jahre her und die evangelische Kirchengemeinde St. Johann hat mit ihm eine große Gestaltungskraft im mittlerweile umfangreichen Konzertangebot – vom Orgelkonzert bis zum Oratorium, vom Vokalensemblekonzert bis zur Gospelmesse – gewonnen. Der Kirchenchor wie auch der Kammerchor „St. Johann Vocal“ verfügen über ein dementsprechend präsentes Repertoire an Sakralmusik.

Der Kirchenchor von St. Johann und der Kinder- und Jugendchor proben bereits für Aufführungen im November und wieder ist es ein anspruchsvolles Programm: „Noahs Flut“, eine Kinderoper, die der britische Komponist Benjamin Britten für Kinderstimmen geschrieben hat, wird in Kooperation mit dem Emanuel Feuermann Konservatorium, einer privaten Cello-, Bratschen-, Geigen und Kontrabassschule unter dem Dach der Kronberg Academy, aufgeführt. Unterstützt werden sie von Schlagzeugern, Blechbläsern, Klavier und Blockflöten. Die Kinderoper wird sowohl in der Johanniskirche als auch im Rahmen der alljährlichen „Mendelssohn Tage der Musik“ in Bad Soden aufgeführt.

Der Kirchenchor wird in der Vorweihnachtszeit mit dem vierten Satz aus dem Psalm „Laudate Puri“, ein sehr frühes Werk Friedrich Händels, das er nur für den Chor geschrieben hat, einen glanzvollen Akzent setzen. Hierbei wird der Chor als Gemeinde in einer außergewöhnlich schönen Fuge Gottes Größe loben. Mit Gabriel Faurés „Requiem“ setzt der Kirchenchor von St. Johann ein weiteres Highlight. Das im Jahr 1888 entstandene Werk ist, nach Faurés eigener Aussage, „vom menschlichen Vertrauen in die Ewigkeit beherrscht“. Von Johannes Brahms wird das „Geistliche Lied op. 30“ für vierstimmigen gemischten Chor und Orgel zu hören sein, Brahms vertonte mit diesem Werk einen Text des barocken Dichters Paul Fleming (1609 bis 1640). Den Abschluss bildet Edward Elgars „Great ist the Lord“. Die Solisten sind Sebastian Geier (Bass-Bariton) und Caroline Melzer (Sopran).

Als sich Bernhard Zosel für seinen Beruf als „Kirchenmusiker“ entschieden hat, war es „zunächst meine Faszination für das Orgelspiel und ich wollte dieses Instrument unbedingt lernen, wenn auch mit dem Umweg über das Klavier“, erinnert sich Zosel, der seit dem Jahr 2015 auch die Stelle des Dekanatskantors betreut und dort mit seinen Kolleginnen und Kollegen Ansprechpartner für Kirchenmusikfragen oder Fortbildungsmöglichkeiten ist. „Ich habe zehn Schüler, denen ich Orgelunterricht gebe. Sie sind selten, aber sie bleiben lange, weil sie es wollen.“ Eine Tradition, die er von seinem Vorgänger Helmut Melzer, der ihn nach seinen Worten immer sehr unterstützt habe, übernommen hat, ist die halbstündige Orgelmusik jeden Samstag um 18 Uhr in der Johanniskirche. „Diese Zeit gibt mir einen kreativen Spielraum und experimentelle Möglichkeiten“, so Zosel. Anders als Helmut Melzer, der in seinem Hauptberuf Lehrer und in seiner Nebentätigkeit Kantor war, übt Bernhard Zosel sein Kantorat hauptamtlich aus.

Damit steht er in einer langen Tradition, die durch Persönlichkeiten der Musikgeschichte wie Dietrich Buxtehude, Johann Sebastian Bach oder Felix Mendelssohn Bartholdy geprägt ist. Das Studium umfasst neben der Theorie den praktischen Unterricht, insbesondere in den Fächern Orgel, Gesang und Chorleitung sowie weitere Fächer wie Musiktheorie, Tonsatz, Gehörbildung, Liturgik, Gregorianik und Deutscher Liturgiegesang, Theologische Information, Kenntnisse zum Orgelbau und einiges mehr.

Bernhard Zosel hat zudem Klavierpädagogik studiert, sein Konzertexamen für das Orgelliteraturspiel abgelegt und schon während seines Studiums an seinem Studienort Mainz Klavierunterrichtet erteilt. „Ein Kantor ist immer auch ein Pädagoge für die Jugend und es ist unsere wichtigste Aufgabe, all unsere Erfahrung und unser Wissen weiterzugeben. Musik ist Verkündung.“

Auch er schlägt kritische Töne an, wenn es um die Zukunft geht: „Die Kirche ist im Rückbau, es stehen immer weniger finanzielle Mittel und Pfarrer zur Verfügung. Wir bekommen den deutlichen Einbruch innerhalb des gesellschaftlichen Prozesses zu spüren. Zudem haben wir Kantoren den Auftrag, die Stilrichtungen innerhalb des klassischen Kirchenmusikrepertoires zu vermitteln und zu pflegen, da haben es die Gospel- und Populärchöre einfacher.“

Gemeinsam haben sich Pfarrer Hans-Joachim Hackel und Kantor Bernhard Zosel auf Neues eingelassen, auf das Andere und die Anderen, auf viele Begegnungen, die eine eigene Dynamik entwickelt haben und sie beide auf jetzt getrennten Wegen, aber in die gleiche Richtung führen: Für Bernhard Zosel ist die Musik Verkündung, für Pfarrer Hackel das Wort.

Der Chor der Johanniskirche bei den Proben für den Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Hackel Fotos: Muth-Ziebe

Kantor Bernhard Zosel in Aktion



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