Breite Ablehnung einer Neubebauung im Guaitapark

Kronberg (pu) – Seit der Ersteigerung des 42.000 Quadratmeter großen Areals der sogenannten ehemaligen „Villa Abs“ in der Königsteiner Straße durch die Real Estate GmbH im Oktober 2014 werden die das Grundstück betreffenden Handlungen der Besitzerfamilie Perlick mit Argusaugen beobachtet. Von Anfang an hatten sich Teile der Bevölkerung wiederholt und vehement zu Wort gemeldet, die sowohl den sorgsamen Umgang mit dem denkmalgeschützten Park anzweifelten als auch anstehende größere Bautätigkeiten befürchteten.

Lückenschluss

Nunmehr sehen sich diese Kritiker bestätigt, denn in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) stand tatsächlich der Wunsch der Grundstückeigentümer der Königsteiner Straße 24 („Villa Abs“) zur Errichtung einer Wohnbebauung im Randbereich seines Grundstückes zur Debatte, die an den Magistrat herangetragen worden war. Laut Beschlussvorlage ist die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 13. Juni aufgefordert, den seit dem 24. Dezember 1991 rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 120 „Guaitapark“ für einen Teilbereich an der Königsteiner Straße gemäß § 2 (1) Baugesetzbuch in Verbindung mit dem § 1 (8) durch Beschluss zu ändern mit dem Ziel, die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Schaffung von Wohnraum als Lückenschluss entlang der Königsteiner Straße zu schaffen. Der Geltungsbereich der Änderung betrifft in der Gemarkung Kronberg, Flur 4, die Flurstücke 91/16 teilweise, 305/91 und 285/78.

Nicht Äpfel mit Birnen verwechseln

Wie Erster Stadtrat Robert Siedler dazu erläuterte, handele es sich bei diesem Vorhaben mitnichten um die in der Vergangenheit kolportierte Bebauung im hinteren Bereich, für die angeblich schon seit langem eine Skizze existiere. Diese Behauptungen hatte schon Siedlers Vorgänger Jürgen Odszuck mit allem Nachdruck als „Luftnummer“ ins Reich der Fabel verwiesen. „Man sollte nicht wiederholt Äpfel mit Birnen vergleichen, sondern sich an die Fakten halten“, mahnte der aktuelle Baudezernent. Damit spielte er auf die Existenz kleinerer Baufenster am Rande des Parks im vorderen Bereich des Grundstücks an, die die Möglichkeit einer Arrondierung der Bebauung an der Königsteiner Straße eröffnen. Eine Vorstellung, der man sich von Seiten Magistrat und Stadtverwaltung seit langem keineswegs verschließt.

Darauf fußend und gemäß den Vorgaben aus dem Stadtentwicklungskonzept hatte der Magistrat mit Beschluss vom 11. Juni 2018 einer straßenbegleitenden Bebauung („Lückenschluss“) entlang der Königsteiner Straße auf dem Grundstück der „Villa Abs“ mit der Maßgabe zugestimmt, dass sich die Bautiefe entlang der Straße auf eine Häuserreihe beschränkt. Da das gesamte Areal der „Villa Abs“ unter Denkmalschutz steht, fand dem Ersten Stadtrat zufolge bereits im Vorfeld der Planung eine Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalschutz und aufgrund des mit dichtem Baumbestand bestückten Parks Ter Meer mit der unteren Naturschutzbehörde statt. Dabei seien Vorgaben wie die Bebauungstiefe und der Erhalt der repräsentativen Zufahrt zur Villa in die städtebauliche Konzeption aufgenommen worden. Grundsätzlich ist bei vier vorliegenden Varianten zur Königsteiner Straße hin eine Bautiefe mit insgesamt vier Einfamilienhäusern vorgesehen. Die Erschließung der Gebäude soll über die bestehende Zufahrt der Villa erfolgen. Die Bebauung rückt dabei von dem privaten Weg ab, um den repräsentativen Charakter der Zufahrt nicht zu stören. Die Höhe der Gebäude soll sich an die Nachbarbebauung anlehnen. So sind südöstlich der Zufahrt zwei Vollgeschosse mit Flachdach (ohne Staffelgeschoss) angelehnt an die Bebauung des „Guaita-Dreiecks“ (Königsteiner Straße/Kreuzenäckerweg) und nordwestlich zwei Vollgeschosse mit geneigtem Dach, angelehnt an die Bebauung „Am Aufstieg“, vorgesehen. Die Varianten seien hinsichtlich ihrer Ausnutzungskennziffern, Gebäudestellung, Stellplatzanordnung sowie erhaltenswertem Baumbestand im weiteren Verfahren zu überprüfen, heißt es in der Vorlage. Insbesondere aufgrund der naturschutzrechtlichen Themen wird empfohlen, ein Regelverfahren mit Umweltprüfung und erforderlicher ökologischen Kompensation durchzuführen.

Reaktionen

Soweit die theoretischen Rahmenbedingungen des Vorhabens, das jedoch aller Voraussicht nach mangels Parlamentsmehrheit zumindest vorerst keine Chance auf Realisierung erhalten wird. Im Gegensatz zu Magistrat und Verwaltung, die die Meinung vertreten, es sei durchaus verständlich, dass ein Grundstückseigentümer, der nach den Worten Siedler „viel Geld in die Hand genommen hat für die Instandsetzung der heruntergekommenen Villa und umfangreicher Parkpflegearbeiten“, nunmehr aktiv werde für eine „gewisse Nutzbarkeit“, konnte der Großteil der Ausschussmitglieder dieser Argumentation nicht folgen.

Eigentum verpflichtet

Wie im Rahmen einer Ortsbesichtigung im April vor zwei Jahren bekannt geworden war, bewegten sich zuvor 20 Jahre lang laut Grundstücksverwalter Wolfgang Denhardt, der das Areal seit 1984 betreute, Parkpflegemaßnahmen lediglich im marginalen Rahmen, sodass nach dem Besitzerwechsel dringender Handlungsbedarf erforderlich geworden sei wegen notwendiger, aber genehmigter Fällmaßnahmen. „Eigentum verpflichtet, wer kauft, muss auch pflegen!“, brachte Ausschussvorsitzender Max-Werner Kahl seine davon abweichende Sicht der Dinge auf den Punkt. Seiner Auffassung nach entbehre die Argumentationshilfe „Lückenschluss“ der Grundlage, die CDU trage dieses nicht mit.

Verhinderungspolitik

Das wiederum wollte sein Parteikollege, Prof. Dr. Helfried Moosbrugger derart Einigkeit vorspiegelnd nicht stehen lassen. „Vier Häuser, die sich sowohl rechts als auch links in die bestehende Bebauung einfügen würden, haben da ohne Zweifel Platz und wären keine Katastrophe“, vertrat er eine andere Meinung und legte noch einen drauf: „Wir können nicht nur Verhinderungspolitik betreiben und behaupten, wo Veränderungen stattfinden, entstünden nur Schandflecke!“

Ähnlich uneinige Situation bei den Sozialdemokraten. Während SPD-Stadtverordnete und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt, Andrea Poerschke, dem CDUler Moosbrugger den Rücken stärkte – „ich sehe das genauso“ – und in Erinnerung rief, am „Baustein Wohnen“ des Stadtentwicklungskonzepts hätten sich viele Bürger beteiligt, pro Lückenschluss an dieser Stelle plädiert und auf den hohen Siedlungsdruck verwies – „wir sollten als Politiker gestalten“ –, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas, die SPD habe „nach kontroverser Diskussion und sorgfältiger Abwägung entschieden, das Projekt nicht mitzutragen.“

Gleichwohl plädierte er in aller Deutlichkeit dafür, sich mit verschiedenen Bausteinen des Stadtentwicklungskonzepts auseinanderzusetzen. „Wir brauchen städtebauliche Leitlinien, die sich aus dem SEK ableiten, das gebietet die Fairness im Umgang miteinander, wir sollten einen politischen Rahmen bestimmen!“

Bündnis90/Die Grünen-Vorstand Udo Keil sprach von „Salamitaktik“ durch den Eigentümer. „Das tragen wir nicht mit!“ Das Klientel für gehobene Wohnansprüche würde schon durch die „Schillergärten“-Bebauung bedient, da gelte es auf weitere Versiegelung zu verzichten. Die Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB) verlieh ihrer Ablehnung ebenso Gewicht wie die Unabhängige Bürgermeinschaft (UBG), nicht minder die Liberalen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Walter Kiep ging hart mit Erstem Stadtrat Siedler und dem Stadtplanungsamt ins Gericht: „Ihre Abteilung ist unterbesetzt und Sie stürzen sich auf dieses Projekt, obwohl es einen klaren Willen dagegen gibt!“ Kiep weiter: „Wir halten die Magistratsentscheidung für verfehlt!“

Am Ende einer ausgesprochen emotionalen Debatte stimmten sechs Ausschussmitglieder gegen den Magistratsantrag bei zwei Enthaltungen. KfB-Co-Fraktionsvorsitzende Alexa Börner durfte weder mitstimmen noch diskutieren, da sie wegen Befangenheit den Saal verlassen musste.



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