Ehrung für die Generation Willy Brandt

Von links nach rechts: Peter Stuckenschmidt, Barbara Schwarz, Thomas Kämpfer, Anke Roth, Wolfgang Haas, Dieter Kaiser, Hans-Robert Philippi, Katrin Hechler, Dr. Stephan Wetzel

Foto: Ralf Löffler

Oberhöchstadt. – Ortsvereinsvorsitzender Thomas Kämpfer sowie Katrin Hechler und Dr. Stephan Wetzel vom Vorstand der SPD Hochtaunus zeichneten in der Jahreshauptversammlung im Dalleshaus verdiente Mitglieder der Sozialdemokraten aus. Einst trugen sie Schlagjeans, lange Haare und Bärte. Sie demonstrierten für die Ostverträge und gegen den politischen Muff der 1960er-Jahre. Ihr Hoffnungsträger hieß Willy Brandt, der erste sozialdemokratische Kanzler der 1972 noch jugendlichen Bundesrepublik. „Mehr Demokratie wagen“ war seine Losung, mit der er Anfang der 1970er Jahre Aufbruchstimmung verbreitete und viele junge Menschen zum Eintritt in die SPD animierte. Heute sind sie in Ehren ergraut, das Haar und die Bärte gestutzt. Aber sie sind der SPD über Jahrzehnte treu geblieben, haben sich oder sind noch auf kommunaler Ebene engagiert und wurden folgerichtig am vergangenen Freitag, 1. Juli, für ihre fünfzigjährige Mitgliedschaft geehrt.

Reise zurück in die Polit-Thriller der 1970er: Im Frühjahr 1972 erreichten die Auseinandersetzungen um die Ostpolitik der sozial- liberalen Koalition ihren Höhepunkt. Nach Übertritten mehrerer SPD- und FDP-Abgeordneter zur Opposition glaubte der damalige CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Rainer Barzel, eine Mehrheit im Bundestag zu haben. Durch ein konstruktives Misstrauensvotum am 27. April 1972 wollte er Brandt als Bundeskanzler ablösen und damit auch die Ratifizierung der Ostverträge verhindern.

Am Ende fehlten zwei Stimmen, und damit war das erste konstruktive Misstrauensvotum in der Geschichte der Bundesrepublik gescheitert. Bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Herbst 1972 wurde die sozial-liberale Koalition eindrucksvoll bestätigt.

Peter Stuckenschmidt

Das Jahr des gescheiterten Misstrauensvotums im Deutschen Bundestag gegen Brandt war das Eintrittsjahr und in vielen Fällen auch der Grund der nunmehr Ausgezeichneten für den Eintritt in die SPD. Viele in Kronberg bekannte Gesichter waren dabei: Zuvorderst der langjährige Fraktionsvorsitzende Peter Stuckenschmidt, der die SPD 1981 bis 2006 in der Stadtverordnetenversammlung vertrat und nach der Wahl von Wilhelm Kress zum Bürgermeister im Jahr 1990 bis 2004 den Fraktionsvorsitz übernahm.

Hans-Robert Philippi

Auch Hans-Robert Philippi gehört, zusammen mit seiner Frau Ursula Philippi, zur „Generation Willy Brandt“. Der langjährige Stadtverordnete und aktuelle stadtentwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion trat 1972 in Mainz der SPD bei, gründete gleich einen Ortsverein am legendären Lerchenberg und ist seit 1997 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, 2011 bis 2021 war er Mitglied des Magistrats, seitdem ist er wieder Stadtverordneter.

Anke Roth, Barbara Schwarz, Dieter Kaiser und Wolfgang Haas

Jüngster Vertreter dieser Generation ist der aktuelle Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas, der am Tag des Misstrauensvotums mit 18 Jahren in die SPD eintrat. Er gehört den städtischen Gremien seit nunmehr 45 Jahren ununterbrochen an. Er wies schmunzelnd darauf hin, dass er bei der Übergabe des Parteibuchs durch den damaligen Ortsvereinskassierer Ernst Klein noch einen Obolus in Höhe von einer D-Mark als Eintrittsgebühr entrichten musste. Abgerundet wurde der Kreis der Geehrten durch Anke Roth und Barbara Schwarz (beide ebenfalls 50 Jahre) und Dieter Kaiser (40 Jahre). Der Musikmacher und -manager ist gerade vielen Jüngeren noch als städtischer Jugendpfleger und Betreiber des Recepturkellers in bester Erinnerung.

Thomas Kämpfer, der Unterbezirksvorsitzender Stefan Wetzel und die Landesschatzmeisterin Kathrin Hechler würdigten die Leistungen und Treue der langjährigen Mitglieder mit wertschätzenden Dankesworten und überreichten neben den obligatorischen Urkunden Wein und Blumen als Zeichen des Dankes.

Neben der Ehrung der langjährigen Mitglieder mussten die an der Versammlung Teilnehmenden auch Delegierte für verschiedene Parteitage wählen und den Vorstand coronabedingt mit Verspätung entlasten. Grundlage hierfür war die wie immer mustergültig geführte Kasse des Ortsvereins, für die der langjährige Kassierer Eberhard Bethke den verdienten Applaus der Genossinnen und Genossen erhielt. Darüber hinaus informierten der Ortsvereinsvorsitzende Thomas Kämpfer und der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas über die Arbeit von Vorstand und Fraktion.

Stelle des Ersten Stadtrats

Haas wies im Rahmen seines Berichts darauf hin, dass die SPD-Fraktion gegen den Antrag von CDU, Grüne, KfB und FDP auf Ausschreibung der Stelle des Ersten Stadtrats stimmen wird. Der aktuelle Stelleninhaber sei aus Sicht der Fraktion fachlich bestens geeignet, und die zahlreichen auf Erledigung wartenden Aufgaben in der Bauleitplanung bräuchten Kontinuität in der Amtsführung. Leider gäbe es für diese Position mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Mehrheit, sodass zu befürchten sei, dass die sowieso schon schwierigen Projekte zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums noch langsamer vorankämen.



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