Kronberg (kb) – Dies war der Titel eines Informations- und Gesprächsabends in den gut besuchten Kronberger Lichtspielen, zu dem der gemeinnützige Verein Aktives Kronberg am 4. Juni Kronbergerinnen und Kronberger einlud. Die Kommune am Taunushang strebt bereits die Klimaneutralität im Jahr 2035 an. Nun soll für die Stadt Kronberg eine kommunale Wärmeplanung (KWP) erstellt werden. Für den Verein war es an dieser Stelle der Entwicklung wichtig zu wissen, was das für die Bürgerschaft bedeutet. Um hier sachlich zu informieren, lud er zwei Experten ein: zum einen Florian Bienias, Kommunalmanager der Syna GmbH. Er beschäftigt sich mit der kommunalen Wärmeplanung im Versorgungsgebiet, zu dem Kronberg gehört. Zum anderen Peter Paul Thoma, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Sanitär, Heizungs- und Lüftungstechnik und Energieberater. Er informiert regelmäßig mit Vorträgen Immobilieneigentümer über den Stand der Technik und der Gesetzgebung zu privaten Heizungen. In seinem Vortrag informierte Bienias über die Gesetze, die von der derzeitigen Regierung verabschiedet wurden. Danach dürfen neue Gasheizungen ab dem Jahr 2024 nur noch nach einer verpflichtenden Beratung eingebaut werden und lediglich dann, wenn sie wasserstofftauglich sind. Für bereits bestehende Heizungen gibt es Übergangsfristen, hier ist die KWP die Basis für den zeitlichen Ablauf der Umstellung auf erneuerbare Energien. Seit dem 1. Januar dürfen in Neubauten innerhalb von Neubaugebieten nur Heizungen installiert werden, die auf 65 Prozent erneuerbaren Energien basieren. Spätestens ab Mitte 2028, und wenn eine KWP für die Gemeinde vorliegt, wird die Nutzung von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie für neue Heizungen in Bestandsgebäuden verbindlich. Um die Transformation zu bewerkstelligen, spiele die CO2-Bepreisung eine zentrale Rolle. So soll der Preis bis zum Jahr 2026 von aktuellen 45 Euro pro Tonne auf 55 bis 65 Euro pro Tonne CO2 steigen. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK sagt für das Jahr 2030 einen Preis von bis zu 126 Euro pro Tonne voraus. Dadurch werde der Einbau neuer und der Weiterbetrieb bestehender Heizungen, die fossile Stoffe nutzen, bis zum Jahr 2045 allein durch den steigenden CO2-Preis mit massiven Mehrkosten verbunden sein, heißt es seitens des Instituts.
In Hessen gibt es seit Juni 2023 das Hessische Energiegesetz, die Verordnung zur Umsetzung hierzu wurde allerdings mehrfach verschoben. Danach soll eine KWP für eine Einwohnerzahl bis zu 100.000 bis Mitte 2028 erstellt werden. Kronberg habe seiner Auffassung nach alles richtig gemacht, indem es hier frühzeitig aktiv wurde und einen Förderantrag für die KWP stellte. So könne die Stadt bereits bis Ende 2025 eine KWP erstellt haben. In seinen Ausführungen ging Bienias auf die Wärmetransformationsplanung und den zeitlichen Horizont ein. Allein die kommunale Wärmeplanung erfordere eine Bestandsaufnahme mit anschließender Potenzialanalyse, die in ein Zielszenario sowie in die kommunale Wärmestrategie mit entsprechendem Maßnahmenkatalog einfließe. Das sei kein leichtes Unterfangen, da die verschiedenen Akteure berücksichtigt werden müssten.
Bei der Konkretisierung der Maßnahmen müssten Bienias Auffassung nach die Wärmebedarfe ermittelt werden. Standortspezifisch könnten dann die Potenziale der Energieträger abgeleitet und die Auswirkungen bewertet werden. So sei es ein Unterschied, ob überwiegend Wärmepumpen eingesetzt werden, oder (bestehende) Fern- bzw. Nahwärmenetze ausgebaut werden (bei gleichzeitigem Einsatz von Wärmepumpen) – sogenannte „District Heat“ – oder gar ein Technologiemix angestrebt wird, der zudem noch den Einsatz grüner Gase vorsieht. Ergebnis des Vorgehens sei ein Entwicklungskonzept zur Dekarbonisierung, auch mit dem Ziel, für private und öffentliche Investitionen eine gewisse Planungssicherheit zu erzielen. Interessant war seine Einschätzung, dass im Szenario All Electric der Strombedarf bis zum Jahr 2050 um 165 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020 steige.
Peter Paul Thoma betonte in seinem Vortrag zunächst den Wärmeschutz. So könnten energetische Sanierungen nach seinem Dafürhalten den Heizungsbedarf um 50-70 Prozent senken. Fehlten die Mittel für einen ausreichenden Wärmeschutz, so sei die Heizungsmodernisierung der effektivste Weg: „Wenn die Heizung erst zehn Jahre alt ist, kann sie bequem noch 15 Jahre weiterlaufen, hier kann der Wärmeschutz Sinn machen“.
Er empfahl den Einsatz eines Energieberaters. Dieser könnte produktneutral nach einer Analyse eine ganzheitliche, individuell angepasste Lösung anbieten und einen Sanierungsfahrplan vom Bestand zum Effizienzhaus erarbeiten. Die Beratung und Planung würde um bis zu 50 Prozent gefördert. Selbst die Baubegleitung könne um bis zu 50 Prozent gefördert werden, wenn die Umsetzung gefördert wird. Er verwies anhand eines Praxisbeispiels auf einen individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP), in dem die Außenwände, der Keller, das Dach, die Heizung sowie die Warmwasser-Versorgung analysiert und saniert werden. Das avisierte Ziel sei es, nach den Sanierungsmaßnahmen die Energiekosten, die äquivalente CO2-Emission, den Endenergieverbrauch sowie den Primärenergiebedarf zu senken. Thoma betonte ebenso die Mehrkosten für Erdgas und Heizöl durch den in der Zukunft steigenden CO2-Preis. Demgegenüber sei die Bilanz bei Wärmepumpen zunehmend besser.
In der anschließenden Diskussion, moderiert von den Mitgliedern des Vereins Kai Poerschke und Steffen Baur, wurden verschiedene Energiegewinnungsmöglichkeiten für Kronberg angesprochen, unter anderem auch Geothermie im Stadtteil Oberhöchstadt. Im Laufe der Diskussion wurde deutlich, dass eine genaue und individuelle Bestandsaufnahme für jede Immobilie erstellt werden sollte, bei der eine energetische Sanierung geplant ist oder der Austausch der fossil betriebenen Heizung ansteht. Inzwischen könnten für diese Maßnahmen aber auch sinnvolle und nachhaltige Lösungen vorgeschlagen werden, die außerdem staatlich gefördert werden. Die Diskussion zeigte auch, wie wichtig es ist, sich frühzeitig mit der Energie- und Wärmeversorgung überhaupt zu beschäftigen, soll eine Dekarbonisierung erreicht werden. Die Vorträge Bienias und Thomas wurden dem Verein „Aktives Kronberg“ dankenswerterweise zur Verfügung gestellt, sie sind unter der Rubrik „Download“ auf der Internetseite des Vereins zu finden. Die aktuelle Bundesregierung hat im Internet einen Heizungswegweiser zur Verfügung gestellt, zu finden unter www.energiewechsel.de.