Entscheidung zum „Quartier am Bahnhof (Baufeld V)“ steht an

Kronberg (pu) – Noch Mitte Juni hatte es den Anschein, eine knappe Mehrheit der Lokalpolitik gebe einem Verhandlungsverfahren nach dem Realisierungswettbewerb „Quartier am Bahnhof Kronberg - Baufeld V / Klimaquartier“ eine Chance, in dessen Verlauf die Planung der Siegerentwürfe konkretisiert und unter anderem auf Wirtschaftlichkeit überprüft werden soll.

Zum damaligen Zeitpunkt lehnte der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) mit vier „Ja“-Stimmen bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung die Magistratsvorlage und damit ein vorzeitiges Projektende ab. Im Haupt- und Finanzausschuss stellte der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas den mit knapper 5:4-Mehrheit angenommenen Änderungsantrag, vielmehr dem Vorschlag von Bürgermeister Christoph König für das Verhandlungsverfahren zu folgen.

Ausschlaggebend für diesen Schritt war unter anderem Königs Aufzeigen möglicher Konsequenzen. „Eine Entscheidung für oder gegen die Durchführung vor diesem Verfahrensabschnitt ist nicht sachgerecht und schadet dem Ansehen und den Interessen der Stadt Kronberg.“ Anfang Juli folgte bekanntlich eine von ungewöhnlich langen Sitzungsunterbrechungen geprägte Parlamentssitzung mit dem Ergebnis, dass der Bürgermeister der inständigen Bitte der Fraktionen nachkam, den Antrag zu schieben. Die Fraktionen ihrerseits wollten sich zu Gesprächen an den Verhandlungstisch setzen.

Veränderte Positionen

Inzwischen sind zwölf Wochen vergangen. Nach den in den September-Sitzungen von ASU und HFA gewonnenen Eindrücken ist die Tendenz der Lokalpolitik teils eine andere. Eine Kehrtwende legte die FDP-Fraktion hin. Noch Ende Juni hatten die Liberalen gemeinsam mit den Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen, SPD und UBG einen Änderungsantrag formuliert. Ziel war der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, die Ergebnisse des Realisierungswettbewerbs zur Durchführung des Verhandlungsverfahrens an den Eigenbetrieb Wohnung Kronberg im Taunus zu übergeben, um sodann auf der Basis der konkretisierten Planung über die Durchführung des Vorhabens entscheiden zu können. Weiter hieß es in dem Antrag, im Zuge dieses Verfahrens sind die von der „Baulandoffensive Hessen“ genannten „Stellschrauben“ (Modifizierung Parkraumkonzept, Wohnungsmix, Höhe der Mieten, Optimierung der Flächennutzung und gegebenenfalls weitere) auf ihre Umsetzbarkeit und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Projektes zu untersuchen und zu bewerten.

Die Stadtverordnetenversammlung bitte darum, dass die Ergebnisse der vertieften Betrachtung im Rahmen des Vergabeverfahrens den städtischen Gremien in der Sitzungsrunde im November/Dezember vorgestellt werden, sodass eine Entscheidung über das weitere Vorgehen spätestens in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 18. Dezember, getroffen werden kann.

Fehlende Wirtschaftlichkeit

FDP-Ortsverbandschef Holger Grupe begründet die Kehrtwende mit der gewonnenen Erkenntnis, in letzter Konsequenz sei die aus liberaler Sicht fehlende Wirtschaftlichkeit des Wohnbauprojekts in der vorliegenden Form der ausschlaggebende Punkt gewesen. „Zwei Leute, einer BWL, einer Wirtschaftsprüfer, haben es gerechnet, und es ist nicht umsetzbar!“ Die Reaktion sowohl des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden des Kronberger Ortsverbands von Büncnis90/Die Grünen, Alexander Zock, als auch von Bürgermeister Christoph König folgte prompt: „Politik ist mehr als nur BWL!“

Davon unbeeindruckt sitzt die FDP seit Montag, 18. August, in einem Änderungsantragsboot mit den Fraktionen von CDU und KfB. Das Trio wirbt für einen Stadtverordnetenbeschluss, die Realisierung der Bebauung des Baufelds V nicht selbst umzusetzen, und bittet den Magistrat, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, das Grundstück gegen Einräumung von Belegungsrechten, zum Beispiel in Erbpacht, an einen privaten Investor zu vergeben.

Hierbei seien unter anderem Genossenschaften oder Wohnbaugesellschaften zu berücksichtigen sowie auf die zügige Umsetzung des Projekts zu achten. Nach Aussage des CDU-Fraktionsvorsitzenden Andreas Becker soll mit diesem Vorstoß „das Projekt gerettet werden!“

Am Antragstext wollte man redaktionell bis zum Parlamentsabend nachjustieren, in jedem Fall wird im Vergleich zum 18. August die Passage „auf Basis der Siegerentwürfe des Realisierungswettbewerbs“ fehlen, weil die Entwürfe nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen.

Appell des Bürgermeisters

In aller Kürze zusammengefasst warb Bürgermeister Christoph König im Verlauf der Ausschusssitzungen nochmalig in aller Eindringlichkeit für das Verhandlungsverfahren als nächsten Schritt. Sofern nach dem Drehen aller Stellschrauben letztlich zu viele Zweifel übrigblieben, könne man immer noch auf die Suche nach Alternativen gehen.

Zudem warnte er vor dem Trugschluss einer mehr oder weniger selbstverständlichen zügigen Umsetzung mit einer Wohnbaugesellschaft oder Genossenschaft in diesen Zeiten. Nach aktuellem Stand der Dinge scheinen die Positionen abgesteckt.

Ob es final dabei bleibt, wird der heutige Parlamentsabend zeigen.



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