Erneut Streit um GU Grüner Weg – mehr Platz für Obdachlose benötigt

Kronberg (pu) – 26. September 2019: Zum wiederholten Mal stand an diesem Abend das Projekt „Bau einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) Grüner Weg“ auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung. Zum einen hatte der Magistrat aufgrund gestiegener Projektkosten die Notwendigkeit gesehen, einen Antrag zu dessen Beendigung zu stellen, da die Vorgabe aus dem Stadtverordnetenbeschluss vom 21. Januar 2017, die Baukosten auf 2,3 Millionen Euro brutto zu deckeln und eine kostendeckende Verwaltungsvereinbarung mit dem Hochtaunuskreis zu treffen, nicht mehr einhaltbar war. Zu diesem Zeitpunkt war die Rede von mit zu rechnenden Baukosten von etwa 3,0 Millionen Euro brutto. Nach wiederum emotional geführter langer Debatte sprachen sich im ersten Schritt 16 Parlamentarier gegen eine Projektbeendigung aus, während 14 (CDU und KfB) dafür stimmten. In einem zweiten Schritt zückten die Stadtverordneten von Bündnis90/ Die Grünen, FDP, SPD und UBG das grüne „Ja“-Kärtchen für den von ihnen formulierten überfraktionellen Dringlichkeitsantrag, das Bauvorhaben Gemeinschaftsunterkunft Grüner Weg vielmehr zu realisieren. Nochmalig hatten an diesem Abend die Christdemokraten gemeinsam mit der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB) alles in die Waagschale geworfen, um das Projekt GU Grüner Weg zu kippen.

Neuer Vorstoß

Dieses Ziel eint aktuell abermals CDU und KfB, die in der Parlamentssitzung am heutigen Donnerstagabend um 19.30 Uhr im Festsaal der Stadthalle darum werben werden, dass die aus ihrer Sicht „aufwendigen Pläne für den Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 95 Personen am Grünen Weg“ bis auf Weiteres nicht weiter verfolgt werden. Stattdessen soll die Stadtverordnetenversammlung beschließen, für die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge, anderer Obdachloser oder Asylbewerber nach Bedarf temporäre Wohnunterkünfte auf dem Grundstück Frankfurter Straße 46/46 a zu errichten. Das wäre nach Abriss der auf dem vorderen Teil stehenden baufälligen Gebäude machbar. Die erforderlichen finanziellen Mittel sollen als außerplanmäßige Mittel bereitgestellt werden.

Siedler: Beide Anlagen erforderlich

Bei den übrigen Fraktionen fiel dieser neuerliche Vorstoß allerdings nicht auf fruchtbaren Boden. Im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) empfahlen fünf Mitglieder das Festhalten an der GU bei drei Gegenstimmen, im Haupt-, Finanz- und Petitionsausschuss waren es ebenfalls fünf Mitglieder bei vier Gegenstimmen. Der Einwand der KfB-Co-Fraktionsvorsitzenden Alexa Börner im ASU: „Wir sind nicht gegen die Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge, aber wir wollen eine bedarfsgerechte, kostengünstige Lösung und vor allem die Erhaltung der Streuobstwiesen.“ Aus Sicht der Wählergemeinschaft „haben sich die Bedarfe zur Unterbringung von Flüchtlingen weiter grundlegend verändert.“ Im Hochtaunuskreis bestünden Überkapazitäten. Die seinerzeit geplante Gemeinschaftsunterkunft am Grünen Weg sei daher „mittlerweile überdimensioniert.“ Für Ersten Stadtrat Robert Siedler (parteilos) ist das allerdings zu kurz gedacht. Mit Blick auf Lesbos erklärte er mit Nachdruck:„Wir brauchen beide Anlagen, denn es wird passieren, dass die Flüchtlingsströme wieder zunehmen werden!“ In jüngerer Vergangenheit sei man seitens der Burgstadt lediglich deshalb nicht in Zugzwang geraten, „weil der Kreis momentan noch ausreichend Unterkünfte frei hat.“ Doch das könne sich rasch ändern, deshalb gelte es, gewappnet zu sein, „bevor wir dann ad hoc Turnhallen zur Verfügung stellen müssen.“

Verschärfte Situation

Zusätzlich verschärft werde die Situation durch die zu beobachtende Zunahme von Zwangsvollstreckungen, wodurch „auch bis vor kurzem gut situierte Menschen Gefahr laufen, auf der Straße leben zu müssen, falls wir ihnen keinen Wohnraum zur Verfügung stellen können!“ Handlungsbedarf sei deshalb zwingend gegeben.

Zur Erinnerung: Basis der in einer Sondersitzung getroffenen Entscheidung von 2017 pro Gemeinschaftsunterkunft war zum einen eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge in Kronberg gewesen, vor allem der in den Containern an der Altkönigschule untergebrachten Flüchtlinge. Die Nutzungsmöglichkeit der Unterkunft an der AKS wurde mangels Alternativen laut Siedler nochmals um ein weiteres Jahr (bis Ende 2021) verlängert.

Das Religionspädagogische Zentrum (RPZ) stehe ebenfalls kurz- oder mittelfristig nicht mehr zur Verfügung. Zum anderen wollen die GU-Befürworter langfristig über eine Unterkunft verfügen, die mit einem geringen Aufwand in 19 Sozialwohnungen umzugestalten ist. Insgesamt handelt es sich um eine Wohnfläche von 1.037 Quadratmetern. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Walter Kiep hatte es einmal so formuliert: „Wir haben damals eine Lösung geschaffen, die atmet und sowohl anerkannten als auch nicht anerkannten Flüchtlingen Platz bietet.“

Mobile Homes

Sowohl für die momentan noch im Container an der Altkönigschule wohnenden anerkannten Flüchtlinge (derzeit 6 Personen) als auch für die beiden Bewohner der Obdachlosenunterkunft schwebt der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ vor, auf dem städtischen Grundstück Frankfurter Straße eine temporäre Unterkunft nach dem Vorbild der Stadt Oberursel errichten zu lassen. Die Nachbarn hätten ihres Wissens mit den sogenannten Mobile Homes gute Erfahrungen gemacht, stockten ihren Bestand aktuell auf. „Die Kosten belaufen sich inklusive Vorarbeiten auf circa 40.000 Euro und amortisieren sich in Oberursel innerhalb von 5 Jahren. Sie stellen daher eine wirtschaftliche Lösung dar. Ein weiterer Vorteil dieser mobilen Module besteht darin, dass bei zusätzlichem Bedarf entsprechend weitere Module für Anerkannte oder Asylbewerber kostengünstig aufgestellt werden können“, erläuterte Börner.

Siedler sah auch das differenzierter. Während seiner Aussage nach eine Sanierung des baufälligen und verschimmelten Gebäudes 46 a „wirtschaftlich nicht mehr darstellbar“ und geplant ist, an der Stelle ein Mobile Home zu errichten, sei die Prüfung beim Gebäude 46 noch nicht abgeschlossen.

Wortgefechte

Dagegen erhielt die KfB Rückenwind durch den CDU-Stadtverordneten Prof. Helfried Moosbrugger. Er sprach, dem „flammenden Plädoyer Siedlers“ zum Trotz, von einer „Anmaßung, dass wir in Kronberg Aussagen über künftige Flüchtlingszahlen treffen können“. Darüber hinaus sei ihm die vom Ersten Stadtrat genannte hohe Zahl an Zwangsvollstreckungen „neu“. Ganz anders dagegen der kommissarische SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas, der wiederum dem Ersten Stadtrat beistand und darüber hinaus an den schon wieder über ein Jahr zurückliegenden, von einer politischen Mehrheit getragenen, Beschluss erinnerte. Weitaus schärfer ging Bündnis90/Die Grünen-Vorstand Udo Keil mit der CDU ins Gericht: „Ich bin maßlos enttäuscht von einer Partei mit dem ‚C‘ im Namen, wie sie sich in dieser Sache vom Acker machen will. Das zeugt nicht von sozialpolitischer Verantwortung“, machte er seinem Ärger Luft und legte noch einmal nach: „Ihr seid doch keine Kirchturmpolitiker!“ Das wollte wiederum Moosbrugger nicht auf sich sitzen lassen: „Es gehört in einer Demokratie dazu, seine Meinung vertreten zu können. Daraus eine persönliche Katastrophe zu machen, ist völlig unangebracht!“



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