Kronberg (mw) – Gut die Hälfte der Legislaturperiode ist herum, Grund für die FDP, Bilanz zu ziehen. „Was konnten wir von unseren Wahlversprechen umsetzen, woran müssen wir noch arbeiten und was sind unsere Ziele für die bereits begonnene zweite Wahlperiode?“, umriss der Fraktionsvorsitzende der Kronberger Liberalen, Walther Kiep, den Sinn und Zweck des Pressegespräches, an dem neben ihm Kristina Fröhlich, Dietrich Kube, Brigitte Bremer und Holger Grupe die für sie wichtigen Themenfelder der Kronberger Kommunalpolitik, Haushalt, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing, Infrastruktur sowie Kultur & Soziales beleuchteten.
Haushaltpolitik
In punkto Haushalt will die FDP „aus der Vergangenheit lernen“. Ziel könne nach den „katastrophalen Haushaltsjahren 2011 bis 2013“ nicht das „Geld verteilen“ sein, betonte FDP-Stadtverordneter Dietrich Kube. Nach den Erfahrungen sollte die Stadt, ungeachtet der Verbesserung der Einnahmesituation, „nach dem Vorsichtsprinzip wirtschaften“. „Die von der CDU betriebene Ausgabenpolitik mit Investitionsprojekten wie dem Neubau der Mehrzweckhalle in Schönberg für 6 bis 7 Millionen Euro und die völlige Abschaffung der Straßenbeitragsgebühren mit jährlichen Lasten von 1 Million Euro sind haushaltspolitisches Harakiri“, kritisierte der FDP-Stadtverordnete Dietrich Kube. Entlastungen könnten nur im „mittelfristig verantwortbaren „Maße“ erfolgen. Beispiel sei hier die Zustimmung der Liberalen zu einer Teilentlastung bei den Straßenbeiträgen. „Und wir treten dafür ein, dass im Fall einer Neuordnung der Grundsteuer ein etwaiger Anstieg des Steueraufkommens für die Stadt Einnahme-neutral an die Bürger über eine Senkung der Hebesätze zurückgegeben wird“, betonte er. Fünf Forderungen nannte er bezogen auf das Vorsichtsprinzip: Den Aufbau einer städtischen Liquiditätsreserve, die sich an den jährlichen Verlusten der Jahre 2011 bis 2013 und an den Schwankungsbreiten der Gewerbesteuereinnahmen orientieren soll und die Errechnung eines nachhaltigen Gewerbesteueraufkommens ohne Einbeziehung der außerordentlichen Gewerbesteuereinnahmen seit 2013 für eine „solide finanzierte mittelfristige Ausgabenpolitik“. Außerdem will die FDP, dass der städtische Investitionsbedarf bis zum Jahr 2024 ermittelt wird, inklusive Kindergartenausbau, Abbau des Sanierungsstaus bei den öffentlichen Gebäuden, Sanierung von Straßen und dem Bau von bezahlbarem Wohnraum. „Wir fordern auch die Abschaffung des Doppelhaushaltes, da die zugesagten Reporting- und Controlling-Informationen über die Entwicklung nicht geliefert werden“, so Kube. Und das verwaltungstechnisch vermutlich auch gar nicht leistbar sei. Weiter will die FDP „durch entsprechende Absenkung der Grundsteuersätze eine aufkommensneutrale Grundsteuerreform umsetzen.“
Baupolitik, Bildung & Soziales
Baupolitisch sieht Walther Kiep wichtige Entscheidungen, wie im Wahlprogramm der Liberalen zur Entwicklung der Stadt angekündigt wurden, getroffen: „Wir müssen die B-Pläne wieder aufstellen, damit die Stadtverordneten ihrer Verantwortung nach der Hessischen Gemeindeordnung wieder gerecht werden und gestalten.“ Die Entscheidung der Verwaltung über Bauanträge, die Fälle nach §34 Baugesetzbuch, siehe Bauvorhaben Merianstraße, führten städtebautechnisch in die falsche Richtung. „Die Vorschrift gibt der Verwaltung einen Entscheidungsspielraum, den sie, was die Verdichtung betrifft, extensiv auslegen kann.“ Deshalb sei bis zur Wiederaufstellung weiterer B-Pläne wichtig, dass der ASU zumindest als beratende Instanz eingeschaltet werde. Beide Anträge seien mit großer Mehrheit angenommen worden, jedoch der Antrag, den ASU zu beteiligen, durch den Widerspruch des Bürgermeisters bis dato „blockiert“. Trotzdem sind wir stolz, dass es gelungen ist, eine Wende in der Baupolitik Kronbergs herbeizuführen“, betonte Kiep. „Jetzt entscheiden wieder die Stadtverordneten.“
Nicht nur in diesem Zusammenhang verwiesen die Kronberger Liberalen darauf, dass der Bruch der Großen Koalition die liberale Politik beflügelt habe. „War es vorher in der FPD-Fraktion nur sehr schwer möglich, in Einzelfällen eigene Ideen umzusetzen, konnten wir nun erleben, wie sich SPD und CDU für Diskussionen öffneten“, so Kiep. „Uns ist es gelungen, für die Mehrzahl unserer Anträge eine Mehrheit zu finden. Das setzt Energien frei.“
Die FDP vergisst nicht klarzustellen, dass sie „nicht grundsätzlich gegen eine dichte Bebauung ist“. Als Beispiel nennen sie das Baufeld V am Bahnhof. „Dort wollen wir das Konzept bezahlbares Wohnen umsetzen.“ Das mache natürlich nur mit einer „extensiven Verdichtung“ Sinn. Der Vorsitzende des FDP-Ortsverbandes und Stadtverordnete, Holger Grupe, dazu: „Hier haben wir übrigens ein Konzept für bezahlbares Wohnen gefordert und dafür eine breite Mehrheit erhalten.“ Doch die Verwaltung habe „noch immer nicht geliefert“. Nun beplane man wiederholt „ohne konkretes Zielbild nach Bedarf, Preisen und vielleicht auch Größen.“ Auch in punkto sozialer Wohnraum gelte es, gemeinsam Lösungen zu finden, bei denen keine Bürger auf der Strecke bleiben, da weiter viele Wohnungen in Kronberg aus der sozialen Bindung fallen. FDP-Stadtverordnete Kristina Fröhlich berichtete aus dem Ausschuss für Kultur und Soziales, es bedürfe dringend einer Analyse, um die Bedarfszahlen in die städtische Planung einzubringen. Bereits jetzt wohnte ein Teil der anerkannten Flüchtlinge noch in den Containern an der AKS, weil es zu wenig Sozialwohnungen gibt, das könne kein Zustand auf Dauer sein. „Das schafft soziale Probleme, die jeder nachvollziehen kann.“ Genauso bedarfsgerecht müsse mit der Sicherung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Kindertagesstätten für die Familien umgegangen werden. „Hinsichtlich der geplanten neuen Wohngebiete Altkönig, Schillergärten, Bendersee und Bahnhof ist es dringend nötig, frühzeitig zu ermitteln, ob wir neue Kitas bauen müssen.“ Fröhlich erinnerte an die Einführung der Ausbildungsvergütung für Erzieher auf ihre Initiative. Diese Unterstützung für den Berufsstand, auch in Kronberg herrscht akuter Erziehermangel, sei noch ausbaufähig, da diese bis dato nur für städtische Kitas gelte. Außerdem will die FDP für die Erzieher die Einführung von Job-Ticktes anstoßen und den Betreuungsschlüssel in den Kitas verbessern.
Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Infrastruktur
FDP-Stadtverordnete Brigitte Bremer wies auf den nach Meinung ihrer Partei viel zu langwierigen Prozess in punkto Entwicklung von Gewerbeflächen für Unternehnmen mit Zukunftsperspektiven, Bedarfsanalysen bezogen auf die Handwerker vor Ort sowie Einbringung der möglichen Gewerbeflächen laut Stadtentwicklungskonzept in den Regionalen Flächennutzungsplan 2020, hin. Laut Bremer leiste der städtische Wirtschaftsförderer und städtische Pressesprecher, Andreas Bloching, zwar „sehr gute Arbeit“, aber es brauche hier mehr Kräfte. „Wir fordern hier eine privatwirtschaftlich organisierte Wirtschaftsförderung“, sagte Bremer. Es fehle ein aktiveres Handeln der Stadt, beispielsweise bei Betriebsverlegung oder Betriebsaufgaben, um gestalterisch Einfluss zu nehmen.
Konkret forderte sie die Stadt auf, mit den Eigentümern am Westerbach-Center in Verhandlung zu treten, um die missliche Verkehrssituation zu lösen, sprich bessere Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten zum Westerbach-Center zu gewährleisten. Holger Grupe zählte hinsichtlich der Themen „Digitalisierung“ und „Infrastruktur“ einige Punkte, für die die FDP sich stark gemacht hat, auf. So wird es beispielsweise einen runden Tisch zum Thema Straßenverkehr geben, nachdem das Problem „L3005 seit Jahren nicht aktiv von der Stadt angegangen wird“. Und man habe bei Verkehr nicht nur den Autoverkehr im Fokus. „Wir setzen uns für E-Bikes ein und fordern ein entsprechendes Fahrradparkhaus am Bahnhof“, berichtete er und fügt hinzu: „Und beim Opel-Zoo konnten wir verhindern, dass die Wiesenbehelfsparkplätze versiegelt und mit Rasengittersteinen versehen wurden.“
Bürgermeisterwahl
Für die Bürgermeisterwahl überlegt die FDP sich, einen Kandidaten aus den eigenen Reihen aufzustellen. „Wir haben jedenfalls geeignete Kandidaten innerhalb unserer Fraktion“, so Kiep. Mitentscheidend sei natürlich auch, welche Kandidaten für die SPD und für die CDU ins Rennen geschickt würden. Bei der vergangenen Wahl habe man Klaus Temmen unterstützt. „Inzwischen gehen wir aber bei der SPD und bei der CDU von Kandidaten aus, bei denen wir nach jetzigem Stand keine uneingeschränkte Unterstützung sehen.“ Eines ist jedenfalls heute schon klar: Kommt von uns ein Kandidat, dann auf keinen Fall von außen!“
Kiep schloss das zweistündige Pressegespräch mit dem Appell an die Kronberger Bürger, die Kommunalpolitik durch aktive Mitarbeit zu unterstützen. „Wir alle bis auf Herrn Kube sind Neulinge im Geschäft, wir mussten lernen, wieviel Zeitaufwand, aber auch Herzblut eingebracht werden muss, um wirklich Politik zu machen“, betonte er. „Ich kann nur sagen, dass Einiges an Engagement erforderlich ist.“ Gleichzeitig gebe es wohl aber keine politische Ebene, wo man so sichtbar gestalten könne, und zwar das eigene Lebensumfeld.