Eine Feuerwehrfrau und ein Feuerwehrmann machen neugierig aufs Ehrenamt

Die Feuerwehr Kronberg vermisst ihren Tag der offenen Tür, um sich und ihre Arbeit und ihre neuen Hilfeleistungstanklöschfahrzeuge und ihren Einsatzleitwagen vorstellen zu können. V. l.n.r.: Stadtbrandinspektor Thorsten Nuhn, Oberfeuerwehrfrau Janine Goinar mit möglichem Feuerwehrnachwuchs (Nuhns Tochter) und der stellvertretende Wehrführer der Kronberger Wehr, Philipp Milberg, auf dem Berliner Platz Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – „Die Feuerwehr nimmt einen großen Teil in meinem Leben ein“, sagt die Kronbergerin Janine Goinar. Seit rund zwei Jahren hat die 30-jährige Oberfeuerwehrfrau ihr Hobby – ehrenamtliche Feuerwehrfrau bei der Kronberger Wehr – zum Beruf gemacht. Die Bürokauffrau ist Quereinsteigerin bei der Feuerwehr. Vor zehn Jahren, während ihrer Ausbildung bei der Stadt Kronberg, hatte ein Kollege sie überredet, zu einem Übungsabend bei der Kronberger Feuerwehr mit vorbeizuschauen. Janine Goinar fühlte sich wohl inmitten der Kameraden und begann ihre Grundausbildung zur Feuerwehrfrau. „Hier läuft einem selten einer über den Weg, der nicht sozial eingestellt ist“, sagt sie. „Wir sind ein Team, das Gemeinschaftsgefühl bei uns ist sehr stark. Das gefällt mir.“ Feuerwehrarbeit ohne Teamgeist sei auch schwer vorstellbar. „Nur als Team kann es gelingen, Verletzte aus einem Auto zu schneiden oder aus einem brennenden Haus zu retten.“ Die Einsätze geben ihr ein gutes Lebensgefühl. „Es ist einfach schön, Menschen helfen zu können“, sagt die junge sympathische Frau. „Ich kann nur jedem empfehlen, der sich sozial engagieren möchte, bei uns mitzumachen“, wirbt sie für mehr Nachwuchs bei der ehrenamtlichen Feuerwehr in Kronberg. Blut sehen sollte man allerdings schon können und am besten auch keine Höhenangst haben, weiß Goinar. Gut zwei Jahre ist es her, dass die Berufung auch ihr Beruf geworden ist. Oberursel verfügt als Stadt mit eigener Bauaufsicht über eine Dienststelle für vorbeugenden Brandschutz. Dort ist Janine Goinar eine von neun hauptberuflichen Feuerwehrleuten, die teils der Technik, teils der Verwaltung zugeordnet sind. Goinar ist zuständig für die Finanzen der Oberurseler Feuerwehren, für die Budgetüberwachung, Haushaltsplanung und die Abrechnung der Einsätze. Wie alle anderen Hauptamtlichen auch, fährt sie außerdem selbst bei Einsätzen mit. „Dass wir ausgebildete Feuerwehrleute sind, war Voraussetzung bei der Ausschreibung“, erklärt Goinar, die in Oberursel die einzige hauptamtliche Feuerwehrfrau ist. Genau diesen Wechsel zwischen Theorie und Praxis liebt sie an ihrem Job, auch wenn neben der Feuerwehr nicht viel Zeit für ihr Privatleben bleibt. Denn die Feuerwehrübungsabende in Kronberg (mittwochs im zweiwöchigen Rhythmus) sind wichtig. „Man muss am Ball bleiben, mit den Gerätschaften vertraut sein, immer wieder üben“, sagt sie. Trainiert wird auch die Ausdauer. Als Frau findet sie den zusätzlichen Kraftaufbau für sich ebenso unerlässlich und trainiert deshalb zusätzlich im Fitnessstudio. „Auch wenn die Männer bei uns wirklich sehr zuvorkommend sind und gerne helfen, wenn es gewichtetechnisch mal hakt“, erzählt sie verschmitzt lächelnd. In Kronberg ist Goinar eine von immerhin drei Feuerwehrfrauen in der Einsatzabteilung.

Der 40-jährige Thorsten Nuhn ist ebenfalls Aushängeschild der Kronberger Wehr, er ist mit ihr schon von Kindesbeinen an eng verbunden, da sein Vater bereits aktiver Feuerwehrmann war. „Ich bin damals mit zwei Freunden gestartet, die ich seit dem Kindergarten kenne und die beide heute hier noch mit sehr guter Qualifikation aktiv sind“, erzählt er. Als kleiner Bub haben er und die ganze Familie bei jedem Einsatz des Vaters mitgefiebert. Später dann habe er seinem ersten eigenen Einsatz entgegengefiebert. Erst ab dem 17. Lebensjahr darf man bei abgeschlossener Grundausbildung bei Einsätzen mitfahren. Nuhn hat früh Verantwortung übernommen, sei es als Jugendausbilder, Jugendwart oder Zugführer. Inzwischen trägt der Geschäftsführer der Elektrotechnik Nuhn GmbH, der gerade in der Kategorie „engagierter, ehrenamtlich tätiger Unternehmer“ den Bürgerpreis der Taunus Sparkasse erhalten hat, bei der Feuerwehr bereits den Titel „Stadtbrandinspektor“. Manche Menschen fragen ihn, warum er sich, als Firmeninhaber und Familienvater, auch noch bei der Feuerwehr engagiert. „Ich bin überzeugt, dass unsere Gesellschaft nur funktionieren kann, wenn sich jeder auf eigene Weise mit einbringt, sei es als Fußballtrainer, in der Arbeit mit älteren Menschen oder eben, wie ich, bei der Feuerwehr.“ Leider treffe er mehr und mehr auf Menschen, die sich innerhalb der Gesellschaft nur bedienen würden, aber nicht bereit seien, einen Teil dazuzugeben. Dem möchte er entgegenwirken und freut sich, genauso wie Quereinsteigerin Goinar, über junge Leute, die vielleicht beim Lesen dieses Artikels neugierig auf die ehrenamtliche Arbeit als Feuerwehrfrau oder -mann werden. „Bei uns wird die Kameradschaft wirklich großgeschrieben und ich hatte hier schon als Kind und Jugendlicher viel Spaß“, verrät Nuhn, der, wie seine Feuerwehrkameradin, einlädt, sich auf der Homepage der Kronberger Feuerwehr unter www.feuerwehr-kronberg.de über die Übungsabende der verschiedenen Abteilungen (es gibt die Jugend- und die Feuerwehr für die Kleinsten, die sogenannten „Flambinos“) weiter zu informieren oder am besten spontan bei einem der Übungsabende vorbeizuschauen, um die rund 70 aktiven Feuerwehrleute kennenzulernen.

Tag der offenen Tür

Aufgrund der Corona-Beschränkungen musste der Tag der offenen Tür, den die Kronberger Feuerwehr in und um ihr Feuerwehrgerätehaus in der Heinrich-Winter-Straße traditionell im Spätsommer zusammen mit dem Flohmarkt auf dem Berliner Platz durchführt, ausfallen. „Für uns ist damit unser zweites Standbein zu den Spenden, die wir zweckgebunden für unsere Arbeit und unsere Anschaffungen bekommen, weggebrochen“, erklärt der ehemalige, langjährige Stadtbrandinspektor Gunnar Milberg, Schatzmeister der Kronberger Feuerwehr. „Damit fehlen uns die kompletten Einnahmen aus unserem Tag der offenen Tür.“ Das seien etwa 2.500 Euro, die ansonsten für Neuanschaffungen oder die Jugendarbeit zur Seite gelegt würden.

Über die Jahre hat die Feuerwehr beispielsweise ihr Mannschaftstransportfahrzeug, wie jetzt nach 24 Jahren wieder, selbst finanzieren können. Neu sind auch die beiden Hilfeleistungstanklöschfahrzeuge, die seit Dezember (in Kronberg) und seit Februar (bei der Oberhöchstädter Wehr) die in die Jahre gekommenen Vorgängermodelle abgelöst haben und zu der Grundausstattung der beiden Feuerwehren gehören. Weitaus gravierender als das fehlende Geld aufgrund der abgesagten Veranstaltung sei jedoch die fehlende Öffentlichkeitsarbeit. „Wir nutzen den Tag der offenen Tür jährlich, um uns vorzustellen“, führt Milberg aus. Normalerweise würden viele Menschen zusammenkommen, die sich ungezwungen über die Arbeit der Feuerwehrleute informieren. Auch die Schauübungen der Jugendfeuerwehr und der Einsatzabteilung würden jedes Mal mit Spannung verfolgt. „Wir legen als Bürgerfeuerwehr natürlich großen Wert darauf, dass wir in der Stadtgesellschaft verwurzelt sind. Der Kontakt zur Kronberger Bevölkerung fehlt uns schon sehr“, sagt er und hofft, dass sich viele Menschen durch diesen Artikel daran erinnern, dass die Feuerwehr ehrenamtlich für jeden Einzelnen in Not in Kronberg im Einsatz ist. Das letzte Unwetter ist noch nicht lange her, und die dankbaren Gesichter der Menschen, denen sie und ihre Kameradinnen und Kameraden helfen konnten, sind Janine Goinar und Thorsten Nuhn noch gut im Gedächtnis geblieben. Doch es gibt auch Einsätze, bei denen jede Hilfe zu spät kommt und die man, ob man will oder nicht, nicht einfach aus dem Gedächtnis löschen lassen. Aber auch hier zähle die Gemeinschaft, in der man nach den Einsätzen über das Erlebte noch einmal sprechen kann und sich damit gegenseitig hilft. Am Ende, sind sie sich einig, überwiegen glücklicherweise die erfolgreichen Rettungsaktionen von Mensch und Tier, die ganz unterschiedlich aussehen können – wie das Pferd mit Kolik, das sie in der Pferdeklinik aufrichten konnten und das wieder gesund geworden ist.



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