Gedenken an Pfarrer Hermann-Josef Müller

Pfarrer Müller hat die Gemeinde sehr geprägt. Foto: privat

Wenn wir in diesem Jahr die Weihe der barocken St-Vitus-Kirche vor 300 Jahren feiern, die der sehr rührige Pfarrer Johannes Kesmann (1714 bis 1723) bei dem Mainzer Erzbischof Lothar Franz von Schönborn erwirkte, so sollten wir auch des Pfarrers Hermann-Josef Müller gedenken, in dessen Amtszeit (1955-1968) die Kirche zu dem heutigen Zustand erweitert wurde.

Pfarrer Müller wurde am 20. April 1912 in Reckenthal/Unterwesterwald geboren. Nach dem Abitur 1932 am Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in Montabaur studierte er Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in St. Georgen, Frankfurt. Bischof Dr. Antonius Hilfrich weihte ihn am 8. Dezember 1937 im Hohen Dom zu Limburg zum Priester. Seine Jahre als Kaplan verbrachte der Geistliche in den Gemeinden Schloßborn, Arzbach bei Bad Ems, Höhn-Schönberg, Bad Schwalbach, Frickhofen, Nentershausen und zuletzt in Kronberg.

Seine Wirkungszeit als Pfarrer von St. Vitus ab 1955 war eine Zeit des Umbruchs in Kirche, dörflichem Leben und Staat. Im Jahre 1723 zählte Oberhöchstadt 350 Einwohner, alles Katholiken, im Jahre 1955 waren es 2.755 Einwohner, darunter 1.576 Katholiken. Bedingt durch die Ausweisung größerer Siedlungsflächen im Nordosten wuchs die Gemeinde rasant weiter. Pfarrer Müller schrieb in der Chronik: „Die Kirche ist eben raummäßig bei zwei Gottesdiensten mehr als ausgelastet und ruft nach Vergrößerung“. Nach vielen Überlegungen und zum Teil auch harten Diskussionen im Dorf wurde das alte Kirchenschiff zu Chorraum und Sakristei umgestaltet und durch Anbau ein neuer Kirchenraum mit Beton-Faltdach, ein Pfarrzentrum für die Gemeinde sowie eine Wohnung und ein Büro für den Pfarrer gebaut. Mit diesem Kompromiss wurde letztendlich der Charakter des Dorfes erhalten. Am 29. September 1962 wurde der erweiterte Kirchenbau durch den Limburger Bischof Dr. Wilhelm Kempf konsekriert.

Außerdem galt es, seine Gemeinde nach dem zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) mit der neuen Liturgie vertraut zu machen. Pfarrer Müller ging dabei behutsam vor, so dass es zu keiner Unruhe und Schwierigkeiten in der Gemeinde kam, im Gegenteil, die liturgischen Änderungen wurden mit Freude und Dankbarkeit aufgenommen. Pfarrer Müller war ein überaus beliebter und geachteter Geistlicher, der in seiner leutseligen und humorvollen Art es verstand, seine Gemeinde zu führen und zu motivieren. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit gründete er eine überaus aktive „Frauen- und Müttergemeinschaft“, belebte das bestehende „Männerwerk“ neu und es gelang ihm, die Jugend zu begeistern. Auch war ihm die ökumenische Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde, die bis zur Einweihung ihrer eigenen Kirche in St. Vitus ihre Gottesdienste feierte, ein Anliegen. Seine seelsorglichen Tätigkeiten trugen schon nach wenigen Monaten Früchte.

Obwohl er schon zur Jahreswende 1966/1967 sehr schwer erkrankte, versah er sein Amt bis zuletzt. Nach einem Besuch im Seniorenheim Hohenwald klagte er über Unwohlsein und starb kurze Zeit später am 9. August 1968 in seiner Wohnung. Er wurde auf dem Oberhöchstädter Friedhof unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt. Leider war ihm sein Anliegen – Bau einer Kindertagesstätte – trotz seiner jahrelangen Bemühungen um den Erwerb eines geeigneten Grundstückes nicht vergönnt. Erst sein Nachfolger, Pfarrer Heribert Zerwes, konnte dieses Vorhaben 1971/1972 verwirklichen. Der „Pfarrer Müller Weg“ – ehemals Dammsteg – erinnert noch heute an das segensreiche Wirken von Pfarrer Hermann-Josef Müller.

Am 13. August 2018 war nach 50 Jahren die Verweildauer der Priestergrabstätte auf dem Oberhöchstädter Friedhof abgelaufen. Ein Neukauf für weitere 30 Jahre hätte einen hohen Betrag gekostet. Ortsausschuss und Ortsteam (Verwaltung) des Kirchortes St. Vitus beschlossen daher Mitte April 2019 in Zusammenarbeit mit dem Verein „Heckstadt- Freunde Oberhöchstadts e. V“ und der Stadt Kronberg, den Grabstein (in seiner Größe angepasst) an die alte Friedhofsmauer zu verlegen, wo bereits andere alte Grabsteine als Denkmäler stehen. An diesem denkmalgeschützten Platz bleibt das Andenken an den beliebten Pfarrer für die Nachwelt bestens erhalten. Gerhard Lill

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