Kronberg (kb) – Dass Lebenswege nicht schnurgerade verlaufen, wissen wir alle. Bei manchen Wegscheiden lohnt es sich aber, genauer hinzusehen, so wie bei der Verabschiedung der Latein- und Mathematiklehrerin Dr. Gisela Klemke – coronabedingt in ungewohnt kleiner Runde –, die der Kronberger Altkönigschule fast zwanzig Jahre lang die Treue gehalten hat.
Als im Sommer des Jahres 2004 Dr. Gisela Klemke an die Schule kam, hieß der Schulleiter noch Gerhard Amend. Dieser suchte infolge des sogenannten „PISA-Schocks“ und des bald darauf eingeführten verkürzten gymnasialen Bildungsgangs (G8) eine Lehrerin für eine zweite Lateinklasse, die gebildet werden musste, da viele Eltern in der klassisch-altphilologischen Bildung ihrer Kinder einen Ausweg wähnten aus dem durch die PISA-Wissenschaftler quantifizierten Bildungsdilemma. „Und Amend sowie sein damaliger, mittlerweile verstorbener G-Zweigleiter Michael Stadtler stellten keine tabula rasa ein, sondern eine Lehrkraft, die bereits viel Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen, Schulen und Schulformen mit an die AKS gebracht hat“, wie Schulleiter Martin Peppler in seiner Würdigung hervorhob. Vom Kinderhort bis zur Erwachsenenbildung, Dr. Klemke verfüge über einen „weiten Blick“, so Peppler. Jahre zuvor war sie nach ihrem Lehramtsstudium an der Frankfurter Goethe-Universität zudem in Klassischer Philologie promoviert worden.
Gisela Klemke, in Berlin geboren, kam in frühesten Kindheitstagen nach Frankfurt am Main und wurde dann Pennälerin der Bad Homburger Humboldtschule, damals noch eine reine Mädchenschule. „Das hat meinen Blick auf Schule stark beeinflusst: Ich hatte keine Ahnung, was an anderen Schulen alles abgehen kann“, erinnert sie sich an die Tage, als sie ihr Referendariat an der Offenbacher Leibnizschule begann. Etwas anderes, als Lehrerin zu werden, stand für sie auch gar nicht zur Debatte: „Ich fing mit dem Unterrichten schon zu Schulzeiten an, habe nicht nur mit meinen Freundinnen gepaukt, sondern auch mit meinen beiden älteren Geschwistern!“, scherzte eine sichtlich gerührte Dr. Klemke in ihrer Dankesrede. Das Unterrichten der Schüler*innen werde ihr fehlen, doch auf die Arbeit in ihrem Garten freue sie sich sehr und darauf, angefangene Bücher endlich mit der erforderlichen Muße zu Ende zu lesen und sich mit Verve ans Klavier sowie die Orgel setzen zu können, verriet sie.
Auch wenn für Klemke die Mathematik das „Brotfach“ war und Latein ihre Leidenschaft, so war die Arbeit mit den Kindern eine Berufung. „Sie sind die Anwältin der Schüler*innen gewesen, haben stets für Verständnis für sie geworben“, betonte eine junge Kollegin, „Sie haben mir menschlich viel mitgegeben!“ Verba docent, exempla trahunt. In den elf Jahren als Fachsprecherin habe sie überdies wie eine Löwin für das Fach Latein gekämpft, für das sie brenne wie keine andere, lautete hierauf die Würdigung der Fachschaft. Wichtig sei es ihr zudem gewesen, ihren Matheunterricht so anschaulich wie möglich zu gestalten, so die Fachschaft Mathematik. Das habe bei den „Kleinen“ einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Ihre letzte Mathelerngruppe hat ihr in Eigenarbeit Igelpilze und andere Dekofiguren für den Garten hergestellt und als Geschenk zukommen lassen. Gisela Klemke hat Spuren an der Altkönigschule hinterlassen. Zur Vorstellung des Fachs Latein hat sie den Stand am Tag der offenen Tür gestaltet, und zwar mit so viel Inbrunst und Liebe, dass die Kollegen sofort alles abfotografiert hätten, hieß es, als Inspiration für die Zukunft. Auch die Exkursion nach Mainz ins Römische Theater und zum Drususstein geht auf ihre Initiative zurück. Nicht unerwähnt bleiben sollen ihre Workshops zur Stadt Rom in den Projektwochen oder ihre Mitwirkung in der Steuergruppe der Schule. Aber die AKS hat auch bei ihr Spuren hinterlassen: „Ich erinnere mich noch an Michael Gather, den damaligen Personalrat, der mich regelrecht an die Hand genommen, mir alles gezeigt und jeden vorgestellt hat. Aber lassen wir die Verstorbenen ruhen“, so Klemke. „Danke für Ihr Engagement an der Altkönigschule! Wir wünschen Ihnen alles Gute für die kommende Zeit. Widmen Sie sich den Dingen, für die sie Ihnen sonst fehlte. Vor allem aber: Bleiben Sie gesund!“, beschließt Schulleiter Peppler seine Eloge, und so bleibt nur noch zu sagen: Zu Ende ist das Stück. Applaus.