Hans-Joachim Heist begeistert mit lyrischer Hommage an Heinz Erhardt

Voll in Aktion Foto: Puck

Kronberg (pu) – Ein wenig Ablenkung von der Tristesse durch Pandemie und UkraineKrieg suchten und fanden die Besucherinnen und Besucher des Restarts der vom Kronberger Kulturkreis in Zusammenarbeit mit den Kronberger Lichtspielen präsentierten Reihe „Kabarett im Kino“. Mit dem Schauspieler, Komiker und Regisseur Hans-Joachim Heist, der vielen durch seine Rolle als Gernot Hassknecht in der „heute show“ (ZDF) ein Begriff ist, beendete ein Hochkaräter die kleinkunstlose Phase. In einer seiner Paraderollen als Heinz Erhardt amüsierte er das Publikum mit dessen Wortspielereien, Pointen und Reimen.

Geflügeltes Wort

„Noch‘n Gedicht“ ist durch den 1909 in Riga geborenen und 1979 in Hamburg-Wellingsbüttel gestorbenen Komiker, Musiker, Komponisten, Unterhaltungskünstler, Kabarettisten, Schauspieler und Dichter Heinz Erhardt zu einem geflügelten Wort geworden. Zu dessen Kennzeichen zählten neben der verschmitzten, spitzbübischen und fantasievollen Art die schwarze Hornbrille mit dickem Fensterglas und die von rechts nach links überkämmte Glatze. Mit diesem unvergleichlichen Mix avancierte der „Meister der Wortverdrehereien“ zur unvergessenen Kultfigur. Kein Wunder, dass er nach wie vor mit dem ebenfalls legendären Loriot (bürgerlich Vicco von Bülow) die Rangliste der besten deutschen „Comedy Stars“ aller Zeiten anführt. Seine größten Erfolge feierte er ab 1957 im Kino als Hauptdarsteller in Filmkomödien wie „Der müde Theodor“, „Witwer mit fünf Töchtern“, „Natürlich die Autofahrer“ und vielen mehr. In den meisten seiner Filmrollen spielte er den netten, etwas verwirrten, schüchternen, Unsinn erzählenden Familienvater oder Onkel.

Im Zuge der literarischen Hommage an Erhardt entführte Heist das Kronberger Publikum zunächst in seine letzte Urlaubsregion – die Rivera –, wo „orginellerweise“ das Meer bis ans Ufer gehe, dummerweise jedoch auch so „dicke Rohre für die Abwasser der Hotels“ im Wasser zu finden seien. „Und wenn man da so schwimmt und schwimmt und schwimmt – trifft man immer wieder alte Bekannte“, zeichnete er ein anschauliches Bild und schlussfolgerte gallig: „Deshalb heißt diese Gegend auch ‚Kot‘ d‘Azur …!“ In den Alpen kürzlich hatte er „eine besonders von Außen ein bißchen dünnformatige befreundete Bekannte“ mit, die aussah “wie eine Hundehütte. In jeder Ecke ein Knochen“ und ihm, als er die Schneepisten herunterwedelte, hinterherrief: „Hallo Heinz, Hals- und Beinbruch.“ Was tat er? „Ich bin ja nicht bekloppt und tu, was die da oben will … also hab ich mir den Arm ge- und den Urlaub abgebrochen.“

Genug der Urlaubsanekdötchen, es wurde klassisch mit einer bearbeiteten Version des „König Erl“, frei nach „Johann Wolfgang von Frankfurt“: „Wer reitet so spät durch Wind und Nacht? Es ist der Vater, es ist gleich acht. Warm er den Knaben wohl hält, denn der ist erkält. Halb drei, halb fünf, es wird schon hell, noch immer reitet der Alte schnell, erreicht n‘en Hof mit Müh‘ und Not, der Knabe lebt, das Pferd war tot.“

Noch‘n Gedicht: „Es scheint so, dass auf dem Planeten, den wir so gern mit Füßen treten und ihn dadurch total verderben, nur die Guten sterben. Denn las man je in einem Inserat, dass ein Verblichener Böses tat? Dass er voller Neid war und verdorben und er deshalb nun zu recht gestorben? Nein, es kann da keinen Zweifel geben, die Schlechten bleiben alle leben!“ In diesen Kontext gesetzt, drängt sich zweifellos dieser Eindruck auf.

Diese charmant verpackten Passagen, in denen der Menschheit ob ihrer Taten und Gewohnheiten der Spiegel vorgehalten wurde, wechselten sich mit in hintergründigem Humor verpackten Informationen zu Erhardts Biografie ab. Beispielsweise zu dessen früh an den Tag getretener Berufung. So habe es sich zugetragen, dass eine Fee mit einem faltenreichen Rock und einem ebensolchen Gesicht ihn eines Tages, als er in durchnässten Windeln „so rum lag“, fragte: „Na Kleiner, was willst du denn mal werden?“ Die knappe Antwort: „Och liebe Tante, ich möchte gerne d(D)ichter werden…!“

Im in den Kronberger Lichtspielen präsentierten Programm durfte weder Erhardts Liedtext „Die Made“ fehlen, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen, noch Kurzzeiler wie „Das Leben kommt auf alle Fälle aus einer Zelle, doch manchmal endet es bei Strolchen in einer solchen“ oder Schelmisches zum Verhalten der Autofahrer an der Ampel: „Ist endlich grün, hat der Vordermann, diese Fälle sind verbürgt, den Motor abgewürgt.“

Singend, Karten spielend, Korn trinkend und reichlich herumalbernd ließ Heinz Erhardt alias Hans-Joachim Heist die Zeit wie im Fluge vergehen. Unter diesem Eindruck ließ das begeisterte Publikum ihn erst nach mehreren Zugaben von der Bühne. Glücklicherweise ist die Kabarettsaison noch nicht vorbei. Schon am Mittwoch, 6. April geht es um 20 Uhr weiter mit den „Welthits auf Hessisch“ von Tilman Birr und Elis. Einen Monat später, Freitag, 6. Mai, kommt Jo van Nelsen mit „ Frankfurt liest ein Buch“ ins Kronberger Kino. In diesem Zusammenhang noch eine weitere positive Nachricht: Im Zuge der kürzlichen Spendenaktion deutscher Kinos für die Ukraine mit Verkauf von Friedenslichtern und dem Filmabend „Klitschko“ kamen allein in den beiden von Familie Müller-Raidt betriebenen Kinos in Kronberg und Kelkheim 1.400 Euro für den guten Zweck zusammen.



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