Kronberg (mg) – Sowohl Kronbergs Bürgermeister Christoph König als auch Erster Stadtrat Heiko Wolf erklärten es im Parlament und in den jeweiligen Ausschüssen deutlich und im Detail, wiederholend; inhaltlich bestätigt und ergänzt wurde es in weiteren Gesprächen von zuständigen Fachbereichsleitungen der Stadtverwaltung anhand von Präsentationen mit klaren Aussagen, beispielsweise während der vier zeitlich intensiven Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses. Es half alles nichts, und nun stehen unter anderem die Folgen nicht zuerkannter neuer Stellen im Haushaltsplan seitens der Fraktionen CDU, KfB und FDP an vielen Stellen ins „Rathaus“ und schaffen mehr als Herausforderungen für die Daseinsvorsorge der Bevölkerung. Exemplarisch zeigt sich das beim Schwimmbadbetrieb der kommenden Freibadsaison. Kronberg besitzt ein ausgesprochen attraktives Freibad, das Waldschwimmbad oberhalb der Kommune am Waldrand gelegen. Nicht nur Kronbergerinnen und Kronberger, sondern viele Menschen aus der näheren Umgebung schätzen es – als Erholungsort, als Sportstätte und als Urlaubsmöglichkeit für diejenigen, die sich eine Reise schlichtweg finanziell nicht leisten können.
Am 27. November trafen sich morgens fünf Menschen, die sich aus Erfahrung und ihrem Arbeitsleben mit der Thematik auskennen, vor Ort am Waldschwimmbad, um aus der jeweiligen Sicht das große Ganze und die dazugehörigen Details des Sachverhalts zu erläutern. Neben Bürgermeister Christoph König, Erstem Stadtrat Heiko Wolf, der Schwimmbadleitung Verena Methfessel und dem Fachbereichsleiter „Technisches Gebäudemanagement“ der Stadtverwaltung Kronberg Oliver Scheu war auch Maximilian Faber vom Bundesverband Deutscher Schwimmmeister angereist. Dieser gab umgehend kompetent und sachlich einen Überblick über die Problematik im Bäderwesen, nicht nur in Kronberg, sondern in ganz Hessen und im gesamten Bundesgebiet. Er gab an, dass selbst die ARD-Tagesschau konkret darüber berichtete. Es gebe 3.000 unbesetzte Stellen im Bäderbetrieb – insbesondere die Fachkräfte, die eine mindestens dreijährige Ausbildung absolvieren, sind rar und dementsprechend von den Kommunen umworben. Diese stehen sich als Konkurrenten gegenüber und versuchen, mit attraktiven Arbeitsplatzangeboten die jeweiligen Bewerber zu überzeugen. Der demografische Wandel schlage zwar noch nicht vollends zu, sei jedoch bereits deutlich spürbar und in Zukunft von noch größerer Relevanz. Etliche Kolleginnen und Kollegen befänden sich in der Altersspanne zwischen 55 und 65 Jahren, würden somit nicht mehr sonderlich lange auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Faber ist auch im Landesprüfungsausschuss für das Schwimmmeisterwesen des Landes Hessen: „Jedes Jahr bestehen ungefähr 30 Prüflinge, landesweit. Das ist beim aktuellen Fachkräftemangel nicht sehr viel und außerdem stehen sie nicht zwangsläufig dem Bäderwesen zur Verfügung. Und wenn, dann setzen die ausbildenden Kommunen alles daran, ihre Absolventen zu halten.“
Kronbergs Schwimmbadleiterin Verena Methfessel machte im weiteren Verlauf des Gesprächs deutlich: „Um den bisherigen Schwimmbadbetrieb wie die letzten Jahre zu gewährleisten, wäre ab der kommenden Saison eine weitere feste Stelle vonnöten gewesen.“ Das sei auch der Fall, da ihr Kollege nun in Altersteilzeit ginge. Die von der Politik an sich gewünschten Öffnungszeiten seien so nicht mehr umzusetzen. Erster Stadtrat Heiko Wolf pflichtete Methfessel bei: „Das betrifft vor allem die Zeiten, die weniger Publikum anziehen, also die Frühschwimmerzeiten, aber auch den gesamten Vormittag. Man muss den Menschen eine Orientierung bieten, da helfen keine Wechselmodelle bei den Öffnungszeiten. Ein wahrscheinliches Szenarium ist das Öffnen des Schwimmbads ab 12 Uhr am Mittag.“ Es gebe verschiedene Modelle – man könne auch einen ganzen Tag schließen und anderes, gibt Wolf weiter in die Runde. In jedem Fall werde es nicht mehr das Niveau der vorherigen Jahre sein.
DLRG
Ein grundsätzliches Problem scheint bei der ganzen Diskussion bei einigen Entscheidern im Stadtparlament gewesen zu sein, dass der Schwimmbadbetrieb häufig mit den ehrenamtlich Tätigen der DLRG (Deutsche Lebensrettungsgesellschaft) verwechselt wurde. Diese sind jedoch definitiv für die meisten Arbeitsschritte in einem Bäderbetrieb nicht ausgebildet, es fehlt ihnen schlicht und ergreifend die notwendige Kompetenz. Es geht unter anderem um die mehrfach am Tag stattfindenden Kontrollen der Wasserqualität, um die Überwachung der gesamten Technik und die Logistik des gesamten Betriebs. Der Umgang mit Chlorgas ist hochgefährlich und erfordert sowohl Sachkunde als auch Konzentration. Zusätzlich hält sich ein Großteil der Rettungsschwimmer der Kronberger DLRG im Sommer acht Wochen in Scharbeutz in Schleswig-Holstein auf. Gerade in dieser Zeit ist an heißen Tagen ein Tagesdurchlauf von bis zu 4.000 Menschen im Kronberger Waldschwimmbad nicht selten. Kinder bis sechs Jahre sind noch nicht einmal in der Statistik enthalten, da sie keinen Eintritt zahlen. Die DLRG ist sicherlich eine gut funktionierende Gemeinschaft, und ihr ehrenamtliches Engagement hilft, wie so oft bei ehrenamtlichen Vertretern, die Bereiche der Gesellschaft mit am Laufen zu halten; die DLRG ist jedoch eine Hilfsorganisation – es sind keine Profis beim komplexen Betrieb eines Freibads.
Leergefegter Arbeitsmarkt
Maximilian Faber schilderte dann noch weitere Probleme. Zum einen seien externe Personaldienstleister – wie sie von CDU, KfB und FDP während der zurückliegenden Haushaltsberatungen häufig ins Spiel gebracht wurden (Anmerkung der Redaktion) – immer häufiger nicht zuverlässig. Verena Methfessel stellte an dieser Stelle aus Erfahrung klar, dass das letzte Saison oft nicht funktionierte. Faber erwähnte in diesem Kontext des Weiteren explizit die Kommunen Wiesbaden und Karben, die in den vergangenen Jahren tageweise komplett schließen mussten, da der Personaldienstleister „nicht lieferte“. Für die kommende Saison werde es seiner Ansicht nach nun ohnehin knapp für Kronberg, da die Personalanfragen vieler Kommunen bereits in vollem Gang seien, unabhängig von der Zuverlässigkeit der externen Dienstleister. Bürgermeister Christoph König stellte ergänzend fest: „Die Zeiten, in denen temporäre Arbeitskräfte als Zaubermittel galten, sind längst vorüber. Überall ist der Arbeitsmarkt leergefegt.“ Beim Thema Schwimmbad brauche man auch keine Organisationsuntersuchung, stellte König dann noch fest. „Es reicht ein einfacher Taschenrechner“, betonte er und spielte damit offenkundig vor allem auf die Aussagen innerhalb der letzten Wochen seitens der Vertreter von CDU, KfB und FDP an, die sich eine komplette Organisationsuntersuchung der Stadtverwaltung durch eine externe Beraterfirma wünschten. Der Erste Stadtrat Heiko Wolf untermauerte Königs Aussagen: „89 Arbeitsstunden können Verena Methfessel und ihr Kollege Stephan Horz wöchentlich leisten. Man benötigt aber mindestens 110 Stunden.“ Letztes Jahr wurde das durch eine befristet angestellte Fachkraft aufgefangen, auf die man aber nicht mehr zurückgreifen könne, ergänzte Methfessel
Organisationsstrukturen und Haftungsrisiko
Maximilian Faber kam anschließend noch auf das sehr relevante Thema der Verkehrssicherungspflicht zu sprechen. Es geht in diesem Kontext um die Gewährleistung eines rechtssicheren Betriebs eines Schwimmbads und mögliche Haftungsrisiken. Die höchsten Haftungsrisiken, gab Faber klar und deutlich zu verstehen, resultierten zum einen aus der klassischen Badeaufsicht und zum anderen aus technischen Risiken des Betriebs, insbesondere durch den hohen Einsatz von Gefahrstoffen wie das bereits erwähnte Chlorgas. Beidem müsse der Betreiber – also im Fall des Waldschwimmbads die Stadt Kronberg respektive die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – durch seine betriebliche Organisation Rechnung tragen. Insbesondere im Bereich der Badeaufsicht liege dabei der Fokus auf einem angemessenen Mitarbeitereinsatz, während sich der Blick im Rahmen des technischen Betriebs auf den Arbeitsschutz und die Qualifikation der Mitarbeiterschaft richte. In einem Gespräch mit der Redaktion erklärte der zuständige Abteilungsleiter des Fachreferats 61 der Stadtverwaltung Kronberg, Oliver Scheu, anschaulich und konkret hierzu: „Die zulässige tägliche Arbeitszeit einer Fachkraft im Bäderbetrieb beträgt zehn Stunden bei maximal sechs Arbeitstagen pro Woche. In Ausnahmen beziehungsweise Sondersituationen darf diese Arbeitszeit an einem Tag zwölf Stunden betragen, muss aber zeitnah und umgehend ausgeglichen werden. Im Dienstplan zwölf Stunden vorzusehen widerspricht also eindeutig einer „Ausnahme“. Grundlage hierfür ist das Arbeitsschutzgesetz, das eindeutig ist. Weiterhin ist bei dem aktuellen Wettbewerb um Fachkräfte eine Arbeitswoche mit sechs Arbeitstagen für diese unattraktiv und somit nicht durchsetzbar. Das heißt: Für die Zukunft muss mit fünf Tagen und zehn Stunden täglich kalkuliert werden, um für Fachkräfte attraktiv zu sein und sie in Anstellung bringen zu können. Dies bedeutet bei jeweils fünf Arbeitstagen an drei Tagen eine doppelte Besetzung und an vier Tagen eine einfache Besetzung. Bei einfacher Besetzung stehen zehn Arbeitsstunden zur Verfügung. Bei zwei Stunden Vor- und Nachbereitung führt dies zu acht Stunden Öffnungszeiten. Die aktuellen Öffnungszeiten sind unter der Woche täglich (6.30 bis 20 Uhr) 13,5 Stunden, am Wochenende (8 bis 20 Uhr) 12 Stunden am Tag. Dies bedeutet, dass die Öffnungszeiten an vier Tagen um 5,5 Stunden beziehungsweise vier Stunden gekürzt werden müssen. Die Variante, vormittags generell zu schließen, bietet zusätzlich etwas Spielraum bei kurzfristiger Erkrankung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters.“ Scheu fügt ernst hinzu: „Generell ist zu erwähnen, dass die Betriebssicherheit des Schwimmbads in der Verantwortung des Betreibers liegt. Einen Dienstplan entgegen den Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes aufzustellen stellt ein Organisationsverschulden dar. Bei einem Schadensfall läge die Beweisumkehrpflicht beim Betreiber. Dies wäre bei einem entsprechenden Verschulden schwer. Am Ende haftet dann die Stadt Kronberg. Womöglich auch ich und in Folge der Bürgermeister der Kommune. Das war beispielsweise bei der dramatischen Situation mit dem Feuerwehrteich der Fall.“ Scheu spielte hierbei auf das große Unglück im nordhessischen Neukirchen an, bei dem drei Kinder ertranken. Der dortige Bürgermeister wurde im Anschluss an das Drama vom Amtsgericht Schwalmstadt strafrechtlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Die zuständige Staatsanwältin formulierte im Prozess: „Ein Bürgermeister trägt die Verantwortung für seine Bürger.“
Viele sachkundige Informationen wurden an diesem Montag zusammengetragen, es lief auf ein Ergebnis hinaus: Es wird schwer bis unmöglich, die kommende Badesaison im Kronberger Waldschwimmbad auf dem Niveau der letzten Jahre zu erhalten. Womöglich gelingt das wieder im Jahr 2025.