Das Klimaquartier mit bezahlbarem Wohnraum in Kronberg – ist es tot?

Kronberg (kb) – Wer die Diskussion im Stadtparlament und dessen Mehrheitsbeschluss am 25. September verfolgt hat, muss zu diesem Schluss kommen. Es ist klar, dass die Mehrheit der Stadtverordneten den bisher eingeschlagenen Weg, der nach über 25 Jahren (damals hat die Stadt das Grundstück erworben) zur Bebauung führen sollte, nicht weiterverfolgen will.

Was war das bisherige gemeinsame Ziel vieler Kronberger Parteien in den vergangenen 25 Jahren? Eine zentrumsnahe und verkehrsgünstig gelegene Bebauung als Klimaquartier, das ein Vorbild für andere Bauherren sein sollte, ein „Leuchtturm-Projekt“ der Stadt. Bezahlbarer Wohnraum und Wohnraum für junge Familien, alleinstehende Senioren, für Mitarbeiter städtischer Einrichtungen und Kronberger Firmen.

Der Architekturwettbewerb hat zu tollen, zu begeisternden Ergebnissen geführt, die im Übrigen im bundesweit verbreiteten Deutschen Architektenblatt in der September-Ausgabe auf einer Doppelseite lobend vorgestellt wurden. Überzeugende Ergebnisse, die trotz und auf der Basis der Vorgaben der politischen Gremien der Stadt an die Art der Bebauung, die Mieten und die Parkplätze, entstanden sind. Das muss festgehalten werden, denn zum Beispiel die „gedämpfte Miete“ für 60 Prozent der Wohneinheiten wurde 2017 von der Kronberger Politik auf 10 Euro pro qm gesetzt – sie wäre heute deutlich höher. Auch die Anzahl der Parkplätze wurde politisch vorgegeben, obwohl die teilnehmenden Architekturbüros sie zum Teil für überflüssige Kostentreiber hielten. Insofern wurde sowohl die Einnahmen- wie auch Ausgabenseite politisch vorgegeben. Das wird nicht jedem Bürger klar sein, der möglicherweise denkt, dass die Entwürfe zwar den Anforderungen an ein Klimaquartier entsprechen mussten, aber ansonsten kostenoptimiert wurden.

Warum hieß es in Pressemitteilungen von Kronberger Parteien, dass die Bebauung die Stadt „35 Millionen“ beziehungsweise „27 Millionen“ kosten wird? Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, auf die sich bezogen wird, sieht zwischen 8,1 und 9,4 Millionen Euro Eigenkapital vor, das ist der Betrag, den die Stadt im berechneten Modell einbringen muss. Das ist nur unwesentlich mehr als der Wert des Grundstücks, das die Stadt laut Modellrechnung an den städtischen Eigenbetrieb verkaufen oder verpachten würde. Welcher Bauherr baut komplett mit Eigenkapital? Nicht zu vergessen, dass dem Eigenkapital und der Finanzierung dann auch ein Wert in Form der Bebauung gegenüberstünde. Hier soll offensichtlich ein angeblich großer Betrag eine Drohkulisse und damit große Risiken für die Stadt begründen.

Klar ist jetzt, dass laut Antrag von CDU/FDP/KfB das Grundstück an einen privaten (im Ausschuss wurde auch von mehreren gesprochen) Investor vergeben werden soll. Es ist absehbar, dass die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs, der die Verwaltung etwa ein Jahr intensiv beschäftigt und viel Geld gekostet hat, im Papierkorb landen. Völlig unklar ist, wie jetzt „der Investor“ gefunden werden soll. Muss es eine europaweite Ausschreibung geben? Auf der Basis welcher Vorgaben und welchen Konzepts? Worauf einigen sich die drei Parteien und wann? Welchen Investor interessiert ein derartiges Projekt mit dieser Vorgeschichte und wankelmütiger Lokalpolitik? Und was bleibt wohl dann von den Wettbewerbsergebnissen übrig?

Es ist zum Verzweifeln: Das einzige eindeutige Ergebnis dieser Entscheidung ist Zeitverlust. Diejenigen Fraktionen, die den Prozess der Bebauung durch den Eigenbetrieb jetzt beenden, werfen die Bebauung um Jahre zurück. Da hilft es nicht, „zügig“ und „zeitnah“ in den Antrag zu schreiben, das ist unrealistisch. Im Gegenteil: Die Neuentwicklung eines Konzepts „zur gezielten Förderung von Mietern im Rahmen einer sogenannten Subjektförderung“ (so im Antrag von CDU/FDP/KfB) wird Kapazitäten in der Verwaltung binden, wird an dieser Stelle dauerhaft Kosten generieren, Zeit brauchen und in der Umsetzung neue Bürokratie entstehen lassen. Es gibt genügend Interessenten/Autofahrer in Kronberg und von auswärts, die den hässlichen Parkplatz am Bahnhof möglichst lange im heutigen Zustand erhalten wollen. Es sieht so aus, als würden diese wieder (Zeit) gewinnen. Letztendlich schadet dieser Vorgang dem Vertrauen der Bürger in die Kommunalpolitik, denn die Bürger erwarten endlich greifbare Ergebnisse.

Es gab einmal eine klare Mehrheit von Parteien, die dieses Bauprojekt als zukunftsweisend gesehen haben und die Vermietung der Wohnungen in der vollen Kontrolle der Stadt behalten wollten. Daher der Appell von Aktives Kronberg an die Fraktionen des Stadtparlaments, dieses wertvolle Grundstück, das Tafelsilber der Gemeinde, nicht aus der Hand zu geben. Es gehört der Stadt, damit sie es bestmöglich nach ihren Vorgaben, und nicht nach den Vorgaben eines notwendigerweise renditeorientierten Investors, gestaltet und nutzt – als Klimaquartier mit bezahlbarem Wohnraum.



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