Kronberg ist keine Insel – Zukunftsquartiere als neue Oasen

Im Einsatz für smarte Quartiere der Zukunft: v.l.n.r.: Simon Gehrmann von der TU Darmstadt, ASU-Vorsitzender Udo Keil (Grüne) und Andrea Poerschke, per Video zugeschaltet Architekt und Stadtplaner Martin Sobota aus Rotterdam. Foto: Sura

Kronberg (aks) – Wasser – ein kostbares Gut! Seit April steht die Kronberger Wasserampel auf Gelb und damit verbunden geht der Appell an alle, weder Rasen zu wässern noch Pools aufzufüllen. Was wie ein Luxusproblem klingt, ist die große umweltpolitische Herausforderung der Zukunft, die uns alle angeht: Wie gehen wir mit der Ressource Wasser um? Und wie sieht ein Quartierbau der Zukunft aus, der sich den aktuellen Klima- und Umweltfragen stellt? Der Verein Aktives Kronberg unter der Leitung von Andrea Poerschke, Innenarchitektin und engagierte Bürgerin, hatte zu einer lebendigen Diskussion mit Fachvorträgen in die Kronberger Lichtspiele eingeladen. Der Verein setzt sich überparteilich und konstruktiv für die Themen Stadtentwicklung, belebte Innenstadt, Nachhaltigkeit und Förderung der Kultur in Kronberg ein. „Wir müssen mehr für die Menschen bauen und dabei den Generationenwechsel berücksichtigen“, so Poerschke. Für den Städtebau gelte ein Zeithorizont von 20 bis 50 Jahren. Sie stellte die Frage, wie scheinbare Gegensätze von Belangen des Umweltschutzes und die Notwendigkeit der Schaffung von Wohnraum überwunden werden können.

Zum Thema Wasser referierte der promovierte Architekt und wissenschaftliche Mitarbeiter der TU Darmstadt, Simon Gehrmann, dessen planerischer Schwerpunkt die Herausforderungen des Klimawandels berücksichtigt, um einer sogenannten „wassersensitiven Stadtgestaltung“ gerecht zu werden. Er warnt: „Unsere Städte trocknen aus!“ Auch Flüsse trockneten aus, und der Hitzeeffekt sei so vorprogrammiert. Erfahrungen konnte er in den letzten Jahren unter anderem in Singapur und Australien sammeln.

Mit von der Partie und per Video aus Rotterdam zugeschaltet war der Architekt und Stadtplaner Martin Sobota, in Kronberg aufgewachsen, Partner des Büros CITYFÖRSTER, der in Hannover mit dem Eco-Village ein Quartier der Zukunft geplant hat – grün und sozial, das nun in die Realisierungsphase geht. In seiner Präsentation erläuterte er, wie umweltverträgliche Wohnbauprojekte heutige Bedürfnisse nach einem gemeinschaftlichen Leben „Miteinander und Füreinander“ durch städtebauliche und architektonische Gestaltung erfüllen können: „Ein Ökodorf unter den Bedingungen einer Großstadt“. Sobotas Denkansatz ist radikal und konsequent: Um CO2 einzusparen, spielen Autos kaum eine Rolle, Fahrradstellplätze und flexible mobile Wohneinheiten, die bei Bedarf vergrößert oder verkleinert werden können, eine große Rolle. Ein guter S-Bahn-Anschluss ist in der Region bereits vorhanden. Auf dem 50 Hektar Areal mit 500 Wohneinheiten, die sozial gefördert werden, wird Energie produziert, gespeichert und vor allem eingespart. Sein System des Wasserkreislaufs von Trinkwasser, Grauwasser und Regenwasser ist überzeugend, kann doch viel Wasser zur Begrünung genutzt werden, für große Grünflächen mit kleinen Teichen, die von allen genutzt werden können, auch zum Anbau von Obst und Gemüse. „Da wird sich immer jemand finden!“, so Sobota. Dorfplatz und Allmende sorgen für Gemeinschaft, ebenso wie grüne Rückzugsorte und Kinderspielplätze, Gemeinschaftsgärten und sogar ein Laubengang, ein wettergeschützter öffentlicher Verkehrsraum.

Das Projekt hat Investoren gefunden und kann nach Fertigstellung in ein paar Jahren die ersten Bewohner aufnehmen.

Simon Gehrmann konnte anschließend von einem Projekt der TU Darmstadt berichten, mit dem in Mannheim (BUGA 2023) ein Neubaugebiet mit 120 Wohnungen „wassersensitiv“ realisiert wird. Der Verbrauch von kostbarem Trinkwasser kann zu 42 Prozent eingespart werden mit Filteranlagen für das Grauwasser, das den Haushalten gereinigt wieder zugeführt wird. Die Aufenthaltsqualität werde durch grüne Oasen auch während der Hitzeperioden gewährleistet. Das Investment in die Wassertechnik mache nur 2,5 Prozent der Gesamtsumme aus und helfe durch Wasser-Recycling, viel Wasser einzusparen. Nur das Wasser der Toiletten gehe direkt in die Kanalisation. Das Problem für alle Planer seien die fehlenden Institutionen, wo alles zusammengeführt wird.

Es darf also ganz neu gedacht werden in Städten und Kommunen! Und wie immer kommt es darauf an, wie verantwortlich wir alle mit den (noch) vorhandenen Ressourcen umgehen: Nach dem Motto „Water for all and all for water“. „In den Köpfen muss sich was ändern“, da sind sich Sobota und Gehrmann einig, auch wenn ständig über den Preis von Wasser als Regulativ gesprochen wird, gehe es doch in den Haushalten um aktives Wassersparen und bei den Städten um veränderte Wassersysteme, die dem Wassermangel Rechnung tragen.

Wie schwierig es sei, mit Hilfe der Natur Wohnqualität zu schaffen, davon weiß der ASU-Vorsitzende und Grünen-Politiker Udo Keil (Grüne), langjähriger Vertreter der Kronberger Kommunalpolitik, ein Lied zu singen. Bei den Planungen für die aktuellen innerstädtischen Bauvorhaben gehe es nur schleppend voran, immer wieder müssten Fakten für Fraktionssitzungen aktualisiert werden. In 50 Jahren sei zu wenig getan worden. Auch der erste Stadtrat Robert Siedler (parteilos) und der städtische Klimaschutzbeauftragte Friedrich Horn nahmen an der Diskussion teil und für alle stand fest, „wir brauchen Wohnraum“ – vor allem sozialen.

Klar ist jedoch auch: Die Flächenversiegelung (Keil: „60 Hektar Boden landen jeden Tag unter Asphalt“) schreitet voran, Ressourcen sind begrenzt und Bauprojekte sind langwierig, doch uns läuft die Zeit davon.



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