Eine kulturelle Institution setzt Maßstäbe – Kulturkreis hat „Stadtmarketing“ bereits umgesetzt

Kronberg
(hmz) – Wie schafft es jemand bei halbiertem Budget und einer gestrichenen Stelle, eine kulturelle Institution so auszugestalten, dass diese trotzdem über Jahre hinweg ein sehens- und hörenswertes Programm auf die Beine stellt und das Publikum sich dabei fühlt, als säße es tatsächlich immer in der ersten Reihe? Eine Antwort darauf kann Dorothée Arden, die Leiterin des Kulturkreises, geben, und es wird schnell klar, dass sparsames Haushalten nicht die Lösung aller Dinge ist. Hypothetisch gefragt, was eigentlich noch möglich wäre, wenn ihr finanzieller Spielraum besser ausgestattet werden würde – auch in diesem Punkt hat sie klare Vorstellungen. Erst recht, nachdem sie trotz der Einschränkungen durch Corona Mittel und Wege gefunden hat, das Kronberger Kulturrad weiter am Laufen zu halten. Es drehte sich in einer Zeit, „in der in Kronberg nichts mehr stattgefunden hat, und mir war klar, dass gerade in dieser Situation etwas passieren musste“, so Dorothée Arden. Dazu braucht es Kooperationen, und die findet sie etwa bei der Leiterin der Kronberger Lichtspiele, Vanessa Müller-Raidt, und den Kronberger Vereinen, die sie tatkräftig unterstützen. Mit ihren gemeinsamen Veranstaltungen wie dem Straßenfestival in der Altstadt und am Berliner Platz unter Beteiligung vieler Akteure und Akteurinnen „haben wir bereits ein gemeinsames Stadtmarketing umgesetzt, lange bevor es in Kronberg so bezeichnet wurde“, so Arden. Interessant dabei ist, dass dabei eine der Grundideen des Stadtmarketings Eins zu Eins auf die Vereinsebene umgemünzt und sehr erfolgreich umgesetzt worden ist: Je verwobener die einzelnen Strategien der Stadtentwicklungspolitik und je zielgerichteter die Maßnahmen sind, desto größer ist die Chance, keine Leuchtturmprojekte in die Welt zu setzen, sondern für nachhaltige Strahlkraft zu sorgen. Soviel steht fest: Dorothée Arden signalisierte in einem Gespräch die Bereitschaft, Ähnliches nach der erzwungenen Pause wieder zu etablieren. Das in dieser Zeit bereits entstandene „Kindertheater“ wird im Sommer fortgesetzt. Ihr Credo: Bereit sein, Neues zu wagen, sich auf Veränderungen einzulassen und so „ehrlich und flexibel sein, Erfolgloses zu beenden, wenn das Interesse deutlich abgeebbt ist. Kultur ist etwas Lebendiges, das ist, was der Mensch sagt, gestaltet oder macht. Sie bildet Gemeinschaft, gibt Anregungen und sie geht mit der Zeit.“ Kronberg biete mit seinen Kulturinstitutionen wie dem Museum der Kronberger Malerkolonie, der Burg und Stadthalle oder der Bühne im Park ein „open house“ und eine große Bühne, die „ mit einem durchdachten Spielplan und vielfältigen Programm zahlreiche Gäste in die Stadt holen könnte.“ Da müsste sich natürlich auch der finanzielle Rahmen weiten und über eine Erhöhung der derzeitigen Stundenzahl der Kulturkreisleiterin nachgedacht werden. Ihre Erfolgsbilanz ist jedenfalls nachvollziehbar und anerkannt. Sie ist eine Garantin für „Kassenschlager“. Eine ihrer Ideen war der Laternenweg, an den „anfangs niemand so recht glaubte. Die Skepsis war groß.“ Durch die szenischen Führungen der 1. Laienspielschar ist das Interesse derartig gestiegen, dass die Führungen bereits jetzt bis Juni ausgebucht sind. „Da Capo“ und „Die Kronberger Kulturnacht“ sind weitere feste Größen im Kronberger Kulturbetrieb. Ebenso die Weihnachtsausstellungen, die es seit dem Jahr 1969 gibt. „Nichts ist dabei festgeschrieben, und es liegt an mir, rechtzeitig Gewohntes, das sich aber überdauert hat, in eine neue Richtung zu schieben oder es ganz aufzugeben“, so Arden. Experimentierfreudigkeit und Neugier gehören wohl zu ihren typischen Eigenschaften, die sie sich in ihren 26 Jahren im Kulturbetrieb angeeignet hat. „Ich muss auch nervenstark sein und Stress aushalten können.“ Und Künstler und Künstlerinnen hätten so ihre eigenen Vorstellungen. Nicht selten müssten sie bis in ihren familiären Bereich organisiert werden, zudem gehe es um ihr Honorar oder die Unterbringung, wenn sie Gastspiele in Kronberg hätten.

Straßentheater

Als Dorothée Arden im Jahr 1997 als Praktikantin bei Anne Nasse anfing, stand für sie fest, dass ihr beruflicher Weg etwas mit Theater und Kleinkunstbühne zu tun haben musste, obwohl ihr Studienabschluss in den Fächern Romanistik, Kunstgeschichte und Archäologie nicht unbedingt darauf hätte schließen lassen. Bereits im Jahr 1995 war sie freiberuflich für das „tête-à-tête“ tätig, das größte internationale Straßentheater-Festival in Deutschland, das Rastatt in jedem Jahr in eine riesige Bühne verwandelt. Außer ihrem Organisationstalent waren auch ihre Kenntnisse in drei Sprachen gefragt, „als Mädchen für alles dolmetschte ich dann für die mehr als 180 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler. Dort lernte ich, für alles einen Blick zu haben, mir ein gutes Nervenkostüm zuzulegen und vor allem mit einem enormen Stresspensum umzugehen.“ Eine gute Basis für die neue Herausforderung in Frankfurt. Als Geschäftsführerin mit einem kleinen Team stampfte „ich dann das „Kabarett Änderungsschneiderei“, kurz „Die Käs“ genannt, in Frankfurt aus dem Boden.“ Das war eine Kleinkunstbühne, die inzwischen durch ihre politisch-literarischen Spitzen zur Institution wurde. Nach Kronberg zurückgekehrt entstanden die „Salonkultur“, ein „Festival der Künste“ und Stadtverordnete setzten sich für eine „Kulturinitiative“ ein. Das alles unter der Überschrift: „Damals.“ Die öffentliche Finanzierung von Kunst und Kultur gerät aktuell angesichts der prekären Haushaltssituation in vielen Städten unter zunehmenden Druck und mancherorts wird daher intensiv nach Wegen gesucht, wie auch bei begrenzten finanziellen Handlungsspielräumen der öffentliche Kulturauftrag erfüllt werden kann.

Der Kronberger Kulturkreis feiert in diesem Jahr sein 55-jähriges Bestehen und hat sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder den gestiegenen Erwartungen, Erfordernissen und auch Hindernissen angepasst, darauf reagiert und neue Konzepte entwickelt. Dorothée Arden ist sich sicher, dass sie weitere Konzepte auf den Weg bringen kann, wenn die Entscheidungsträger und -trägerinnen sie nur ließen. Die Corona-Pandemie hat die Kunst- und Kulturszene sehr gebeutelt. Etwas hilflos klangen die ermunternden Worte aus der Politik, die Szene werde kreative Lösungen finden. In Kronberg ist das zwar kleinteilig, aber immerhin gelungen. In dem Zusammenhang sei an ein Zitat erinnert: „Die Vollkommenheit einer Stadt hängt von den in ihr gepflegten Künsten ab.“ Dieser Satz des mittelalterlichen Gelehrten Albertus Magnus lässt sich auf die heutigen Verhältnisse etwa so übertragen: Eine Stadt wird erst durch Kunst und Kultur zur Stadt, eine Stadt ohne Kultur ist keine Stadt.

Die Kleinkunstbühne ist ein wichtiger Teil im Kulturprogramm.
Foto: Privat



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