Kronberg (pu) – „Als ich den vom Stadtjugendring Kronberg an den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und mich herangetragenen Vorschlag auf den Tisch bekam, Andreas Becker mit dem Ehrenbrief des Landes Hessens auszuzeichnen, sagte ich das persönlich sehr gerne zu. Im nächsten Moment kam mir direkt in den Sinn, so alt ist er doch noch gar nicht“, gewährte Landrat Ulrich Krebs anlässlich der vor wenigen Tagen stattgefundenen Feierstunde im Festsaal der Stadthalle schmunzelnd einen Einblick in seine Gedanken.
Reicht für ein ganzes Leben
In Ergänzung dessen erläuterte er in seiner Laudatio, in der Regel erhielten verdiente Bürgerinnen und Bürger diese Anerkennung in deutlich fortgeschrittenerem Alter, meist als Würdigung ihres Lebenswerks. Die Anregung, den 1971 geborenen Oberhöchstädter schon „mitten im Leben stehend“ zu ehren, sei dennoch mitnichten zu früh gekommen. Zum einen könne Andreas Becker längst die für die Würdigung mindestens notwendige zwölfjährige ehrenamtliche Tätigkeit in der kommunalen Selbstverwaltung oder in kommunalen Einrichtungen, in Vereinen mit kulturellen und sozialen Zielen oder in vergleichbarer Weise vorweisen. Zum anderen reiche die Fülle seiner bis dato freiwillig zum Wohl der Allgemeinheit geleisteten Aktivitäten, „bei normalen Bürgern für ein ganzes Leben!“
Der 1973 vom damaligen Misterpräsidenten Albert Osswald gestiftete Ehrenbrief des Landes Hessen würdigt besonderes ehrenamtliches Engagement im Bereich der demokratischen, sozialen oder kulturellen Gestaltung der Gesellschaft. Die Entscheidung über eine Verleihung obliegt Landrätinnen oder Landräten beziehungsweise den Oberbürgermeisterinnen oder Oberbürgermeistern, in deren Zuständigkeitsbereich die zu Ehrenden wohnen. Darüber hinaus kann der Hessische Ministerpräsident in eigener Zuständigkeit besondere Persönlichkeiten mit dem Landesehrenbrief auszeichnen.
Schatz für die Gemeinde
Dazu zählt zweifelsohne Andreas Becker, der schon in jungen Jahren in die Fußstapfen seiner im Ort für ihren herausragenden Einsatz für die Mitmenschen bekannten Eltern trat. „Wie der Vater so der Sohn“, brachte es Stefan Hans, der Vorsitzende des Ortsausschusses der St. Vitus-Gemeinde, auf den Punkt. Die Familie sei tief verwurzelt sowohl im Stadtteil als auch der katholischen Kirche. „Andi war schon von klein auf präsent, zunächst als Messdiener, 14 Jahre lang als Mitglied im Vorstand der katholischen Jugend von St. Vitus (KjG), als Jugendstufenleiter, Pfarrjugendleiter sowie als Schatzmeister“, warf Hans den Blick zurück. Später folgten mehrere Jahre im Pfarrgemeinderat, seit 1995 sei er als Kommunionhelfer tätig. „Du bist ein Schatz für die Kirchengemeinde und ein Meister deines Fachs bei der Kasse“, sang der Vorsitzende des Ortsausschusses ein großes Loblied.
Du bist geblieben
Ein offenes Ohr für die Belange von Kindern und Jugendlichen hat Andreas Becker als Mitglied im Vorstand des Stadtjugendrings Kronberg, davon 25 Jahre, einem Monat und 14 Tage als dessen Vorsitzender. Sein dortiger Werdegang auf Führungsebene begann laut Vereins-Urgestein und Ehrenvorsitzendem Reinhard Stein 1989 als Beisitzer, nur drei Jahre später übernahm er die Spitze, bis er den Staffelstab 2017 an seinen Nachfolger Alexander Ritschel weiterreichte, der heraushob: „Es gab viele Vereinsmitglieder, die kamen und gingen, aber du bist geblieben und stehst uns nach wie vor jederzeit mit Rat und Tat zur Seite!“
Seiner Zeit voraus
Unvergessen die von ihm initiierte nachhaltige Aktion zur Vermeidung von Plastikmüll, Keramikbecher von Kindergärten bemalen zu lassen und diese Trinkgefäße während des Kronberger Weihnachtsmarkts kostenpflichtig abzugeben. Nach wie vor gibt es zahlreiche örtliche und auswärtige Haushalte, die die begehrten Weihnachtsmarktbecher, die jährlich mit einem Motiv bedruckt wurden, wie einen Schatz hüten und auf ein Wiederaufleben dieser vor einigen Jahren wegen stark rückläufiger Nachfrage eingestellten Initiative hoffen. Einen ähnlichen Gedanken äußerte „Reiner“ Stein: „Manchmal ist man vor seiner Zeit, meines Erachtens könnte man diese schöne und vor allem nachhaltige Tradition wieder aufleben lassen!“ Mit Beckers Namen sind außerdem unter anderem von ihm organisierte Fahrten zu den Karl May-Festspielen oder nach Le Lavandou verbunden. Apropos französische Partnerstadt: Im Partnerschaftsverein Kronberg Le Lavandou ist er ebenso Mitglied wie in der Freiwilligen Feuerwehr 1891 Oberhöchstadt und bei den Freunden und Förderern der Kronberg Academy. Verheiratet ist der „Oberhöchstädter Bub“ mit Ehefrau Simone, das Paar hat einen 14-jährigen Sohn.
Nachdem die Stadt Kronberg im Taunus in Abstimmung mit dem Stadtjugendring Kronberg den Antrag samt Schreiben vom 17. April 2020 beim Land eingereicht hatte, war es nunmehr Bürgermeister Christoph König (SPD) und Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche (CDU) eine sichtliche Freude, den verdienten Kronberger Bürger zu würdigen.
„Lieber Andreas, im Namen der Stadt Kronberg im Taunus bedanke ich mich sehr herzlich für Dein besonderes ehrenamtliches Engagement zum Wohle der Stadt Kronberg im Taunus. Menschen wie Du sind Vorbilder für ehrenamtliches Wirken in unserer Gesellschaft. Die Verleihung des Landesehrenbriefs ist sichtbares Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung Deiner Tätigkeit“, unterstrich der Rathauschef, der anschließend dem neuen Träger der Landesbrief-Ehrennadel einen Präsentkorb mit kulinarischen Spezialitäten überreichte.
In der Burgstadt präsent ist der Oberhöchstädter in den letzten Jahren vor allem durch sein langjähriges politisches Wirken. Die Kronberger Politikkarriere des Diplom-Verwaltungswirts (FH), Betriebswirts (VWA), Fachstellenleiters Bereich Finanzen der Kreisverwaltung des Wetteraukreises und stellvertretenden Fachdienstleiters begann 1993 als Stadtverordneter (bis zum aktuellen Zeitpunkt) und Mitglied im Ortsbeirat Oberhöchstadt (bis 1997). Vor zwölf Jahren wurde er Nachfolger von Karl-Heinrich „Charly“ Hofmann als CDU-Fraktionsvorsitzender. In der aktuellen Legislaturperiode fungiert er als Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses. „Politisches Engagement ist ein spannendes, aber nicht nur Freude bereitendes Feld“, umschrieb es Landrat Krebs und spielte dabei auf die im letzten Jahr gescheiterte Hoffnung Beckers an, es als Bürgermeister auf den Rathauschefsessel zu schaffen. Nach verständlicher Enttäuschung habe er sich dennoch zum Weitermachen entschieden. Für diesen Schritt zollte ihm neben Krebs und Knoche auch CDU-Stadtverbandsvorsitzende Felicitas Hüsing Anerkennung. Des Weiteren lobte sie seine ausgleichende Art, seine Contenance. Chapeau Monsieur!
Zuletzt ergriff der Geehrte das Wort und bedankte sich zunächst bei Organisatorin Heike Stein für die liebevolle Vorbereitung der Veranstaltung. „Ehrenamtliches Engagement ist etwas Tolles, es macht Spaß, sich für die Gemeinschaft einzusetzen“, beschrieb er die Motivation, die ihn antreibt. An seinen Sohn und dessen Generation richtete er die flehende Bitte, es ihm gleichzutun. „Engagiert Euch für Vereine oder Politik, es geht um Eure Zukunft und Ihr werdet gebraucht!“
Musikalisch umrahmt wurde die würdevolle Zeremonie von Geigerin Ariane Dernbach und ihrer Mutter, der Dirigentin, Organistin und Pianistin Angela Gehann-Dernbach.