Leserbrief Aktuell

Unser Leser Walter Ried aus Kronberg schreibt uns zum Thema „Gedenken und Erinnern“:

Verba docent, exempla trahunt

Im Kronberger Bote vom 1. Februar berichtet Markus Göllner in seiner Titelgeschichte ausführlich über die Veranstaltung in der Stadtbücherei am 27. Januar anlässlich des Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus („International Holocaust Remembrance Day“ laut UNO). Zur Erinnerung: Am 27. Januar 1945 wurden die Zwangsinternierten des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, welche die dortigen extremen Torturen überlebt hatten, befreit. Darunter befanden sich sehr viele jüdische Menschen. Diesen Gedenktag zu begehen ist zweifelsohne nach wie vor eminent wichtig. Sehr gut und beeindruckend finde ich es, dass im Rahmen der Gedenkstunde am 27.1. Heranwachsende von der Kreisau-AG der Altkönigschule über ihre persönlichen Eindrücke berichteten, die sie während des Besuchs des Konzentrationslagers Groß-Rosen im heutigen Polen gemacht haben. Die „Reise“ ist den Jugendlichen in meinen Augen hoch anzurechnen. Und dennoch bleibt für mich ein fader Beigeschmack, weil es für mich nicht nachvollziehbar ist, dass es uns in Kronberg bislang trotz einiger Ansätze nicht gelungen ist, die Kleine Mauerstraße in der Altstadt wieder in Synagogenstraße zurück zu benennen. Kann das denn so schwer sein? Ein Zusatzschild an dem Straßennamensschild weist zwar daraufhin, dass die Kleine Mauerstraße bis zu ihrer Umbenennung durch die Nazis im Jahr 1935 den Namen Synagogenstraße trug, aber das ist meiner Meinung nach zu wenig, gerade in der jetzigen Zeit, in der Rechtsextremismus samt Antisemitismus leider wieder eine wachsende Anhängerschaft in der Bevölkerung findet. Sicherlich wäre es für die Bewohner der Kleinen Mauerstraße „nervig“, wenn sie eine neue bzw. wieder die ursprüngliche Adresse erhielten und deswegen viele amtliche Dokumente bis hin zu ihrem Pass entsprechend korrigieren lassen müssten, dennoch könnte mit der Rückbenennung der Straße in Kronberg ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt werden. Halten wir es daher mit den alten „Lateinern“, die schon vor 2000 Jahren dazu ermahnten: „Verba docent, exempla trahunt“ (Anmerkung der Redaktion: Aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt: Wörter belehren, Beispiele wirken)



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