Leserbrief

Unsere Leserin Ingeborg Strauß, Eichbühel, Kronberg, schreibt unter der Überschrift: „Glocken sind europäisches Kulturgut –2019 sind auch in Kronberg Glocken ein Thema“ Folgendes: Claus Harbers, Mitglied im Kronberger Verein für Geschichte, informierte in zwei Vorträgen über seine Forschungen zu säkularen und kirchlichen Kronberger Glocken.

Vom Herbstmarkt „kronberg|er|leben“ berichtete der Kronberger Bote, dass am gemeinsamen Stand unserer christlichen Kirchen Jeder seine eigene kleine Glocke gestalten konnte. So wuchs ein Glockenbaum.

Musikwissenschaftler ordnen Glocken in die Instrumentengruppe der Idiophone (Selbstklinger) ein. Ihre uns geläufigsten (metallenen) Vertreter sind Glocken, Schellen und Zimbeln. Woher kennen wir ihren rituellen Gebrauch? Das (auch heute noch) historisch-systematische Standardwerk „Alte Musikinstrumente in ihrer vieltausendjährigen Entwicklung und Geschichte“ des Frankfurter Musikwissenschaftlers Professor Wilhelm Stauder erschien 1973. Dankbar denke ich an die Zeit zurück, als ich daran mitarbeiten durfte. Aus der Fülle einschlägiger Anmerkungen zur „Glocke“ greife ich nur zwei auf.

Zur Zeitspanne Altertum/Nord- und Mitteleuropa heißt es: „Zahlreich sind die Funde von Glocken und Glockensymbolen, die häufig als Grabbeigaben Verwendung fanden und vorwiegend unheilabwehrende Bedeutung besaßen.“

Zur Zeitspanne Mittelalter ist gesagt: „Die Glocken finden als große Turm- und Kirchenglocken, als Glockenspiel, als Handglocken, Schellen, kleinste Glöckchen und Rollschellen Verwendung. Diese verschiedenen Instrumente gehören zwar instrumentensystematisch verschiedenen Gruppen an, sie wurden aber im praktischen Gebrauch des Mittelalters und in den Bezeichnungen kaum unterschieden. Nur die großen Turm- und Kirchenglocken hatten eigene Aufgaben zu erfüllen. Die kleineren Formen – Handglocken bis zu winzigen Glöckchen sowie Rollschellen – wurden oftmals für gleiche Zwecke benutzt. der jeweilige Gebrauch hing von der Größe des Instruments ab.“ Die Älteren unter uns erinnern sich sicher noch an die Mönche der hinduistischen Sekte „Hare Krishna“, die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts von ihrer Deutschlandzentrale Rettershof aus mit Glöckchen, Schellen, Zimbeln etc. auf unseren Straßen tingelten.

Im Internet werden fortlaufend Glocken jeder Art zum Kauf angeboten. Im vergangenen Jahr erwarb ich eine geschätzt 120 Jahre alte, in Belgien aus Messing gefertigte Sakristeiglocke: Betrachtet man die Verzierungen, erkennt man die Symbole der vier Evangelisten, darüber in Großbuchstaben die leicht korrumpierte Inschrift „VOCEM MEAM AUDI(T) (Q)UI ME TANGIT“, die besagt: „Der, der mich berührt, wird meine Stimme hören.“

Vertrauter sind uns die großen Glocken, die meist zu christlichen Kirchenbauten gehören. Im Kronberger Boten vom 11.05.2016 berichtete Hans-Jürgen Rieckmann über die Zeit, als er noch in Schönberg am Eichbühel wohnte: „Das damalige Geläut von St. Alban ist mir noch heute deutlich im Gedächtnis, ja, ich meinte sogar, diese Glocken leicht von allen anderen unterscheiden zu können. Dass das gerade an ihrer besonders „bescheidenen“ Qualität lag, konnte ich da noch nicht wissen. Aber diese Glocken bestanden nicht aus Bronze, sondern aus – Stahlguss. Das ursprüngliche Bronzegeläut hatte, wie vielerorts, im Weltkrieg Nr. 1 abgegeben werden müssen, es wurde für Kriegszwecke, zur Herstellung von Kanonen und Granaten, eingeschmolzen. ,Metallspende‘ nannte man dies zynisch. Als ich längst nicht mehr in Schönberg wohnte, wurden die Stahlglocken wieder durch ein schönes Bronzegeläut, das gebraucht angekauft werden konnte, ersetzt, aber wenn ich heute durch mein Heimatdorf gehe und vom Kirchturm die Glocken höre, ist und bleibt mir irgendwas fremd. Die Stahlglocken stehen heute neben der Kirche, nicht zuletzt auch den Nachgeborenen als Mahnung.“

Für den kommenden Samstag, 21. September, hat die EU-Institution SHARING HERITAGE (GEMEINSAMES ERBE) (https://sharingheritage.de/veranstaltungen/europaweites-glockenlaeuten-a...) von 18 bis 18.15 Uhr zum europaweiten säkularen und kirchlichen Glockenläuten am Weltfriedenstag aufgerufen.

Der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, das Kulturbüro der Evangelischen Kirche in Deutschland, das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken und das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK) rufen alle Glockenbesitzer auf, sich am europaweiten Glockenläuten zu beteiligen.



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