Leserbrief

Unser Leser Dr. Walter A. Ried, Höhenstraße, Kronberg, schreibt uns unter der Überschrift „Wo ist der dunkelhäutige König geblieben?“ Folgendes:

Auf dem Bild der Sternsinger aus Oberhöchstadt, das kürzlich im Kronberger Boten zu sehen war, fehlt der dunkelhäutige König. Vielmehr sind die drei abgebildeten Monarchen alle hellhäutig. Sicherlich wird „Blackfacing“, d.h. das Anmalen des Gesichts mit schwarzer Schminkfarbe, heute im Zeichen von „Black lives Matter“ zu recht sehr kritisch bis ablehnend gesehen. Andererseits symbolisieren die Heiligen Drei Könige seit langem in der katholischen Kirche die drei Erdteile, die einst bekannt waren: Afrika, Asien und Europa. Eine Rolle spielt dabei wohl auch das Alte Testament, in dem es heißt, dass nach der großen Sintflut die gesamte Menschheit von den drei Söhnen Noahs abstammen, welche die ehrenvolle Aufgabe hatten, die drei damals bekannten Erdteile wieder zu bevölkern. Die drei Könige sollen die Internationalität des Christentums im Zeichen des Weihnachtsfests vermittelt. Der afrikanische König, dunkelhäutig und meist jugendlich gezeigt, setzte sich ikonographisch erst im Hochmittelalter allgemein durch. Interessanterweise erscheinen im Gegenzug bei afrikanischen Krippen die drei Könige oft durchweg als dunkelhäutige Männer mit „subsaharischen“ Gesichtszügen. Ich glaube nicht, dass deswegen bei den Gläubigen der betreffenden Ortskirchen eine so heftige Diskussion, wie bei uns gerade, darüber geführt wird, ob nicht zumindest ein König mit weißer Hautfarbe daherkommen sollte. Ähnliches lässt sich bei Darstellungen aus Fernost feststellen: Ein Jesuskind samt Maria und Josef mit mandelförmigen Augen ist dort „normal“.

Durch den „Wegfall“ des Königs mit dunkler Hautfarbe, der dem Jesuskind heilkräftige Myrrhe schenkt, fällt für mich in gewisser Weise jetzt Afrika unter den Tisch, was für mich letztlich auch eine Art Diskriminierung bedeutet, wenn auch die Reduzierung Afrikas zugegebenermaßen auf die dunkelhäutige Hautfarbe unkorrekt bis problematisch ist. Wer hat eine bessere Idee der Darstellung? Andererseits handelt es sich bei den Dreien um hochangesehene, gleichberechtigte Könige und nicht kolonialistisch unterdrückte und weitgehend rechtslose Menschen. Keiner des royalen Dreiergespanns wird in der Weihnachtsgeschichte in irgendeiner Form privilegiert. Klar ist, dass die Geschichte zum Dreikönigsfest, bei der die ursprünglichen Magier oder Sterndeuter mit der Zeit zu Königen mutierten, ohnehin historisch nicht zu belegen ist, sondern vielmehr ein Produkt der reichen katholischen Erzähltradition darstellt, an dem noch heute viele Gläubige, wie ich, hängen. Von den vier Evangelisten erwähnt ohnehin nur Matthäus namenlose Weise (griech.: magoi), ohne deren Zahl genau anzugeben, die aus dem Morgenland zur Krippe kamen. Demnach konnten sie nur aus dem Osten, das heißt Asien, ins Heilige Land angereist sein. Deren Hautfarbe bleibt bei Matthäus unerwähnt, weil ihr keinerlei Bedeutung zukommt, und das ist sicherlich gut so. Vor Gott sind alle Menschen gleich, so wie sie geboren werden. Die australischen Aborigines und indigenen Amerikaner fallen bei der schönen Legende retrospektiv gesehen eh ganz unter den Tisch. Wären daher aktuell nicht eher mindestens fünf oder mehr königliche Vertreter, am besten männlich, weiblich und divers, kirchenpolitisch am korrektesten? Eine wirklich überzeugende Lösung beziehungsweise Darstellung, die allen Wünschen und Ansichten gerecht wird, wird in meinen Augen in Sachen „Drei Könige“ nie möglich sein. Sicherlich wird sich zukünftig das Aussehen der Könige weiterhin gemäß jeweiligen Zeitgeists ändern wie auch die gesamte Kirche ständigen Änderungen und Anpassungen unterliegt, auch wenn sich die katholische Zentrale im Vatikan dagegen oft heftig wehrt. Jede Zeit „baut“ sich nun mal ihre Kirche. Auf diese Weise ist es dieser Institution – gottlob – gelungen, seit nunmehr 2.000 Jahren zu bestehen.

Die Abbildung oben zeigt den dunkelhäutigen König in der Krippe von Sankt Peter und Paul. Mit seinem goldenen Ohrring sicherlich ein aktuell problematischer Stereotyp, der heute sehr kritisch gesehen wird.



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