Menschen, Bäume, Klimawandel – Eine nicht ganz einfache Angelegenheit des Miteinanders

Kronberg (mg) – Das Umweltreferat der Stadt und der Verein „Aktives Kronberg“ luden im September und Oktober dieses Jahres zu zwei informativen Veranstaltungen ein, die dazu dienten, mit der Bevölkerung ins Gespräch über Baumbestand und Zukunft von Bäumen im Stadtgebiet zu kommen und sich anschließend auszutauschen. Unterstützung kam ebenfalls vom Obst- und Gartenbauverein Kronberg und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Titel des Veranstaltungstandems war „Kronberg – morgen noch grün? – Nachhaltige Perspektiven für Kronbergs Parks und Gärten in Zeiten des Klimawandels“. In der Auftaktveranstaltung am 19. September im Kino Kronberger Lichtspiele kam zur Sprache, dass sich nach Ansicht der Leiterin des Umweltreferats der Kommune, Yvonne Richter, und des Gartenbauarchitekten Johannes Wolf das „Grün“ verändern muss, wenn es denn zukünftig im Stadtbild selbst noch existent sein soll. Ähnlich einer Veranstaltung im Kronberger Stadtwald mit Revierförsterin Carolin Pfaff und dem Klimaschutzmanager der Stadt Kronberg, Friedrich Horn, im Rahmen der Taunus-Klimatage (der Kronberger Bote berichtete in seiner Ausgabe vom 5. Oktober) wurde seitens Wolf kommuniziert, dass die Fichte definitiv kein Zukunftsmodell mehr sei, allerdings stellte er persönlich auch die Hainbuche in Frage, die aktuell vom Forstamt Königstein unter anderem im Wald gepflanzt wird, um die Eiche im neuen, dem Klimawandel angepassten Wald zu unterstützen. Baumarten mit glatter Rinde bekommen nach Aussage des Gartenbauarchitekten „leicht Sonnenbrand“. Die Stämme mit Kalk weiß zu tünchen sei ein aussichtloses Unterfangen, auch weil dies alle drei Jahre erneut geschehen müsse. Einige Baumarten würden zwangsläufig so oder so aus dem bisherigen gestalterischen Repertoire verschwinden.

Wurzelsysteme

Ein Schwerpunkt, den Johannes Wolf setzte, war das Erklären der verschiedenen Wurzelsysteme unterschiedlicher Baumarten. Im Groben unterscheidet man zwischen Flach-, Pfahl- und Herzwurzlern. Bei Flachwurzlern wie der Fichte sei die Ursache des Sterbens das Austrocknen des Wurzelsgrunds. Bei lange anhaltenden Dürreperioden sind lediglich – wenn überhaupt – nur noch die tieferen Schichten der Erdoberfläche feucht genug, um Bäume mit ausreichend Wasser zu versorgen. Einige Eschensorten, Amberbäume oder Felsen- und Feldahorne wären von Natur aus resilient genug, um mit den zukünftigen und veränderten klimatischen Bedingung zurecht zu kommen.

Bestandsaufnahme

Yvonne Richter erklärte den interessierten Bürgerinnen und Bürgern, dass in Kronberg 4.500 Bäume im Bestand zu finden seien, einhundert verschiedene Arten wären darin enthalten. Es handele sich um ungefähr 90 Prozent Laub- und zehn Prozent Nadelgehölz. Kritisch und gleichzeitig besorgt erwähnte die Leitung des Umweltreferats, dass nur fünf Prozent junge Bäume registriert seien, der übrige Baumbestand im Stadtbild bestünde aus einem Drittel mittelalter Bäume, und zwei Drittel sei Altholzbestand. Der durch den Klimawandel stattfindende intensive Sterbeprozess bei alten Bäumen sei mehr als augenscheinlich und bisweilen extrem. Ein umfangreicher und kostenintensiver Pflege- und Pflanzaufwand wäre auf kommunaler Seite die zwangsläufige Folge. Auch wenn viele junge Bäume nun im Bewusstsein, dass „etwas geschehen müsse“, gepflanzt würden, wäre es ein stückweit ungewiss, welche Baumarten „funktionieren würden“. Yvonne Richter betonte zudem, dass die Wasserversorgung der Jungbäume das grundlegende Problem darstelle. Es gehe letztlich um jeden Baum – egal, ob in städtischen Parks, privaten Gärten oder auch das „Begleitgrün des öffentlichen Straßensystems“.

Ausflug in den Victoriapark

Rund 50 Menschen trafen sich zum zweiten Teil der Veranstaltung. Johannes Wolf und Andrea Poerschke vom Verein „Aktives Kronberg“ führten dieses Mal durch die Veranstaltung. Von den Arkaden am Berliner Platz und dem benachbarten Schulgarten ging es über die Hainstraße in den Victoriapark. Es wurde unter anderem erklärt, dass während der Neugestaltung des Berliner Platzes der ungefähr 160 Jahre alte Mammutbaum und die Pyramideneiche im Schulgarten vom Hochtaunuskreis als streng schützenswert ausgewiesen wurden. Maßnahmen zum Erhalt seien zukünftig vorzunehmen. Beide Baumgenossen dienten der Klimaanpassung gerade im stark versiegelten Innenstadtbereich – genauso wie die Platane auf der anderen Seite der Arkaden. Bis zu 1.000 Liter Feuchtigkeit gebe ein sehr alter Baum ab und verbessere so deutlich das gefühlte Klima der Bürgerinnen und Bürger. Der Erhalt von Altbäumen sei ein wesentlicher Faktor, um nicht sehr kurzfristig auf eine klimatische Situation zu stoßen, die den Alltag der Menschen in Kronberg während der bevorstehenden klimatischen Veränderungen noch beschwerlicher mache, als er ohnehin schon werde. Im Victoriapark angekommen stellte sich die Frage, wie man unter parkpflegerischen Gesichtspunkten und dem gleichzeitig existenten Denkmalschutz des Victoriaparks die Herausforderungen des Klimawandels bewerkstelligen könne. Johannes Wolf erklärte, dass bereits ein reger Austausch der zuständigen Fachbereiche und Institutionen stattfinde und die Problematik auch beim Denkmalschutz angekommen sei. In der Zehntscheune fand der zweite Teil der Veranstaltung seinen Abschluss und es wurde dort noch munter weiter diskutiert.

Privater Baumbestand und Kosten

Ungefähr 150 Bäume findet man in privaten Gärten der Stadt Kronberg. Auch diese tragen positiv zum Stadtklima bei. Sie sind durch die Baumschutzsatzung der Stadt Kronberg geschützt, gleichzeitig tauchen bei privaten Baumeigentümern nun teure Probleme auf. Dies erläuterte anschaulich und mit vorhandenem Erfahrungsschatz Beate Grabowski, eine Besucherin der Veranstaltung. Man höre einem engagierten Baumschutzexperten zu, erklärte sie der Redaktion. Alle Möglichkeiten, die von seiner Seite aufgezeigt würden, funktionierten gewiss. Es gebe jedoch noch andere Perspektiven und Blickwinkel, was beispielsweise den privaten Baumbestand betreffe. Der Erhalt von großen Bäume auf privaten Grundstücken ziehe erhebliche Kosten nach sich. Zudem griffen groß gewordene Gehölze in alte Bebauungspläne ein und behinderten An-, Um- oder Neubauten bei knappem Wohnraum. Die Handhabe einer Baumschutzsatzung sollte ihrer Ansicht nach mit Spielraum angewendet werden, so dass sie von der Bürgerschaft mitgetragen werden könne. In diesem Zuge müssten Bebauungspläne der Stadt Kronberg dringend auf den Bestand mit geschützten Großgehölzen überprüft und bei Notwendigkeit angepasst werden. Ansonsten kollidierten im Nachhinein verschiede Rechte und Bedürfnisse. Beate Grabowski besitzt eine alte Eiche auf ihrem Grundstück, die sie seit ihrer Kindheit sehr schätzt, und möchte diese auch erhalten. Der Erhalt war in der Vergangenheit bereits nicht gerade günstig. Kostentreibende Auflagen würden ihr das zusätzlich erschweren, eine konkrete Hilfestellung seitens der Kommune werde ihr gleichzeitig nicht angeboten. Das sei die andere Seite des Baumschutzes.

Zwei Protagonisten des sehr alten Kronberger Baumbestands: Mammutbaum und Pyramideneiche Fotos: Göllner

Ein Holzgenosse in der Hainstraße

Teilnehmende des Rundgangs in Richtung Victoriapark

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