Mozarts populäres Klavierkonzert und die Wut über den verlorenen Groschen

Kronberg (pf) – „Danke für den wunderbaren Abschluss einer besonderen Woche!“ – mit diesen Worten bedankte sich Vorstandsmitglied Boris Quasigroch am Samstagabend beim Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim, seinem Dirigenten Aurélien Bello und Pianistin Gerlint Böttcher. Sie hatten ihr zahlreich erschienenes Publikum im Festsaal des Altkönig-Stifts unter dem Motto „Alle Wege führen nach Wien“ mit einer selten zu hörenden Serenade des irisch-amerikanischen Komponisten Victor Herbert und dem Konzert für Klavier und Orchester C-Dur, Köchelverzeichnis 467 von Wolfgang Amadeus Mozart erfreut und begeistert.

Victor Herbert, 1859 in Dublin geboren, gilt als Begründer der amerikanischen Operette. Eines seiner Werke, „Babes in Toyland“, wurde mit dem Komiker-Duo Laurel und Hardy unter dem Titel „Rache ist süß“ verfilmt. Anfang des 20. Jahrhunderts setzte er sich für die Rechte der Komponisten ein und gründete gemeinsam mit John Philip Sousa und Irving Berlin eine Verwertungsgesellschaft, deren Vizepräsident er viele Jahre war. Doch ehe er 1886 zusammen mit seiner Frau, der Sopranistin Therese Förster, die an der Metropolitan Opera engagiert war, nach New York ging und dort Karriere machte, studierte er in Stuttgart Cello und spielte in Wien in der Kapelle von Eduard Strauß.

Doch mit Wiener Walzerseeligkeit hat seine Serenade für Streichorchester op. 12, mit der das Konzert begann, nichts zu tun. Seine Serenade, laut Definition ein „heiteres abendliches Ständchen“ oder auch ein „suitenartiges Instrumentalstück“, erzählt in seinen fünf abwechslungsreichen Sätzen mit den Bezeichnungen Aufzug, Polonaise, Liebes-Szene, Canzonetta und Finale eher eine anrührende kleine Geschichte. Mozarts nach einer raschen Umbaupause folgendes C-Dur Klavierkonzert, das er als 29-Jähriger innerhalb von nur vier Wochen schrieb und mit großem Erfolg aufführte – sein Vater Leopold schrieb darüber an seine Tochter Nannerl: „Dein Bruder spielte ein herrliches Concert. Ich war hinten in den Logen und hatte das Vergnügen, alle Abwechslungen der Instrumente so vortrefflich zu hören, dass mir vor Vergnügen die Thränen in den Augen standen“ – spielte das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim allerdings nicht in der Originalfassung mit Holz- und Blechbläsern, sondern in der historischen Bearbeitung für Streichorchester des Beethoven-Zeitgenossen Ignaz Lachner.

Das tat jedoch dem mitreißenden Werk, in dem das Klavier auf höchst raffinierte Weise eingebunden ist und Zwiesprache mit dem Orchester führt, und mit dem zu Herzen gehenden betörenden Mittelsatz, der als Filmmusik im 1967 gedrehten schwedischen Film „Elvira Madigan“ international populär wurde, keinen Abbruch. Gerlint Böttcher, seit fünfzehn Jahren regelmäßig zu Gast im Altkönig-Stift, erwies sich wieder einmal als ebenso einfühlsame wie virtuose Pianistin, die die ganze Bandbreite ihres Könnens einsetzen und demonstrieren konnte.

Nachdem das begeistert applaudierende Publikum die Solistin und den Dirigenten mehrmals zurück auf die Bühne gerufen hatte, gab es noch eine ganz besondere Zugabe. „Wenn Sie noch etwas Zeit haben“, schmunzelte Dirigent Aurélien Bello, „haben wir etwas vorbereitet.“ Und dann erklang Beethovens berühmtes Klavierstück „Die Wut über den verlorenen Groschen“, wie man es so noch nie gehört hat, nämlich in einer vom Dirigenten arrangierten Fassung für Klavier und Streichorchester. Überraschender Ausklang eines rundum gelungenen Konzertabends.

Pianistin Gerlint Böttcher, Dirigent Aurélien Bello und das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim begeisterten Samstagabend ihr Publikum im Festsaal des Altkönig-Stifts.

Foto: Altkönig-Stift



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