Kronberg (kb) – „Sie ist sehr schön, aber immer kalt, wie ein Deutscher. Den Lungen fehlt es an Kraft“, so beschreibt der „Meister der Meister“ des französischen Orgelbaus, Aristide Cavaillé-Coll, die Walker-Orgel der Frankfurter Peterskirche.
Ein Grund mehr, der Wärme und Größe des französischen Orgelklangs zu lauschen. Denn Paris ist nicht nur die Stadt der Liebe, sondern insbesondere auch die Stadt der Liebe zur Musik. Frei nach dem Motto „Paris ist immer eine Reise wert“ hat Dekanatskantor Bernhard Zosel drei Orgeln ausgewählt und sechs junge Organisten und Organistinnen eingeladen, vier Tage lang nach Paris zu reisen, um französische Orgelliteratur auf den Instrumenten zu spielen, für die sie komponiert wurde. Auf dem Programm standen die Orgeln in Saint Séverin, Foyer de L’ame und Notre Dame des Champs. Im Vorfeld wurde im Orgelunterricht bereits fleißig französische Orgelmusik aller Epochen geübt und studiert, um die Besichtigung der Orgeln auch wirklich genießen zu können. „Der Anschlag einer Orgel sagt viel über die Interpretation des Stückes aus“, so Ferdinand Fahn, ehemaliger Schüler Bernhard Zosels und nun Student der Kirchenmusik an der Mainzer Musikhochschule. Am Ende jedoch entscheide der „bon gout“, der gute Geschmack, wie ein Stück zum Klingen gebracht werden müsse, so Fahn. Dieser gute Geschmack lässt sich nur an einem Instrument erlernen, das die Klangfarben, die der Komponist im Ohr hatte, auch ausdrücken kann. So begaben sich die Organistinnen und Organisten im Alter zwischen 13 und 53 Jahren auf eine Reise in die Welt der großen französischen Orgelmusik, spielten Werke von L.C. Clérambault, Jehan Alain, Maurice Duruflé, Louis Vierne und natürlich César Franck, dessen Grabstätte die Musiker und Musikerinnen auf dem Friedhof Montparnasse besuchten.
Die jüngste der Teilnehmerinnen, Anna Pauline Dückert, liebte besonders den Klang der Orgel in der kleinen und einzigen protestantischen Kirche in Paris, Foyer de L’ame: „Ich könnte stundenlang auf dieser Orgel spielen“, schwärmte sie und blickte zu den Improvisationen ihrer Kollegen auf. Auch David Kreuter kostete jede Minute an der Orgel aus und saß auch nach fünf Stunden Orgelbesichtigung noch in den Klang versunken an der Orgel von Charles Mutin Cavaillé-Coll, dem Nachfolger des großen „Meisters“.
„Leider sind die Pariser Orgeln nicht so leicht zugänglich“, so Zosel, doch er sei froh, zumindest drei so wunderbare Orgeln vorstellen zu können. Auch wenn sich nicht bei allen der zahlreichen weiteren Instrumente die Gelegenheit bot, sie zu spielen, so konnten doch einige Klänge in Konzerten und Gottesdiensten vernommen werden, wie z.B in St. Sulpice, wo die größte der Orgeln des Orgelbauers Cavaillé-Coll steht.
„Allein die Kirchen waren die Reise wert“, so Philipp Schreck, der sich nicht nur für die Musik, sondern ebenso für die Architektur und Malerei interessiert. Der Gymnasiallehrer zeigte sich vor allem begeistert von Notre Dame des Champs, wo die bildliche Darstellung des Lebenswegs Marias eine weltweite Besonderheit ist. Auch die Orgel imponierte in Notre Dame des Champs. Die im Jahr 1877 von Cavaillé-Coll erbaute Orgel inspirierte die Musiker ganz besonders. Der Organist Lars-Simon Sokola, ebenfalls ehemaliger Schüler Zosels, hatte die musikalischen und spieltechnischen Fähigkeiten, das volle Potenzial der Orgel auszuschöpfen und mit einer Toccata von Duruflé meisterhaft zum Klingen zu bringen.
Alle Teilnehmer der Orgelfahrt verbindet die Liebe zur Orgel, sei es als „Dilettant“, als einfacher Liebhaber, wie das Wort ursprünglich gedacht war, oder als angehender Kirchenmusiker und Organist. Alle Teilnehmenden sind oder waren Schüler bei Bernhard Zosel, so auch die Ärztin Ulrike Pflaumer, die in ihrer Freizeit nicht nur an der Orgel sitzt, sondern ebenfalls im Chor in St. Johann mitsingt oder auch mal am Klavier begleitet. Alle Mitreisenden dieser dritten Orgelfahrt unter den Fittichen Bernhard Zosels waren begeistert und inspiriert und freuen sich auf die weiteren Fahrten, die bereits in Planung sind. „Irgendwann fahren wir dann nach Brasilien“, so Zosel; denn auch hier stehen Instrumente berühmter Orgelbauer wie Arp Schnitger, welchen die Organisten und Organistinnen bereits von ihrer letzten „Orgelfahrt“ nach Hamburg kennen. Wir dürfen gespannt sein – denn für die Königin der Instrumente ist bekanntlich kein Weg zu weit.