Von Pinguinen, Meeresrauschen und Stille – Eckart von Hirschhausen zu Gast im Casals Forum

Kronberg (pf) – Dass das Publikum im vollbesetzten Großen Saal des Casals Forum einmal geschlossen aufstehen und gemeinsam singen würde, das hätte wohl niemand für möglich gehalten. Dem Arzt, Wissenschaftsjournalisten und Bestsellerautor Eckart von Hirschhausen aber gelang genau das am Montagabend vergangener Woche bei seinem Bühnenabend im Rahmen des Kronberg Academy Festivals gleich mehrmals. Seine Verlockung, der niemand widerstehen konnte: „Später einmal können Sie sagen, Sie hätten 2025 im Kronberger Casals Forum vor 500 Leuten gesungen!“

Mitgebracht zu seinem unterhaltsamen, aber auch nachdenklich machenden Abend hatte er den Pianisten und Komponisten Christoph Reuter und die Cellistin Tanja Tetzlaff. Die hatte ihrerseits mit zwei Studierenden der Kronberg Academy, dem Geiger Elias David Moncado und dem Bratschisten Wassili Wohlgemuth, den vierten Satz aus dem sechssätzigen und gut 40 Minuten dauernden Divertimento für Streichtrio von Wolfgang Amadeus Mozart einstudiert und präsentierten ihn dem Publikum. Das Werk ist höchst virtuos und galt lange Zeit als unspielbar. „Es proben sich die Leute bei diesem Stück die Seele aus der Brust“, meinte einmal ein Geiger in einem Interview und ergänzte: „Der vierte Satz, ein Andante mit Variationen, schickt ein scheinbar simples Thema durch Himmel und Hölle.“

Weniger um Himmel und Hölle als vielmehr um seelische und planetarische Gesundheit und ihre Verbindung zur Musik ging es dem Arzt Eckart von Hirschhausen. Denn schon im Mutterleib hören Kinder nicht nur den rhythmischen und beruhigenden Herzschlag der Mutter, sondern ebenso Lieder, die sie singt. Auch Wale, erzählte er, kommunizieren über Gesänge. Sogar Pinguine, die ihr Leben lang einander treu sind, erkennen sich in ihren Kolonien, wo einer genauso aussieht wie der andere, an den Tänzen und Liedern wieder, mit denen sie sich voneinander verabschiedet haben, ließ er das Publikum wissen. Zum großen Orchester der Natur mit ihrem Artenreichtum gehören Gesänge der Vögel ebenso wie Melodien der Korallenriffe, die er von seinem Laptop abspielte, oder das Quaken von Kröten, die jedoch ein einziges Flugzeug, das über sie fliegt, für eine Dreiviertelstunde aus dem Takt bringen kann. Auch dafür hatte er ein Tonbeispiel parat. Und wenn Bienen bei der Produktion von Honig Mindestlohn erhielten, rechnete er vor, würde ein Glas Honig 300 000 Euro kosten.

Aber auch die Heilkräfte der Natur konnte er mit einem Tonbeispiel hörbar machen: Den Ruf des Kuckucks, dann einen Kuckucksruf begleitet vom Ticken eines Geigerzählers, aufgenommen in Tschernobyl, wo sich die Natur nach der Nuklearkatastrophe im April 1986 das verstrahlte Gebiet längst wieder zurückerobert hat. Sie wird auch die rasant steigende Erderwärmung überstehen, aber für die Menschen wird es dann gefährlich.

Die Heilkräfte der Musik, seit Jahrtausenden bekannt, können zudem Trost und Hoffnung geben. Wichtig aber sei auch die Stille. Der amerikanische Komponist John Cage verstand Stille nicht als Abwesenheit von Klang, sondern als die Gesamtheit aller Geräusche, die die Umgebung erzeugt. Wie das Öffnen und Schließen des Klavierdeckels, was Christoph Reuter am Flügel vorführte. Oder Meeresrauschen, das wiederum vom Laptop erklang. Franz Schuberts Lied „Leise flehen meine Lieder durch die Nacht zu Dir“ spielten danach einfühlsam Tanja Tetzlaff und Christoph Reuter.

Auf Eckart von Hirschhausens Frage: „Wie spielt man Luft?“ intonierten sie den Frühling von Antonio Vivaldi. „Und Wasser?“ Dazu fiel ihnen Franz Schuberts Lied von der Forelle ein. „Und wenn Sie Mähroboter und Laubbläser weglassen, freuen sich auch ihre Nachbarn“, wandte er sich ans Publikum. Zum Schluss durften alle im Saal noch einmal aufstehen und das Herbst- und Erntelied „Hejo, spann den Wagen an“ als Kanon singen.

Um die Heilkräfte der Musik für körperliche, seelische und planetarische Gesundheit ging es Pianist Christoph Reuter, Cellistin Tanja Tetzlaff und Arzt Eckart von Hirschhausen im Casals Forum.

Eckart von Hirschhausen Fotos: Thilo Ross

Weitere Artikelbilder



X