Robert Siedlers Erbe und eine Dauerfehde –Eine E-Mail sorgte für Wirbel im Stadtparlament

Kronberg (hmz) – Für die meisten Stadtverordneten kam die „persönliche Erklärung“ von Walter Kiep (FDP) im Rahmen der jüngsten Parlamentssitzung wohl überraschend. Die Mitglieder des Ältestenausschusses, das Gremium hatte kurz zuvor getagt, war über die Brisanz des Inhalts informiert und es gab wohl Stimmen, Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche (CDU) davon zu überzeugen, Kieps Stellungnahme nicht zuzulassen. Der Grund: Es sei vielmehr eine politische als eine persönliche Erklärung. Warum Walter Kiep sie dennoch vortragen konnte, war wohl auch Thema in der jüngsten Magistratssitzung.

Kieps Ausgangspunkt war eine E-Mail von Robert Siedler, die am Ende seiner Amtszeit den Stadtverordneten, dem Magistrat und schließlich auch der Bauaufsichtsbehörde des Hochtaunuskreises, respektive dem Ersten Kreisbeigeordneten Thorsten Schorr, zuging. In diesem Brief ist der FDP-Abgeordnete allerdings mit keinem Wort erwähnt, vielmehr scheint es so, dass Siedler ein sehr persönliches Fazit aus einem offenkundigen Zerwürfnis zwischen ihm und der Bauaufsichtsbehörde des Hochtaunuskreises gezogen hat. Siedler bezog sich dabei auf einen „offenen Brief“ aus der Behörde Anfang des Jahres „und die Art der Weiterleitung durch den Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche“.

Explizit warf Siedler in dieser E-Mail der Bauaufsicht Eingriffe in die Planungshoheit der Stadt Kronberg vor und weiter: „Diese äußerst infantile Darstellung eines internen Verwaltungsvorgangs war unsäglich und die gewählte Form des offenen Briefes zeugt von einer Unbeholfenheit des Ersten Kreisbeigeordneten, die seinesgleichen sucht. Aber auch die prompte, unreflektierte Weiterleitung an die Stadtverordneten durch den Stadtverordnetenvorsteher kann ich mir nur durch die interne Parteiräson erklären.“

Das konnte und wollte Kiep, der sich, seinen eigenen Worten nach, in „einer Dauerfehde mit Robert Siedler befand“, so nicht im Raum stehen lassen und wertete dessen Ausführungen als einen „Schlag unter die Gürtellinie“. In seinen Augen habe der ehemalige Erste Stadtrat „verbrannte Erde hinterlassen“ und dafür nannte er Beispiele: Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt hätten es Siedler zu verdanken, dass sich auch nach sechs Jahren in Sachen „bezahlbarer Wohnraum“ nichts getan habe und die Realisierung des Projektes aufgrund der gestiegenen Kosten und Zinsen sowie der sich verschlechternden finanziellen Situation der Stadt gefährdet sei. „Was haben wir alles im Wahlkampf diesbezüglich versprochen und zwar mit der festen Überzeugung, es auch umsetzen zu können“, so Kiep.

Ein zweites Versäumnis sei der Bau der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge im Grünen Weg. „Dieses Projekt allerdings bietet die Möglichkeit, Siedler persönlich haftbar zu machen. Er hat eine zwei Jahre laufende Baugenehmigung für die Gemeinschaftsunterkunft verfallen lassen. Durch dieses Unterlassen entsteht der Stadt und ihren Bürgern aufgrund gestiegener Baukosten und Verwaltungskosten ein Schaden im hohen sechs- oder sogar siebenstelligen Bereich.“ Siedler habe diese Entwicklung und die Konsequenzen „hieraus in Kauf genommen. Der Jurist redet hier von grober Fahrlässigkeit und dafür haftet Siedler persönlich“.

Zur Erinnerung: Das Projekt wurde durchaus kontrovers diskutiert. Nach einem Magistratsbeschluss wurde deutlich, dass das Projekt nicht weiter verfolgt werden sollte. Die Baugenehmigung für die Gemeinschaftsunterkunft ist inzwischen erloschen. Siedler nannte damals mehrere Gründe für das Aus: Schon lange sei absehbar gewesen, dass der vom Parlament gesetzte finanzielle Rahmen von 2,3 Millionen Euro nicht eingehalten werden könne, die Kosten lagen zu dieser Zeit bereits bei 2,8 Millionen Euro. Nach heutigen Maßstäben könnte jetzt womöglich eine drei vor dem Komma des Betrages stehen. Die seinerzeit mit dem Hochtaunuskreis angestrebte Betriebsvereinbarung ging „von einer Kostendeckung aus, die wegen der gestiegenen Baukosten jedoch nicht zu realisieren ist“, so Siedler damals. „Die Ausschreibung hat kein einziges Angebot hervorgebracht. Offenbar lässt sich das Gebäude im vorgegebenen Rahmen nicht wirtschaftlich bauen“, so Siedler vor fünf Jahren. Der damalige Bürgermeister Klaus Temmen machte auch das überlange Verfahren für das Scheitern des Projektes verantwortlich. Er bezifferte die bereits für Planungsleistungen und die Vorbereitung der Ausschreibung verursachten Kosten auf 200.000 Euro, die abgeschrieben werden mussten.

Thema im Magistrat

Woraus sich für Walter Kiep eine persönliche Haftung Siedlers herleitet, ist für einige Mandatsträger nicht ganz schlüssig. Auf Nachfrage hieß es aus Magistratskreisen, dass Kieps Vorwürfen nicht weiter nachgegangen werde. Die Baugenehmigung sei zwar erloschen, es seien aber ein Bebauungsplan aufgestellt und ein Bauantrag gestellt worden. Es müsse, so heißt es weiter, allerdings berücksichtigt werden, wie sich die Kostensteigerung entwickelt.

Die Liste äußerst komplexer Bauvorhaben und Sachverhalte des Ersten Stadtrats Heiko Wolf wird immer länger und es wird an ihm liegen, auch die Wogen in der Bauaufsichtsbehörde des Hochtaunuskreises zu glätten.



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