Kronberg (pu) – Laut Statista-Infografik sind weltweit mehr als 40 Prozent der Insektenarten vom Aussterben bedroht. Neben dem Bienenschwund ist von 53 Prozent Rückgang der Schmetterlingsarten und knapp jeder zweiter Käferart die Rede. Sowohl in diesem Zusammenhang als auch generell in puncto Klimaschutz hat das Thema Vermeidung von Lichtverschmutzung an Bedeutung gewonnen.
Dark-Sky-Community
Dies vor Augen werben die Fraktionen von FDP und Bündnis90/Die Grünen aktuell für einen Parlamentsbeschluss, der auf die Erarbeitung einer Licht- beziehungsweise Beleuchtungssatzung durch den Magistrat der Stadt Kronberg im Taunus nach dem Vorbild der Stadt Fulda zielt. Der Entwurf soll wiederum den Gremien zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Bei der Erstellung sollen die Umweltverbände mit dem Zweck konsultiert werden, Kronberg zu einer „Dark-Sky-Community“ (DSC) zu machen.
Das sind Gemeinden, Städte oder Kommunen mit außergewöhnlichem Engagement für den Schutz und Erhalt des natürlichen Nachthimmels. Erreicht werden kann das unter anderem durch Umsetzung und Durchsetzung von Qualitätslichtstandards, Dark Sky Bildung und -vermittlung sowie Einwohnerunterstützung. Nach Erkenntnissen der Umweltschützer beeinträchtigt viel und falsch gerichtetes Licht, das zudem ungünstige Lichtfarben aufweist, das Leben vieler nachtaktiver Arten. Betroffen sind nicht nur Insekten und Pflanzen, sondern auch die Menschen durch Störung des Schlafs und der Gesundheit.
Nach Erläuterung der Antragsteller von FDP und Bündnis90/Die Grünen können durch beleuchtete Straßen und Wege für Tiere Barrieren entstehen, die zu fragmentierten Biotopen führen. Bei Singvögeln sei beobachtet worden, dass diese ihre Eier im Einflussbereich von Straßenleuchten früher im Jahresverlauf ablegen, was dazu führen könne, dass der Futterbedarf der Jungen nicht zeitgleich mit der größten Verfügbarkeit des Futters einsetzt.
Standort- und bedarfsgerecht
Zur Vermeidung von Lichtverschmutzung schlagen die Antragsteller vor, künstliches Licht nur noch standort- und bedarfsgerecht (Gehsteig und Straßen) einzusetzen. Durch Lichtreduzierung leiste man zudem einen wertvollen Beitrag zur Energie- und CO2-Einsparung. Eine Richtlinie könne außerdem privaten Bauherren und Planern sowie Geschäftsleuten und Gewerbetreibenden wichtige Handreichungen für eine energiesparende, klimafreundliche Lichtoptimierung bieten. Als Beispiel, Urbanität und Ökologie in besseren Einklang zu bringen, nennen FDP und Bündnis90/Die Grünen präsenzabhängige Steuerung (Parkplätze) und „mitlaufendes“ Licht. Die Stadt Fulda hat das Ziel der „Dark-Sky-Community“ bereits erreicht. Durch die Nähe zum Sternenpark UNESCO-Biosphärenreservat Rhön startete man dort schon früh mit einer „nachtfreundlichen“ Beleuchtung.
„Dunkel“-Turm
Wohlwissend um die unmittelbare Nachbarschaft zum permanent leuchtenden Frankfurt
soll sich Kronberg nach dem Vorschlag der Antragsteller ebenfalls auf den Weg zur „Dark-Sky-Community“ begeben, um damit ein Zeichen zu setzen, dass in jeder Region etwas gegen Lichtverschmutzung getan werden kann und muss. Kronberg könne mit diesem Ziel ein „Dunkel“-Turm in RheinMain und Vorbild für andere Gemeinden in Ballungsgebieten werden.
Reaktionen des Bauausschusses
So logisch und unproblematisch dieses Ansinnen auf den ersten Blick klingen mag, birgt es doch Kompliziertheiten bei der Abwägung der unterschiedlichen Interessen. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) wurde jedenfalls offenkundig: Die Vermeidung von Lichtverschmutzung ist das eine, das andere das Sicherheitsgefühl im öffentlichen Verkehrsraum.
Darüber hinaus zeigten sich unterschiedliche Auffassungen zur Umsetzungsform. Nach Aussage des SPD-Stadtverordneten Hans-Robert Philippi wollen die Sozialdemokraten den Gedanken Lichtverschmutzungsvermeidung mittragen, jedoch nicht über eine Satzung, sondern über ein Lichtschutzkonzept. „Eine Satzung müsste dezidiert vorschreiben, was zu tun und zu lassen ist. Das vorher auszuarbeiten kostet Zeit und Geld. Wir halten daher im Bestreben einer möglichst zeitnahen Umsetzung ein Konzept für sinnvoller und machbarer!“
Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos) hob heraus, durch den Einsatz der neuen LED-Technologie im Stadtgebiet werde in Sachen Energieeffizienz schon viel getan. Seiner Einschätzung nach bergen unter anderem den Victoriapark betreffend die gegenteiligen Interessen – Sicherheitsgefühl der Bürger auf der einen Seite und Rücksicht auf Insekten auf der anderen – Gefahr für Streitpotenzial.
Im Ergebnis lehnten die ASU-Mitglieder einen Änderungsantrag (KOMPASS-Berücksichtigung) der Unabhängigen Bürgergemeinschaft (UBG) ab, während sich für den FDP/Bündnis90/Die Grünen-Antrag fünf Mitglieder bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung aussprachen. Eine finale Entscheidung wird nach vorheriger weiterer Diskussion in der kommenden Sitzung des Stadtparlaments am Donnerstag, 7. April, getroffen.