Kronberg (pu) – Mit jeweils der 19-stimmigen Mehrheit der Fraktionen von CDU, SPD, UBG und Teilen der FDP bei zwölf Gegenstimmen von Bündnis90/Die Grünen, KfB und einem FDPler wurde am 18. April letzten Jahres die Aufstellung der Bebauungspläne Nr. 157 „Am Auernberg“ und Nr. 158 „Am Kronberger Hang“ zwecks Neuentwicklung von Gewerbeflächen (Drucksachennummer 5228/2024) beschlossen. Vorausgegangen war die aus dem Juli 2023 datierende Grundsatzentscheidung zur Schaffung eines Gewerbeflächenangebots insbesondere für heimische Unternehmen und Betriebe auf Grundlage der „Machbarkeitsstudie Gewerbestandortentwicklung“ sowie die Einigung auf Entwicklung erster Konzepte zur Transformation des Procter & Gamble-Firmenareals (DS.-Nr. 5181/2023).
Nächster Schritt
Darauf fußt als nächster Schritt der vom Magistrat eingebrachte Antrag (Vorlagennummer 5295/2025) für die von ihm favorisierte Vorzugsvariante des "Städtebaulichen Rahmenplans Gewerbe im Bereich Kronberg Süd“ samt Empfehlung an das Parlament, diese heute Abend abzusegnen. In Vorbereitung dessen hat das Fachreferat Stadtplanung des Fachbereichs Stadtentwicklung und Umwelt mit dem international agierenden namhaften Planungsbüro AS + P Albert Speer + Partner GmbH einen Partner an die Seite geholt, der getreu seiner Maxime „think ahead“ (vorausdenken) das insgesamt circa 35 Hektar große Areal zur Ausarbeitung zukunftsfähiger Lösungen in den Blick genommen hat. Das vorliegende Konzept stellten zwei Mitarbeiterinnen des Büros in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) vor.
Aufgabenstellung
Die ins Aufgabenheft geschriebenen Zielsetzungen für das künftige Gewerbeareal „Kronberg Süd“ umfassen demnach Wettbewerbsfähigkeit durch qualitativ hochwertige Entwicklung sowie gute Arbeitsplatzqualität und -gestaltung. Nicht minder Gewicht wird auf die nachhaltige Entwicklung mit Ressourcenschonung, Vernetzung und Förderung der Intermodalität gelegt. Ein besonderes Augenmerk gilt des Weiteren sowohl der qualitativ hochwertigen Freiraumgestaltung, Biodiversität, Freizeit und Erholung als auch der Vernetzung und weichen Übergänge zur Kronberger Landschaft. Neben der Flexibilität für bestmögliche räumlich-funktionale Voraussetzungen für künftige Nutzer steht die unabhängige Entwicklung der Teilbereiche, sodass zeitnah begonnen werden kann, auf dem Aufgabenzettel.
Planungsziel
Erklärtes Planungsziel ist es laut Stadtplanung und Planungsbüro, eine aufeinander abgestimmte, qualitativ hochwertige Entwicklung der Flächen mit optimaler Flexibilität und räumlicher Funktionalität für bestehende und zukünftige Nutzer abzubilden.
Die Flächen des circa 35 Hektar großen Rahmenplangebietes sollen in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplatzqualitäten, Freiraumentwicklung und Klimaanpassung zeitgemäß entwickelt werden.
Gleichzeitig gelte es, die verkehrliche Erschließung der Flächen zu optimieren und zu verbessern. Unter Berücksichtigung unterschiedlicher planerischer Ausgangslagen und Zielsetzungen wurden für die Teilflächen „Am Auernberg“ und „Procter & Gamble-Areal“ Varianten erstellt. Auf Basis dieser leitet sich die Vorzugsvariante ab, die nun zur Beschlussfassung vorgelegt wird.
Teilgebiet „Procter & Gamble-Areal“
Laut Erstem Stadtrat Heiko Wolf (parteilos) datieren die zuletzt mit Procter & Gamble (P&G) geführten Gespräche aus dem November letzten Jahres. Nach wie vor gebe es nichts Neues für die Öffentlichkeit zu berichten. Man wisse jedoch, „dass die Planungsprozesse langsamer vorangehen als gedacht und ein Ende der Entwicklung noch nicht absehbar ist.“ Bekanntlich hatte das Unternehmen vor zwei Jahren mitgeteilt, seine 2.500 Beschäftigten in der Region am Standort in Schwalbach am Taunus zu vereinen. Dafür seien Um- und Neubauten erforderlich. Einzig das Braun Werk soll nach aktuellem Stand der Dinge am Standort Kronberg verbleiben. Nichtsdestotrotz will die Stadt Kronberg mit den „eigenen Plänen voranschreiten“.
Um auf unterschiedliche Flächenbedarfe von P&G reagieren zu können, sei aus verschiedenen Varianten eine Vorzugsvariante abgeleitet, die als Grundlage für die weiteren Abstimmungen mit P&G diene.
Aufbauend auf der bestehenden Erschließungsstruktur des Gebietes besteht die Vorzugsvariantengrundidee in einer zentralen, innenliegenden, sogenannten multicodierten Achse, die zur Erschließung der Baufelder und Etablierung einer „Promenade“ dient. Belebende Nutzungen zur Versorgung des Gebietes und der Freiraum- und Erholungsnutzung können sich daran angliedern.
Dabei wird eine qualitätvolle Campus-Struktur mit gemeinsamer Mitte und urbanem Freiraum mit attraktiver Adressbildung und gleichwertig nutzbaren Baufeldern erreicht. Von drei- bis viergeschossigen Gebäuden war die Rede, für bauliche Akzente an prominenten Stellen unter Umständen auch mal sechsgeschossig.
Bei gleichzeitigem Erhalt der bestehenden Erschließung parallel zur Frankfurter Straße können nicht nur die Baufeldbreiten, sondern auch die Baufeldtiefen flexibel an die unterschiedlichen Anforderungen der in diesem Teilbereich vorgesehenen Nutzungen aus dem Dienstleistungs-, Forschungs- und Entwicklungssektor angepasst werden.
Anbindung
Die Anbindung des Gebietes erfolgt in der vorliegenden Variante über die bestehende Zufahrt an der Frankfurter Straße und mit Öffnung des Areals, zu Gunsten der Verteilung der Verkehre, zusätzlich über die Eschborner Straße und Westerbachstraße. Die Verknüpfung zur Bestandsbebauung „Palais Kronberg“ und „Westerbachcenter“ ist mittels eines grünen Gelenkes vorgesehen, an das sich der zentrale Mobilitätshub angliedert. Als Hochgarage, Fahrradabstellanlage oder beispielsweise Car-Sharing-Depot stellt dieser den zentralen Quartiers- und P+R-Parkplatz dar und soll die bestehende P+R-Fläche nordwestlich der Sodener Straße ersetzen.
Über die bestehende Zufahrt an der Frankfurter Straße und zusätzlich auch über die Westerbachstraße erschlossen, ist die Lage optimal mit direktem Zugang zum S-Bahn-Haltepunkt „Kronberg Süd“ gewählt.
Der neue Standort lässt für die P+R-Nutzer ein fußläufiges Überqueren der Sodener Straße und der Bahnschienen sowie unnötige Wartezeiten am Bahnübergang entfallen und erhöht die Sicherheit. Das dann freiwerdende P+R-Grundstück kann einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden.
Teilgebiet „Am Auernberg“
Für den Standort „Am Auernberg“, der nach aktuellem Stand der Dinge als schnellstes entwickelt werden könnte, ist die Ansiedlung von Branchen aus dem Forschungs- und Dienstleistungssektor im Bereich der Landesstraße L 3015 angedacht. Im südlichen, topographisch weniger bewegten Teil des Gebietes sollen Flächen für Handwerksbetriebe bereitgestellt werden. Die Regionalparkroute wird entlang der östlichen Gebietsgrenze geführt und bildet den Übergangsbereich zum Westerbachtal.
Zentrale Idee ist die Erschließung des Gewerbegebietes durch Anschluss an den bestehenden Halbknotenpunkt „Accenture“ (würde durch Spiegelung zum Vollknotenpunkt). Die neue Erschließungsstraße schließt im weiteren Verlauf über einen Verschwenk an die bestehende Straße "Am Auernberg", die im vorderen Teilbereich zurückgebaut werden kann. Aus verkehrlicher Sicht wäre durch das Verlegen der Einmündung in das Gebiet „Am Auernberg“ und die damit entstehenden größeren Abstände zum Bahnübergang eine deutliche Verbesserung der Ein- und Ausfahrtsituation geschaffen.
Gleichzeitig kann das Überqueren der Landesstraße L 3015 für Fußgänger und Radfahrer deutlich sicherer gestaltet werden.
Nach Aussage von Erstem Stadtrat Wolf muss die Überwindung des Höhenunterschiedes zwischen der neuen Einfahrtsstraße und dem Anschluss an die Straße "Am Auernberg“ verkehrstechnisch noch geprüft werden.
Aus städtebaulicher Sicht trete die Gestaltung eines qualitätvollen Stadteinganges und Ortsrandes zugunsten einer verkehrlichen Verbesserung zurück.
Teilgebiet „Kronberger Hang“
Im Wesentlichen bestimmt sich die Einteilung der Baufelder entsprechend der Grundstücksausformung und erforderliche Einhaltung der Abstandsflächen von 20 Metern zur Landesstraße L 3005. Die Anbindung des Gebietes erfolgt über den Knotenpunkt „Kronberger Hang“ und zur Verteilung der Verkehre zusätzlich über einen Anschluss an den bestehenden Kreuzungspunkt Eschborner/Frankfurter Straße L 3005.
Die Erschließung der Baufelder erfolgt über die dem Gewerbegebiet Schwalbach zugewandte Seite. Die bestehende Straße wird verbreitert und mit einer vorgelagerten Zone (zum Beispiel Grünfläche, Parken) zur Adressbildung mit qualitätsvollem Entrée ausgebaut.
Für den Standort sind vornehmlich Unternehmen aus dem Dienstleistungs-, Forschungs- und Entwicklungssektor als Pendant zum Schwalbacher Gewerbegebiet vorgesehen. Bauliche Akzente werden im südlichen Stadteingangsbereich aber auch im nordwestlichen Bereich von Sichtachsen gesetzt und versprechen eine Steigerung der Ausnutzung mit qualitativen Sichtbeziehungen auch aus den Gebäuden heraus. Bei den aktuell noch im Gebiet vorkommenden Oberleitungen wird nach Gesprächen mit der Syna nur noch die südliche 110 KV-Leitung weiterhin dort verbleiben. Eine Verlegung des Mastes erweist sich als aufwendig und kostenintensiv. Im Mastbereich können, unter Einhaltung der Abstandsflächen von 15 Metern, beispielsweise ein Parkplatz oder eine Grünfläche gestaltet werden. Der Einbezug der Regionalparkroute bindet das Gebiet in die überregionalen Rad- und Fußwegebeziehungen mit ein. Das Teilgebiet „Kronberger Hang“ zählt zwar ebenso wie das „Am Auernberg“ zum prioritären Baubereich, gleichwohl spielt nach wie vor der bis 2030 von Hessen Mobil avisierte leistungsfähige Ausbau des Knotenpunkts L 3005/L 3014 in die Planungen hinein.
Reaktionen des Bauausschusses
Nach der Präsentation des Rahmenplans bestand für die Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt Gelegenheit, Fragen zu stellen. Dabei zeigte sich das bekannte Meinungsbild, das sich auch in der abschließenden Abstimmung widerspiegelte. Für den Stadtverordnetenbeschluss votierten die Fraktionen von CDU, SPD und Unabhängiger Bürgergemeinschaft (UBG). Bei „Nein“ hoben die Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB) und der FDP-Abgeordnete die Hände. Die beiden Bündnis90/Die Grünen-Politiker enthielten sich.
Vorsorge treffen
Ein „Ja“ der Lokalpolitik für den Magistratsantrag wäre ein weiterer klarer Schritt in Richtung Vorsorgetreffen für die Zukunft. Flächenbedarfe für heimische Betriebe, die expandieren wollen, sind ebenso hinlänglich bekannt wie mangelnde Flächen für ansiedlungswillige Unternehmen. Die aktuelle Krisensituation des Wirtschaftsstandorts Deutschland sollte jedem drastisch vor Augen geführt haben, dass ein Ausruhen auf vor Jahrzehnten getroffenen Entscheidungen sowie der Glaube, finanzkräftige Unternehmen könnten niemals wegfallen, schlechte Ratgeber sind im Bestreben, durch stabile beziehungsweise möglichst noch wachsende Gewerbesteuereinnahmen den Wohlstand von Kommunen und ihrer Bürger zu sichern.
Weiteres Vorgehen
Das „Go“ des Parlaments vorausgesetzt sollen unter Berücksichtigung weiterführender, insbesondere verkehrlicher Untersuchungen und auf Grundlage des Rahmenplans für die Standorte „Am Auernberg“ und „Kronberger Hang“ städtebauliche Entwürfe mit Darstellung der Kubaturen, Ausrichtung der Baukörper und ihrer Höhenentwicklung mit Geschossigkeiten ausgearbeitet werden. Anschließend steht die Beratung dieser Grundlage für die Bebauungsplanentwürfe in den politischen Gremien zur Beschlussfassung auf der Agenda. Der städtebauliche Rahmenplan dient außerdem als Grundlage für Gespräche mit den Nachbarkommunen Eschborn und Schwalbach. Mit ihnen sollen im Sinne einer interkommunalen Zusammenarbeit Themen wie beispielsweise interkommunales Gewerbegebiet Eschborn, Erschließung Kronberger Hang und Entlastungsstraße Im Tries erörtert und das weitere Vorgehen abgestimmt werden.