Streichergipfel zum Jubiläum – Kooperation mit dem Rheingau Musik Festival

Mairéad Hickey begeisterte die Konzertgäste mit ihrem empathischen Violinenspiel

Foto: Rheingau Musik Festival/Scholl

Wiesbaden/Kronberg/Königstein (gs) – Die Feierlichkeiten, die in normalen Zeiten mit dem 25-jährigen Jubiläum des Kronberger Boten im April dieses Jahres verbunden gewesen wären – darauf hätten sich alle Beteiligten, ob Gäste oder Gastgeber, gerne gefreut.

Eine besondere Veranstaltung, verknüpft mit einem Rückblick auf vergangene – oft gemeinsame – Jahre und die Freude über das in dieser Zeit Erreichte, lassen ein solches Ereignis zu etwas Außergewöhnlichem werden. Das gilt in gleichem Maße für unsere „Schwesterzeitung“, die „Königsteiner Woche“, die im letzten September zum halben Jahrhundert rundete. Nach wie vor sind jedoch angemessene Feierlichkeiten unter den Bedingungen der noch immer alles bestimmenden Pandemie nicht möglich.

Deshalb waren guter Rat teuer und darüber hinaus kreative Ideen gefragt, um zwei denkwürdigen Jubiläen dennoch einen angemessenen Rahmen geben zu können. Was lag in diesem Zusammenhang näher, als sich einem künstlerisch-musikalischen Bereich zuzuwenden, der sich weit über die Grenzen des Taunus hinaus große Verdienste erworben hat und seit vielen Jahren ein fester musikalischer Bestandteil der Stadt Kronberg ist?

Premiere des Streichergipfels 2021

Gemeinsam mit den Organisatoren des Rheingau Musik Festivals entschloss sich die Leitung des Verlagshaus Taunus, unter dessen redaktionellem Dach sowohl der Kronberger Bote als auch die Königsteiner Woche erscheinen, den in diesem Jahr erstmalig stattfindenden „Streichergipfel 2021“ maßgeblich zu unterstützen, bei dem sich junge Talente der Kronberg Academy gemeinsam mit den Musikern des Chamber Orchestra of Europe im Kurhaus Wiesbaden präsentierten.

Beide Kulturinstitutionen haben sich die Nachwuchsförderung besonders begabter junger Musikerinnen und Musiker zum Ziel gesetzt. Den Auftakt dieser Kooperation bildete der Streichergipfel 2021, der dieser Tage in Wiesbaden stattfand. 14 junge Solisten der Kronberg Academy standen mit dem renommierten Chamber Orchestra of Europe in einem wahren Konzertmarathon auf der Bühne und spielten gemeinsam sechs Konzerte. Zu Beginn widmeten sie sich der Romantik, anschließend der Klassik und zum Abschluss der Epoche des Barock.

Kronberg Academy

Die Kronberg Academy Stiftung hat sich der Aufgabe verpflichtet, das Kulturgut der klassischen Musik für künftige Generationen authentisch zu erhalten und sie dabei lebendig weiterzuentwickeln. Heute gilt die Kronberg Academy als eine der wichtigsten Begegnungs- und Ausbildungsstätten für junge Geiger, Bratschisten, Cellisten und inzwischen auch für Pianisten. Hier versammeln sich die weltweit begabtesten jungen Musiker und treffen mit den großen Künstlern unserer Zeit zusammen.

Regelmäßige gemeinsame Konzerte, zu denen auch der Streichergipfel zählte, bieten den jungen Künstlern eine angemessene Bühne und dem Publikum die Möglichkeit, in eine ganz besondere Atmosphäre einzutauchen. Dass die Konzerte im Friedrich-von-Thiersch-Saal im Kurhaus Wiesbaden etwas ganz Besonderes waren, konnten die Gäste im Rahmen einer Einladung persönlich erleben.

Vivaldi und der Barock

Fantasiesprühend, poetisch und provozierend – dies sind nur einige Attribute, die den Melodien von Antonio Vivaldi zugeschrieben werden. Bekannt für seine genialen Violinkonzerte, wurde für das Abschlusskonzert ein barocker Meister gewählt, dessen Melodien fast jedem Zuhörer mindestens in Teilen bekannt gewesen sein dürften. Sowohl seine Solokonzerte – ausgefeilt, zugespitzt und hemmungslos individualistisch – als auch seine „Concerti ripieni“ (Konzerte für Orchester), die sinnlich, machtvoll und mitreißend daherkommen, begeisterten das Publikum und zogen es in ihren Bann.

Wettstreit der Violoncelli

Begeistern konnten auch die jungen Solisten, die teilweise seit mehreren Jahren an der Kronberg Academy studieren. Eröffnet wurde der Reigen der Solisten von dem Duo Friedrich Thiele und Ildikó Szabó (Violoncello), die sich das Konzert für zwei Violoncelli, Streicher und Basso Continuo in g-moll RV 531 ausgesucht hatten.

Friedrich Thiele, geboren in Dresden, entstammt einer Musikerfamilie und begeistert sich seit seinem 4. Lebensjahr für das Cellospiel. Mehrfach ausgezeichnet, studiert er seit 2020 bei Wolfgang Emanuel Schmidt an der Kronberg Academy. Als Solist gastierte er bei verschiedenen Orchestern und in großen Konzertsälen, unter anderem in der Elbphilharmonie in Hamburg.

Ildikó Szabó entstammt ebenfalls einer berühmten Musikerfamilie. Als gebürtige Ungarin studierte sie zunächst in Budapest, bevor sie 2011 nach Berlin kam. Auch sie studiert seit 2020 bei Wolfgang Emanuel Schmidt an der Kronberg Academy. Mit ihrem Soloalbum „Heritage“ spürte sie den eigenen, ungarischen Wurzeln nach.

Wer die beiden Musiker beim gemeinsamen Spiel beobachtete, dem blieb ihre Hingabe und ihr tiefes Gefühl für die barocke Musik nicht verborgen – ein Wettstreit der Instrumente, mit Zwiegesang und Zweikampf, Kanon und Konkurrenz – durch ihre einfühlsame, wie kraftvolle Interpretation wussten die beiden Solisten ihre Gäste scheinbar mühelos zu beeindrucken. Ein kraftvoller Auftakt, dem eine unglaublich sinnliche Steigerung folgen sollte.

Die vier Jahreszeiten

Im Jahr 1725 veröffentlichte Antonio Vivaldi unter dem Titel „Le Quattro Stagioni“ (Die vier Jahreszeiten) vier Violinkonzerte, die er ganz bewusst als „Tongemälde“ komponierte, um den Inhalt eines jeweils vorangestellten Sonetts musikalisch darstellen zu können: Die Naturlaute, Stimmungen und Charaktere der Gedichte.

Dazu entwickelte er einen ganz neuen, eigenen Konzerttypus in drei Sätzen (schnell-langsam-schnell), die er mit viel improvisierten Freiheiten verband.

Die Jahreszeiten beginnen bekanntermaßen mit dem Frühling, für den die wunderbare Violinistin Mairéad Hickey aus Irland – neben dem darauffolgenden Sommer – musikalisch verantwortlich zeichnete. Neben der klassischen Musik teilt sie die große Leidenschaft für irische Volksmusik, was ihr impulsives, ausdrucksstarkes Geigenspiel unverkennbar macht. Als junge Solistin der Kronberg Academy gab sie 2021 ihr Debut mit dem hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Christoph Eschenbach. Dass ihr die Kompositionen von Vivaldi „im Blut“ liegen, zeigte ihr Soloauftritt eindrucksvoll. Mit der Violine zeichnete sie stimmungsvoll das Zwitschern der Vögel, das Plätschern des Baches und den Hauch des Windes nach, bevor die Nymphen und Hirten von ihr kraftvoll zum gemeinsamen Tanz gebeten wurden. Ihr Spiel war unglaublich ausdrucksstark und lebendig, getragen von einer solchen Virtuosität, dass die Gäste ihr mit minutenlangem Beifall ihren Respekt ausdrückten.

Mit Yamen Saadi zeichnete für den konzertierten Teil des Herbstes und des Winters ein junger Geiger verantwortlich, der nach eigenem Bekunden die Herausforderung liebt und seine Profession als Musiker als eine „fantastische Reise“ bezeichnet. Ausgebildet in seiner Geburtsstadt Nazareth und in Berlin, kam er 2019 zur Kronberg Academy, wo er bei Mihaela Martin studiert. Er spielt derzeit die Stradivari „Lord Amherst of Hackney“ von 1734, die ihm von Stephan Jansen und der Stretton Society zur Verfügung gestellt wird.

Einer Stradivari zu lauschen ist etwas, das man nicht oft erlebt und der Mythos und Zauber, der dieser besonderen Violine anhaftet, überträgt sich auch auf das Spiel und die Musik, die ein so wunderbarer Geiger wie Saadi ihr zu entlocken vermag. Ob der Ruf des Kuckucks, das Klagelied der Hirten oder die Urgewalt eines Gewitters – der Zuhörer nahm durch das gefühlvolle Spiel teil an den „Geschehnissen“ der Jahreszeit und fühlte mit dem fliehenden Reh, wenn die Hörner der Jäger erschallten. Zittern, Zähneklappern und knisternde Kamine repräsentieren den Winter und ließen die Zuhörer ungläubig staunen. Eine musikalische Bilderflut von melodischer Schönheit, gewagter Harmonie und exzentrischer Virtuosität verstrickte die Zuhörer in ein romanhaftes Abenteuer, das bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat.

„Die Förderung dieser jungen Talente, die gemeinsam in der Stadt ausgebildet werden, in der der ‚Kronberger Bote‘ sein 25-jähriges Jubiläum feiern durfte, war mir ein persönliches Anliegen und eine Freude“, beschreibt Alexander Bommersheim, Geschäftsführer des Verlagshauses Taunus, sein Engagement für den Streichergipfel 2021. „Diesen einzigartigen musikalischen Abend mit persönlichen Gästen verbringen zu können war ein besonderes Erlebnis, das allen Teilnehmern sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird und den Jubiläen nun den Rahmen gegeben hat, den wir uns alle gewünscht hatten“.

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