Kronberg (kb) – Erfahrung zählt. Vor fast zehn Jahren haben sich Lutz Riehl aus Glashütten und Jan Behling aus Kronberg bei „Toastmasters“ als Mitglieder eingeschrieben. Jetzt gehören sie zu Deutschlands erfahrensten Mitgliedern dieser internationalen Rhetorik-Vereinigung. Und so dominierten sie den alljährlichen Redewettbewerb der Hessischen und Rheinland-Pfälzischen Clubs in Frankfurt.
Während Riehl mit drei Siegen und drei zweiten Plätzen in allen sechs Kategorien überzeugte, gewann Behling in beiden Kategorien, in denen er angetreten war. „Fünf Siege in sechs Kategorien - das ist wie bei den Oscars!“, so Divisionsdirektor Ivan Sunnam während der Siegerehrung.
Natürlich hatten die beiden Redner aus dem Hochtaunuskreis in zehn Jahren schon verschiedenste Erfolge. Lutz Riehl beispielsweise hatte schon zweimal auf noch höherer Ebene gewonnen. Im „Distrikt 95“, zu dem neben Deutschland auch Dänemark, Norwegen und Schweden gehören. Aber noch nie waren sie in Hessen und Rheinland-Pfalz so dominant. Für Behling ist der Grund simpel: „Rhetorik ist eine Sozialkompetenz. Man wird besser, wenn man übt”, sagt er.
Zum Üben haben die Toastmasters ihre Clubs. Zwanzig bis dreißig Mitglieder hat ein solcher Club in der Regel. Geübt werden vorbereitete Reden, Stegreifreden und Redebewertungen, also Feedback auf eine vorbereitete Rede. “Alles, was im modernen Büroleben wichtig ist”, meint Behling. Das sind für ihn vor allem Präsentationen, dem Chef kurz und strukturiert „aus dem Stegreif“ antworten zu können und Feedback geben. Und zwar so, dass der Angesprochene das Feedback gerne hört und auch annimmt. So wird „Kritik“ leicht zu „Ideen, wie du dich verbessern kannst.“
Natürlich hilft, dass die Mitglieder dem Club gerade wegen dieses Feedbacks beigetreten sind. Viele aber auch, um selbstbewusster zu werden. „40 Prozent unserer Mitglieder haben Angst, vor Publikum zu treten.“ Die Clubs bieten ein Publikum, das ihre Redner nicht beurteilt, sondern anfeuert. Eine „sichere Umgebung“ sozusagen. Außerdem eine Bühne zum Ausprobieren und die Möglichkeit, einfach nur Spaß zu haben. Mitglieder sind deshalb oft – aber nicht nur – Analysten oder IT-Spezialisten aus aller Welt, die in ihrer Kindheit nicht unbedingt eine Freundesgruppe angeführt haben.
Damit sie noch mehr üben können, haben Riehl und Behling vor fünf Jahren gemeinsam kurzerhand ihren eigenen Rhetorikclub gegründet. So entstand „Mainhätten Toastmasters“, ein gemeinnütziger Verein im Frankfurter Gutleutviertel, der seitdem prosperiert. Der Club gehört zur weltweiten Organisation der Toastmasters, die 270.000 Mitglieder in mehr als 14.000 Clubs aufweist.
Mit ihren Siegen haben sie sich für die nächste Runde qualifiziert. Die findet statt am 9. und 10. Mai in Regensburg. Dort treten die besten Redner aus Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen gegeneinander an. Lutz Riehl vertritt Hessen und Rheinland-Pfalz in allen drei Kategorien – vorbereitete Rede, Stegreifrede und Bewertungsrede – in deutscher Sprache. Jan Behling tritt an in den englischen Wettbewerben der vorbereiteten Rede und Redebewertung.
Für die meisten Kategorien ist in Regensburg die höchste Wettbewerbsstufe erreicht. Nur für die Siegerin oder den Sieger der englischen vorbereiteten Rede geht es weiter. Das Ziel ist – nach einigen weiteren Runden – die „World Championship of Public Speaking“, die im September in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania ausgetragen wird. Aber Jan Behling wiegelt ab und gibt sich bescheiden. „Es gibt noch viel Erfahrenere als mich. Ich freue mich, dass ich in Regensburg dabei bin und etwas lernen kann“, so der Kronberger. Und auf Erfahrung kommt es bei der Rhetorik ja bekanntlich an.