Vereine stärken Gesundheit und Gemeinschaft – Bewährter und professioneller Reha-Sport beim MTV Kronberg

Bewusstsein für den eigenen Körper entwickeln, drei der zehn Teilnehmenden des Reha-Sport-Kurses Fotos: Göllner

Kronberg (mg) – „Rehabilitationssport, kurz Reha-Sport, ist eine für behinderte und von einer Behinderung bedrohte Menschen entwickelte Leistung mit dem Ziel, die Betroffenen auf Dauer in das Arbeitsleben und in die Gesellschaft einzugliedern“ – so weit so gut das sehr abstrakte Zitat aus dem Beitrag eines digitalen Lexikons. Konkret in Kronberg liefert der vor Ort größte Sportverein – der MTV 1862 e.V. Kronberg – ein vielfältiges und durch jahrelange Erfahrung erprobtes Angebot in diesem Themenkreis, das sich sehen lassen kann. Gleich zu Beginn sei klargestellt, dass es sich bei Reha-Sport gewiss nicht nur um ein Thema für die ältere Bevölkerungsschicht 60plus handelt. Ein Unfall, eine Erkrankung oder eine andere schicksalhafte Wendung im persönlichen Dasein ruft rasch die Notwendigkeit hervor, Muskeln erneut aufzubauen, körperliche Schwachstellen zu reduzieren, Ausdauer und Gleichgewicht zu entwickeln und vieles mehr. Unter anderem beim MTV Kronberg findet man eine gute Adresse, um diese Anliegen anzugehen und den oft mühsamen Weg des Zurückfindens in den Alltag – beruflich wie privat – zu meistern.

Professionell und vertraut

Es ist Mittwochmittag, 13.15 Uhr. Im ersten Stock des Vereinsgebäudes des MTV Kronberg am Hang in den „Schülerwiesen 1“ haben sich zehn Menschen unterschiedlichen Alters zusammengefunden, um nun eine Dreiviertelstunde gemeinsam Reha-Sport zu betreiben. Einige Teilnehmer duzen sich, man kennt sich. Bekannt ist man sich in jedem Fall. Entweder aus Kronberger Zusammenhängen oder aus dieser Gruppe. Daniela, Reinhard, Sigrun, Dilek, Irene und andere – Menschen, die ein Ziel und ein Bedürfnis vor Augen haben: Es soll ihnen wieder besser gehen und in Zukunft nicht mehr schlecht. Verloren gegangene Lebensqualität soll zurückgewonnen werden, Schmerzen mögen verschwinden, und auch die Prophylaxe kann ein Argument sein, denn etwaigen weiteren Schäden bei bereits vorhandenen Schwachstellen vorzubeugen ist mindestens genauso relevant wie das Behandeln bereits existenter gesundheitlicher Defizite. Es herrscht eine entspannte und entspannende Atmosphäre in der Sporthalle mit Spiegelwand an der Seite. „Ist jemand heute schlecht aufgestanden?“, lächelt Trainer René Kipper leicht verschmitzt, gleichzeitig zugewandt, und begrüßt seine Gruppe. Der studierte Sportwissenschaftler mit Trainerschein ist eine feste und dauerhafte Größe bei vielen Angeboten des MTV Kronberg. Den Reha-Sport hat er gemeinsam mit anderen vor vielen Jahren ins Leben gerufen und stetig weiterentwickelt. Das spürt und merkt man sofort, denn die gelungene Mischung aus humorvollem Auffordern und gleichzeitig behutsamer, aber konsequenter Aufmerksamkeit im Umgang mit den Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmern wirkt nicht nur professionell, sie ist es. Hierzu gehört auch das Zwischenmenschliche, das Vertraute – kurzum, das Fürsorgliche. „Erst einmal entspannen“, ruft Übungsleiter Kipper in die Runde, in der nun alle zunächst auf den Stühlen Platz genommen haben. Erst einmal wird gedehnt und gelockert.

Vereinsgedanke

Dass Reha-Sport in einem Verein durchgeführt wird, hat mehrere Vorteile. Zum einen ist die Gemeinschaft eines Vereins von Dauer. Beständigkeit ist bei körperlicher Ertüchtigung gewiss ein Parameter, der mittel- und langfristig wichtig für den Erfolg des Trainings ist. Zum anderen bietet ein Klub nach dem Ende eines Reha-Sport-Angebots anschließend weitere Optionen an, die es ermöglichen, im mittlerweile gewohnten und geschätzten Umfeld das errungene Ziel der körperlichen Stabilität aufrechtzuerhalten. Denn auch die Psyche und somit der oft zitierte und damit einhergehende „Wohlfühlfaktor“ spielen eine Rolle beim Genesen und Gesundbleiben. „Kopf nach links, nun langsam nach rechts. Oh, da knackt es ja doch an einigen Stellen“, formuliert es René und bringt die eine oder den anderen damit zum Lächeln. Die Nackenwirbelsäule, der Schulterbereich, die Lendenwirbelsäule – andere Schwachpunkte in der Existenz eines durchschnittlichen westeuropäischen Körpers im 21. Jahrhundert, der oftmals viel im Sitzen und am Schreibtisch verbringt, werden nun geschult. Faszien, Sehnen und Bindegewebe geben nun einmal Laute von sich, wenn sie zurechtgerückt und von Blockaden gelöst werden. „Immer daran denken: Es sind eure Finger – die sollen das machen, was ihr wollt“, schallt es nun durch den Raum, während etwas später Arme und Hände in den Fokus gerückt und ausgestreckt werden. Ganzheitlich, das mittlerweile fast schon inflationär genutzte Wort, soll der Körper trainiert werden, denn vieles hängt im System der Physis miteinander zusammen.

„Es geht, wie immer, nicht darum, Erster zu sein, sondern um euer individuelles Gleichgewicht. Jeder nutzt sein eigenes Tempo“, führt René an, um nun seine „Mannschaft“ für diesen Mittwoch aufzufordern, sich aus dem Sitzen zu befreien. Fortan geht es im Stehen weiter – Beine und die sogenannte „körperliche Mitte“ sind nun an der Reihe. Vergleiche zum persönlichen Alltag werden humorvoll gezogen, kurze Unterhaltungen finden statt, es wird gelacht. Auch das ist mehr als wichtig, wenn es um Reha-Sport geht.

Physis und Psyche

Körper und Geist bedingen einander – das ist sicherlich nicht nur eine esoterische Floskel, sondern Folge biologischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse. Der Hirnstoffwechsel um die Botenstoffe Dopamin und Serotonin ist evident wichtig, um Motivation für das oft nicht gerade leichte Leben im Alltag zu entwickeln, das noch beschwerlicher ist, wenn man sich in der Rehabilitation befindet. Bewegungen jeglicher Art fördern den Ausstoß dieser Neurotransmitter und den Fluss zwischen den Nervenzellen. „Hattet ihr noch keinen Kaffee?“, lacht das Trainerherz und damit auch sein Träger und bringt die anwesenden Reha-Sportler teilweise zum Schmunzeln, teilweise zum Reagieren – in jedem Fall dazu, mehr Elan in die Übungen zu bringen. Zur „Belohnung“ kommen nun kleinere Ein-Kilogramm-Hanteln ins Spiel, die sich jeder aus einer Kiste schnappt und dann die eben bereits geleisteten Übungen mit den Gewichten fortführt. „Passen ja farblich zum Outfit, die Hanteln“, heißt es aus der Gruppe. Und wieder lächeln und lachen die Teilnehmenden. „Ihr wisst ja: Wenn der Übungsleiter selbst nicht mehr kann, geht er herum und schaut, ob ihr alles richtig macht“, leitet Kipper sein Vorhaben ein, bei der einen oder dem anderen Korrekturen vorzunehmen. Sei es die Haltung, die nicht angemessen ausgerichtet ist, sei es die Übung selbst, die nur halbherzig ausgeführt wird. Alles geschieht niederschwellig und empatisch, individuell angepasst. Das eigene Bewusstsein für den eigenen Körper wird kontinuierlich geschärft, so dass auch außerhalb des Reha-Trainings für Haltung und Verbesserung gesorgt werden kann. Das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ tritt dann in Kraft. Maximal 15 Teilnehmer können und dürfen an einem Kurs teilnehmen; so bleiben genug Zeit, Raum und Wahrnehmung für jeden Einzelnen. Balance, Koordination und Gleichgewicht kommen nun ins Spiel, vielmehr in die spielerische Übung. Fähigkeiten, die auch ohne konkretes Defizit oftmals ungeübt sind und demzufolge im Bewegungsablauf problematisch. Die Teilnehmer sind in der Tat sehr engagiert und motiviert. Es ist offenkundig, dass sie wissen, worum es geht. Dass es wichtig ist, diesen Kurs ernst zu nehmen und zu meistern. „Thomas, gerader Rücken“, ruft René. 45 Minuten verstreichen wie im Flug, ein gutes Zeichen. Und schon ist diese Kurseinheit vorüber.

Konkretes

Zwei der zehn Kursteilnehmer sind ein Ehepaar. Der Kurs sei „genau richtig“, nicht zu anstrengend, gleichzeitig auch fordernd genug. Viele spielerische Elemente würden genug Abwechslung liefern. Monika und Reinhard Müller sind auch außerhalb des MTV Kronberg seit langem ein Team. Sie begann mit dem Reha-Sport, war vor eineinhalb Jahren zum ersten Mal beim MTV Kronberg, früher arbeitete sie als Lehrerin an der Altkönigschule. Auf ihre Empfehlung kam ihr Ehemann dann einmal mit. Und blieb ebenfalls. Einige Bandscheibenvorfälle und sehr viel Sport haben seinen Körper doch um einiges in Mitleidenschaft gezogen. Leichtathletik wie Mittel- und Langstreckenläufe und Volleyball seien dafür verantwortlich, nun stärke er hier vor Ort seine Schwächen.

Wissenswertes

Einhundert Prozent der Kursteilnehmer kamen an diesem Mittwoch mit orthopädischen Themen, 80 Prozent fielen auf Rückenprobleme, 15 Prozent auf Schulterschwierigkeiten, weitere fünf Prozent kämpfen mit anderen Bereichen dieses Reha-Sport-Segments. Der MTV Kronberg bietet grundsätzlich in den Bereichen Herzsport, Orthopädie, Krebsnachsorge und bei speziellen neurologischen Erkrankungen Reha-Sport an. Für Angebote bedarf es einer ärztlichen Verordnung, die vom zuständigen Kostenträger (Krankenversicherung oder Rentenversicherung) vor Teilnahmebeginn genehmigt werden muss. Mit dieser Verordnung ist die Teilnahme dann kostenfrei respektive die Kranken- oder Rentenversicherungen übernehmen die Kosten.

In allen Kursen werden die Teilnehmenden von fachspezifisch geschulten Übungsleitern in kleinen Gruppen angeleitet. Beim Herzsport ist zusätzlich ein Arzt anwesend. Wer sich ganz genau und individuell informieren möchte, kann eine E-Mail an kurse[at]mtv-kronberg[dot]de schicken oder sich auch telefonisch unter 06173-67283 beraten lassen. Zudem findet dienstags und donnerstags zwischen 15 und 18 Uhr eine Sprechstunde im Vereinshaus statt. Adresse sind die Schülerwiesen 1. Vieles mehr zum Reha-Sport und zu anderem rund um den MTV findet man auf der Internetpräsenz des Vereins unter www.mtv-kronberg.de. Zudem bieten die Social-Media-Kanäle auf den Internet-Portalen Facebook (MTV1862Kronberg) und Instagram (mtv_1862kronberg) weitere Einblicke, ergänzt durch einen vereinsinternen YouTube-Auftritt (MTV-Kronberg).

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