Kronberg (hmz) – Waldkindergärten sind eine beliebte Alternative zu den traditionellen Kindertagesstätten und ein erfolgreiches Angebot. In der Regel sind viele Eltern bei der Wahl des Kindergartens unentschlossen, was sie jedoch wollen, ist das bestmögliche Erziehungskonzept für ihr Kind. Um herauszufinden, welches passen könnte, lohnt es sich, in die Überlegungen auch einen Waldkindergarten mit einzubeziehen. In Kronberg gibt es seit 25 Jahren die „Wurzelkinder“ und in diesem Jahr wird Jubiläum gefeiert. Veronika Martin und Stephanie Ott vom Vorstand der „Kronberger Wurzelkinder“ ziehen eine Zwischenbilanz von den Anfängen bis jetzt. An einem Septembertag im Jahr 1998 startete der Kindergarten mit sieben kleinen „Wurzelkindern“.
Ute Schäfer war die erste Erzieherin. Ihr zur Seite stand Jörg Fritz, Waldpädagoge, Gärtner und Naturbeobachter. Gründungsvater war Johannes Kramer. Noch nicht geklärt war zu diesem Zeitpunkt, wo die Kinder untergebracht werden konnten. Sie hatten Glück: Bei einem Radioflohmarkt von Hit Radio FFH konnte ein gebrauchter Bauwagen für eine Mark erworben werden und der Besitzer brachte den Wagen selbst an seinen zukünftigen Standort mitten im Wald am Bürgelstollen. Zunächst sehr spartanisch ausgestattet, wurde er im Laufe der Zeit mit robusten Holzbänken, einem Regal und einem Holzofen den Bedürfnissen angepasst, denn inzwischen war die Gruppe auf 14 Kinder angewachsen. Der Bauwagen wurde weiter modernisiert: LED-Lichter wurden installiert, der Ofen ausgetauscht, die Wände verkleidet und Laminat verlegt. Ab dem Jahr 2001 wurden auch Kinder mit Förderbedarf aufgenommen, das hat sich nicht geändert und somit bietet der Waldkindergarten, den inzwischen 20 Kinder besuchen und in dem noch Plätze frei sind, vielleicht eine passende Alternative.
„Die Natur bietet viele Möglichkeiten zur Förderung der körperlichen, geistigen und emotionalen Entwicklung von Kindern. Waldkindergärten haben in der Regel auch kleinere Gruppen als traditionelle Kindertagesstätten, was den Kindern mehr individuelle Aufmerksamkeit und Förderung ermöglicht“, da sind sich die beiden Vorstandsfrauen sicher.
Der Waldkindergarten hat zwar feste Räumlichkeiten, dennoch werden die Aktivitäten in die freie Natur, hauptsächlich den Wald, verlegt. „Die Kinder verbringen damit zu jeder Jahreszeit und zu (fast) jeder Witterung ihre Zeit im Freien, das stärkt das Immunsystem und in der Regel sind sie gesünder als andere Kinder, die viel Zeit in geschlossenen Räumen verbringen“, so Stephanie Ott. Sie ist Mutter von vier Kindern, die alle in dieser sehr besonderen Einrichtung betreut werden und wurden.
Vorteile überzeugten Eltern
Es lief alles rund, die Akzeptanz wuchs, weil die vielen Vorteile die Eltern überzeugten. Alleine die Unterbringung warf wieder Probleme auf. Erneut ging es um den Bauwagen, der bald nicht mehr den hygienischen Anforderungen des Gesundheitsamtes genügte. Der damalige Vorstand musste eine neue und zusätzliche Lösung finden, „denn auf den Bauwagen wollten sie keinesfalls verzichten“. Es wurde eine Holzhütte gebaut, die im Jahr 2009 eingeweiht werden konnte und wenig später musste dann doch über einen neuen Bauwagen nachgedacht werden, weil er den Sicherheitsvorschriften nicht mehr entsprochen hat. Dann stand beides: eine Hütte und ein komplett neuer Bauwagen, ausgerüstet mit allem, was zu einer zeitgemäßen „Waldpädagogik“ gehört. „Der damalige Revierförster Martin Westenberger hat uns bei allen Vorhaben unterstützt und wir haben ihm viel zu verdanken“, so Stephanie Ott.
Nicht nur Kinder kommen und gehen, auch unter den Erziehenden finden immer wieder Wechsel statt. Derzeit betreuen Claudia Strauch und Julia von Jusses die Kinder, unterstützt von der Auszubildenden Helena Mehler. Für das „Grobe“ ist Gerald Nessel zuständig. „Auch wir suchen Fachpersonal und im kommenden Jahr wird wieder eine Stelle frei. Willkommen sind auch Schülerpraktikanten, wir nehmen in jedem Jahr drei auf“, erklärt Veronika Martin. Da die Kinder im Waldkindergarten eine engere Verbindung zur Natur und ein besseres Verständnis für die Umwelt entwickeln würden, „bekommen sie natürlich auch die Umweltveränderungen mit, die den Wald sehr belasten. Die Trockenheit macht den Bäumen zu schaffen und da unser Standort direkt unter Eichen ist, hatten wir große Probleme mit dem Eichenprozessionsspinner“, so Stephanie Ott.
Das sei jetzt aber ausgestanden und im kommenden Sommer sei jeder darauf eingestellt. Am 1. September beginnt das neue Kindergartenjahr und wie immer werden Kinder aller Nationalitäten aufgenommen. „Auch wenn wir uns in freier Natur bewegen, die Wurzelkinder werden genauso wie alle anderen auf die Schule vorbereitet, nur mit dem Unterschied, dass sie sehr umfassend über die Zusammenhänge in der Natur Bescheid wissen.“ Der Monatsbeitrag ist mit 30 Euro vergleichsweise gering und ist „eigentlich mit dem bereitwillig zur Verfügung gestellten ehrenamtlichen Engagement der Eltern verknüpft. Das allerdings hat erheblich nachgelassen, obwohl wir es nach wie vor dringend benötigen“, bedauert Stephanie Ott. Derzeit ist der Waldkindergarten montags bis donnerstags von 8 bis 15 Uhr geöffnet, freitags bis 13 Uhr. Durch eine Satzungsänderung wäre dann auch an diesem Wochentag eine Verlängerung bis 15 Uhr möglich.
Wie alle anderen Einrichtungen auch, ist der Vorstand im Austausch mit Angelika Hartmann, Leiterin des Fachbereichs Soziales, Kultur und Bildung. „Von ihr bekommen wir Antworten, die uns weiterhelfen, denn auch bei uns gibt es Fragen, die wir korrekt beantworten müssen.“
Die Jahre im Kindergarten sind prägend und ein Zitat von Linus, der von 2008 bis 2012 bei den Wurzelkindern war, belegt das: „Die beste Zeit meines 13-jährigen Lebens habe ich im Waldkindergarten verbracht. Auch, wenn es im Laufe meines Lebens noch viele beste Zeiten geben wird, diese werde ich nie vergessen.“