Kronberg (war) – Dieser Tage begeht die katholische Gemeinde in Oberhöchstadt das 300-jährige Jubiläum ihrer Sankt-Vitus-Kirche mit einer Festwoche. Der Neubau im Jahr 1723 war nötig geworden, nachdem das alte Gotteshaus auf dem Stuhlberg zu baufällig geworden war. Das Patrozinium des Heiligen Vitus, dessen Deutscher Name Veit lautet, wird am 15. Juni eines jeden Jahres gefeiert. Der Heilige ist inzwischen vergleichsweise in Vergessenheit geraten. Ganz anders war das in früheren Zeiten, denn da gehörte Vitus zu den besonders prominenten Heiligen und spielte unter den zahllosen verehrungswürdigen Frauen und Männern, die in der katholischen Kirche seit ihren Anfängen vor gut 2000 Jahren kanonisiert wurden, zweifelsohne in „der ersten Liga“. Er gehört zu den Heiligen, die bereit waren, das Wertvollste, was sie besaßen, nämlich das eigene Leben, für ihren Glauben an Jesus zu opfern. Solche Glaubensfestigkeit kommt in der katholischen Kirche, die eigentlich in der Theorie für Gewaltlosigkeit eintritt, stets gut an. So sagte doch schon Jesus laut Matthäus, Vers 16, 24 - 28: „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.“ Gerade einmal zwölf Jahre alt soll St. Vitus gewesen sein, als er diesem Aufruf folgte und grausam gefoltert wurde. Kaum zu glauben, dass ein Mensch bereits in so jungen Jahren zu so etwas fähig war.
Doch sei es wie es sei, seit dem Mittelalter gehörte der Heilige Veit zu den prominenten 14 Nothelfern, die früher gerne in brenzligen Lebenssituationen um rasche und tatkräftige Fürbitte beim Herrn angerufen wurden. Dargestellt wird Vitus meistens mit oder in einem Ölkessel, so auch auf dem Bild an der Seitenwand in Sankt Vitus, welches einst einen längst abgeschlagenen Seitenaltar in dem Gotteshaus schmückte. Viele Legenden ranken sich um das Leben des Heiligen. Eine besagt, dass der in Sizilien Geborene als Sohn eines heidnischen, hohen römischen Beamten als Kleinkind von seiner Amme heimlich zum Christentum bekehrt und daraufhin getauft wurde.
Bereits als Siebenjähriger soll er daraufhin viele Kranke geheilt haben, unter anderem auch den geisteskranken Sohn von Kaiser Diokletian, obwohl dieser ein glühender Christenverfolger war. Da dem Vater dennoch das selbstlose Tun seines Sohnes gar nicht behagte, versuchte er das Kind wieder mit allen Mitteln vom christlichen Glauben abzubringen, jedoch ohne Erfolg. Selbst als Vitus in einen Kessel mit heißem Öl eingetaucht wurde, überlebte er diese Tortur ohne Schaden, weil Engel ihn retteten, um ihn auf das italienische Festland zu bringen und von da an vor weiterem Unheil zu beschützen. Laut einer anderen Version starb er hingegen in Sizilien als Märtyrer um das Jahr 303. Als Schutzheiliger von Sizilien und Böhmen sowie Niedersachsen und Westfalen wird er bis heute bei unzähligen Molesten angerufen. Dazu zählen Epilepsie, Bettnässen, Blindheit, Tollwut, Schlangen- und Hundebiss, Gewitter und sonstige Wetterunbilden. Daneben wird er als Fürsprecher für eine gute Ernte und Beschützer der Haustiere verehrt. Den Kesselschmieden, Apothekern, Schauspielern, Tänzern, Winzern, Bierbrauern, Tauben und Stummen dient er als Schutzpatron. Bei den Slawen gilt er zudem als Schutzheiliger der Pilzsammler. Der bekannteste Wallfahrtsort für Vitus ist der weltberühmte Veitsdom in Prag, der einst über viele Jahrhunderte als Krönungs- und Begräbnisort der böhmischen Könige diente.
In dem hochgotischen Sakralbau wird der Schädel des Heiligen bis heute als wertvolles Reliquiar verehrt. In Deutschland ist die ehemalige benediktinische Reichsabtei Corvey, deren Kirchen-Westwerk seit dem Jahr 2014 zum Weltkulturerbe gehört, bis heute das Zentrum der Vitus-Verehrung auf deutschem Boden. Gelangten doch im Jahr 836 die Gebeine des Heiligen von St. Denis bei Paris nach Ostwestfalen. Daraufhin erkoren die damaligen sächsischen Kaiser umgehend den damals schon herausstechenden Heiligen zu ihrem Schutzpatron. Mit dem heiligen Veit steht auch der Begriff des so genannten Veitstanzes im Kontext.
Damit wurde in früheren Jahrhunderten die epidemisch auftretende Tanzsucht bezeichnet, welche mancherorts immer wieder größere Gruppen von Menschen überkam, so 1518 den ganzen Sommer über im Raum Straßburg. Die betroffenen Personen tanzten sich dann teilweise bis zur gänzlichen Erschöpfung in Trance. Da Vitus, wie bereits erwähnt, als Schutzpatron der Tänzer gilt und bei Tollwut um Hilfe gebeten wird, wurde er folglich als Fürsprecher bei Gott zwecks Heilung der Tanzsüchtigen angerufen. Über die Ursachen dieser Tanzattacken wird bis heute spekuliert. Unter anderem wird eine Vergiftung mit Mutterkornalkaloiden in Erwägung gezogen.