Neubau auf ehemaligem „Nassauer Hof“-Grundstück steht nichts mehr im Wege

Den Oberhöchstädtern wird es nicht entgangen sein: Endlich geht es auf der Baustelle am Kirchberg – dem ehemaligen Standort des Nassauer Hofes – mit den Bauarbeiten voran.

Foto: Westenberger

Oberhöchstadt (mw) – Im Sommer 2014 erfuhren die Oberhöchstädter von der geplanten Schließung des Traditionsgasthauses Nassauer Hof. Mit dem Verkauf des 2.150 Quadratmeter großen Grundstücks ging in Oberhöchstadt eine Ära zu Ende, denn die Apfelweinwirtschaft galt neben der barocken Pfarrkirche St. Vitus auf der städtischen Internetseite als „Sehenswertes in Oberhöchstadt“. Das mag vielleicht nicht unbedingt an dem Gebäude selbst gelegen haben, wohl aber an seiner Funktion als beliebter Gastwirtschaft. Beim „Sachs“ traf man sich seit Generationen – der Beginn des Gaststättenbetriebs lässt sich etwa auf das Jahr 1880 zurückverfolgen. Ob Vereinsgründungen oder legendäre Maskenbälle, die Anekdoten zum Nassauer Hof sind schier unerschöpflich. Sie sind das, was den Oberhöchstädtern geblieben ist, nachdem das Landesamt für Denkmalschutz 2014 feststellte, dass das Gebäude als Kulturdenkmal „völlig überbewertet“ wäre und auch keine Veranlassung sah, den Nassauer Hof unter „Ensembleschutz“ zu stellen. So kam 2018 schließlich, was kommen musste: die Abrissbirne. Zuvor waren die Oberhöchstädter eingeladen worden, sich bei einem Schoppen unter den fünf zu erhaltenden Kastanien von „ihrem“ Nassauer Hof zu verabschieden. Die Investoren AZP Frankfurt hatten damals gemeinsam mit Blumenauer Immobilien GmbH & Co. KG dazu eingeladen. Was zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen konnte, war, dass der Nassauer Hof zwar abgerissen werden, dann aber über ein Jahr lang gar nichts mehr passieren sollte, obwohl Pläne und Baugenehmigung vorlagen. Im Mai 2019 wurde schließlich auch bekannt, warum: Die AZP hatte Insolvenz anmelden müssen, ausschlaggebend, so die Informationen damals, seien unter anderem erhebliche Planungs- und Baumängel an dem Projekt „Steinbacher Terrassen“ gewesen.

Es geht weiter

Doch seit diesem Frühjahr endlich geht es weiter am Kirchberg in Oberhöchstadt, Kran, Bagger und Aushubarbeiten prägen das Ortsbild an der Durchgangsstraße. Die „Bauer Stadtentwicklungs Projekt GmbH“ aus Flörsheim, die seit zehn Jahren ausschließlich eigene Baugrundstücke im Rhein-Main-Gebiet entwickelt, hat das Grundstück bei einem Bieterverfahren aus der Insolvenzmasse heraus gekauft. „Wir haben im September 2019 den Zuschlag erhalten“, berichtet der Architekt und Geschäftsführer der „Bauer Stadtentwicklungs Projekt GmbH & Co. KG, Sezai Cifci. Im November schließlich hätten auch die Gläubiger dem Eigentümerwechsel zugestimmt. „Und wir konnten richtig loslegen“, so Cifci. An der optischen Form des zweigeschossigen Mehrfamilienhauses mit Satteldach hat der Projektentwickler und Architekt Sezai Cifci nichts geändert. Cifci weiß um die langwierigen Abstimmungsprozesse. „Die Genehmigungsphase hat über zwei Jahre gedauert“, sagt er. Die Topografie des Geländes gebe die Form des Bauobjektes und die Ausrichtung der Eigentumswohnungen mit den Terrassen und Balkonen Richtung Süden, von der Straße weg, bereits vor. Auch die U-Form des Wohnhauses mit modernen barrierefreien und rollstuhlgerechten Zugängen über zwei Treppenhäuser, mit Aufzügen und mit Tiefgarage, war für ihn die richtige Herangehensweise. Hätte man nur ein Treppenhaus konzipiert, wären innerhalb des Wohnhauses lange Flure nötig gewesen, erklärt er. Inhaltlich hat Cifci mit seinem Team die Pläne allerdings noch einmal komplett überarbeitet. „Aus unserer Sicht waren die Wohnungen mit 100 bis 180 Quadratmetern Größe am Markt vorbei geplant.“ Deshalb hat er den Schnitt der Wohnungen verändert und die Eigentumswohnungen, die bereits zu gut einem Drittel verkauft sind, auf eine Größe von 70 bis 137 Quadratmetern begrenzt. In dem Wohn- und Gewerbemischgebiet entstehen nun statt zehn hochwertigen Eigentumswohnungen 12 auf insgesamt 1.220 Quadratmetern Wohnfläche sowie statt einer zuvor geplanten Gewerbeeinheit drei entsprechend kleinere von insgesamt 290 Quadratmetern. Cifci, Mitglied im IHK-Bau und Immobilienausschuss sowie der Immobilienbörse der IHK Frankfurt, betont: „Die Gespräche mit Erstem Stadtrat Robert Siedler und dem städtischen Planungsamt waren lösungsorientiert. Alles ging flott und reibungslos über die Bühne“. So hielt er bereits im März dieses Jahres die Baugenehmigung in den Händen und konnte im April an der Baustelle in Oberhöchstadt loslegen.

Erhalt der Kastanien

In Zusammenarbeit mit der Fachfirma für Baumpflege Jochen Stingl aus Hofheim habe man sich bereits auch dem Erhalt der ehrwürdigen Kastanien – von denen zwei über hundert Jahre alt sind – angenommen. „Wir haben sie zunächst einmal beschnitten und in Form gebracht.“ Nachdem Bauarbeiter bei den Baggerarbeiten auf das Wurzelwerk einer der Kastanien stießen, sei im Zusammenwirken mit der Naturschutzbehörde und dem städtischen Umweltamt dafür Sorge getragen worden, dass die Wurzeln fachmännisch (in dem Fall händisch) geschnitten und verharzt wurden. Das alles geschah nach strengen Auflagen, um den Fortbestand der Bäume zu sichern und anschließend das Fundament legen zu können. Unter dem grünen Dach der Kastanienbäume ist ein Stück Gemeinschaftsfläche für die Hauseigentümer geplant, mit Brunnen, Spielplatz und viel Grün und damit einem Mehrwert, über den nicht jedes Mehrfamilienhaus verfügt, freut sich der Inhaber der „Bauer Stadtentwicklungs Projekt GmbH& Co.KG“, der Grundstücke hauptsächlich im Main-Taunus- und Hochtaunuskreis und im Kreis Groß-Gerau erwirbt, beplant, baut und selbst vermarktet. Das in der Entstehung befindliche Mehrfamilienhaus entlang des Kirchbergs in Oberhöchstadt wird zu 50 Prozent über ein effizientes Wärmepumpensystem (Fußbodenheizung) beheizt, dazu kommt eine Gasheizung. Für den Betrieb von E-Autos ist eine Ladesäule vorgesehen, erzählt Cifci. Derzeit sei die Resonanz auf die Eigentumswohnungen im mittleren Preissegment bereits „sehr hoch“. In den vergangenen sechs Wochen habe man mit 50 bis 60 Interessenten für die Wohnungen gesprochen. „Viele von ihnen kommen aus Frankfurt und Umgebung“, verrät Cifci. Wenn alles weiter nach Plan verläuft, wird das Bauprojekt im Juni / Juli nächsten Jahres abgeschlossen sein. „Wir wollen mit unserem Bau bis November so weit sein, dass wir das Dach decken und die Fenster einbauen können“, erklärt er abschließend. Gelingt das, könne man über die Wintermonate in aller Ruhe den Innenausbau vorantreiben.

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