Die Gemeinde Liederbach und Parteien zu CocaCola

Nachdem die CocaCola Erfrischungsgetränke AG (CCEAG) Ende 2012 mit der Notwendigkeit der Erweiterung des Firmenstandorts Liederbach aufgrund stetig steigender Nachfrage an die Gemeinde Liederbach herangetreten ist, wurden durch die Gemeinde gemeinsam mit der CCEAG die Möglichkeiten für eine Erweiterung südlich der Straße am Nassgewann geprüft und nach einer einvernehmlichen Entscheidung in den Gremien entsprechende planungsrechtliche Schritte im Hinblick auf eine Änderung des Regionalen Flächennutzungsplans eingeleitet. Das Verfahren steht kurz vor dem Abschluss, berichtet Bürgermeisterin Eva Söllner in einer Mitteilung der Gemeinde.

Da die für die nach Süden geplante Erweiterung notwendigen Grundstücke aber für die Erweiterung nicht angekauft werden konnten, zeichnete sich im Laufe des letzten Jahres die Notwendigkeit ab, andere Lösungen zu suchen. Entgegen der ursprünglichen Absicht der Gemeinde, die seit vielen Jahren als Gewerbefläche ausgewiesene Fläche hinter dem Bauhof für neue Gewerbeansiedlungen zu überplanen, hat sich im Laufe zahlreicher Gespräche und Verhandlungen zwischen CCEAG und der Gemeinde Liederbach gezeigt, dass einzig die Bereitstellung eines Teilgebiets dieser Fläche für die Erweiterungspläne von CocaCola eine Lösung für diese Erweiterungspläne darstellt.

Verdreifachung der Produktion in Liederbach geplant

Die CocaCola plant eine Verdreifachung der Produktion am Standort Liederbach durch die Modernisierung der Produktionsanlage mit drei Hochleistungsanlagen. Dafür müssen die erforderlichen Lagerkapazitäten geschaffen werden, so die Bürgermeisterin.

Im Juni 2013 wurde aufgrund des hohen Nachfragedrucks die erste solche Anlage in Betrieb genommen, so dass bereits jetzt die Lagerflächen nicht mehr ausreichen. Um die Ware zwischenlagern zu können, wurde wegen fehlender geeigneter Flächen in Liederbach und Umgebung von der Forma eine 6000 qm große Lagerfläche in Butzbach angemietet. Dies verursacht deutlich erhöhten LKW-Verkehr, da die Produkte erst weggebracht, zwischengelagert, wieder verladen und erst dann ausgeliefert werden. Dieses sogenannte „Doppelhandling“ bedeutet für den Konzern zusätzliche Mietkosten und hohe Vertriebskosten, die nur vorübergehend hingenommen werden können, da sie unter wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten auf Dauer nicht darstellbar seien, erläutert Eva Söllner. Abgesehen von den wirtschaftlichen Fakten, stelle dies eine unnötige Umweltbelastung durch den LKW-Verkehr dar. Die Anwohner werden zusätzlich durch unnötige Be- und Entladearbeiten belastet.

Hochregallager

Geplant ist daher die Errichtung eines Hochregallagers mit einer Gebäudehöhe von 28 Metern, das in seiner Endausbaustufe – vorgesehen sind insgesamt drei Erweiterungsschritte in den nächsten 10-15 Jahren - eine Länge von 170 Metern erreichen soll. Um den reibungslosen An- und Abtransport der Produktion ohne Doppelfahrten zu ermöglichen wird darüber hinaus eine Logistikfläche für die LKWs der Roten Flotte sowie der Zulieferer und die PKWs der Mitarbeiter benötigt. „Dies ist auf dem bestehenden Betriebsgelände nach Prüfung aller Möglichkeiten nicht zu bewerkstelligen“, sagte Eva Söllner.

„Wir kennen außerdem die seit langem immer wieder von Gemeindeseite ebenfalls auf Dauer nicht hinnehmbaren Verkehrsverhältnisse auf dem Sindlinger Weg, die außer chronischen Verkehrsbehinderungen auch eine erhebliche Gefahrenquelle in und um das Betriebsgelände von CocaCola darstellen“, fügt die Bürgermeisterin hinzu.

Gewerbesteuereinnahmen

Für die Gemeinde Liederbach gehört CocaCola seit nunmehr über 40 Jahren zu den wichtigsten Gewerbesteuerzahlern. Als Firmensitz für das gesamte Vertriebsgebiet Südwest und mit 450 Arbeitsplätzen am Standort ist die CCEAG außerdem ein wichtiges Aushängeschild für den Gewerbestandort Liederbach, den Main-Taunus-Kreis und die Region. Mit den geplanten Ausbaumaßnahmen wird Liederbach zu einem der wichtigsten Standorte und der modernste Standort der CCEAG in Deutschland. „Wird keine einvernehmliche Lösung für die Erweiterungsmaßnahmen des Werkes gefunden, so wird es keinen Ausbau in Liederbach geben. Es wäre unter Umständen damit zu rechnen, dass die Bedeutung und Größe des Standorts in absehbarer Zeit deutlich schwindet oder der Standort mittelfristig nicht mehr sicher wäre“, fürchtet die Bürgermeisterin.

Die Aufgabe der nächsten Wochen und Monate müsse es deshalb sein, gemeinsam mit den Anwohnern, Planern und CocaCola auf der Basis der in den letzten Sitzungen der Gremien vorgestellten Entwurfsplanung einen Bebauungsplan aufzustellen, der für die Anwohner des benachbarten Wohngebietes die steigende Verkehrsbelastung so weit wie möglich erträglich gestalte und auch optisch eine gute Lösung garantiere. Für die Gemeinde Liederbach muss die Erschließung des hinteren Teils des neuen Gewerbegebietes gesichert sein und eine Erweiterungslösung für den Wertstoffhof bei gleichzeitiger Verlegung ermöglicht werden.

Bürgerbeteiligung

Der Bau-Umwelt-und Planungsausschuss sowie der Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde haben in der außerordentlichen gemeinsamen Sitzung am Dienstag eine entsprechende Beschlussempfehlung für die Gemeindevertretung ausgesprochen, die eine beständige Beteiligung der Fraktionen in Liederbach vorsieht. Gleichzeitig werden natürlich in dem Verfahren alle gesetzlich vorgeschriebenen Schritte der Bürgerbeteiligung sowie der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchgeführt.

„Sowohl die CCEAG – im Sinne einer „Good Neighbourhood“ - wie die politisch Verantwortlichen in der Gemeinde Liederbach werden bei diesem Projekt alles dafür tun, dass am Ende des Verfahrens eine für alle Beteiligten und Betroffenen gute Lösung steht, die den Gewerbestandort Liederbach stärkt und die Lebensqualität unserer Gemeinde nicht vernachlässigt“, verspricht Eva Söllner.

Unterstützung von CDU und FDP

Die CDU Fraktion unterstützt grundsätzlich die Entwicklung der CocaCola am Standort Liederbach. Allerdings müssen bei der Planung neben den wirtschaftlichen Interessen der CocaCola auch die Interessen der Anwohner und der Gemeinde –insbesondere in Hinblick auf die weitere Gewerbeentwicklung in Liederbach - abgewogen werden. Die in den Ausschüssen vorgestellte Entwurfsplanung und mögliche Änderungen werden noch in der CDU Fraktion beraten, daher können wir keine abschließende Stellungnahme geben, so Fraktionschef Joachim Lehner.

Aufgeschlossene FDP

Auch die FDP steht den Plänen aufgeschlossen gegenüber und sieht hier mehr Chancen als Risiken. „Mit dieser Weiterentwicklung können wir die Arbeitsplätze und damit die Gewerbesteuereinnahmen auch längerfristig in Liederbach sichern und im besten Fall ausweiten“, so Fraktionschef Dr. Ralph Solveen.

Allerdings dürfe dies kein Freifahrtschein für alle Wünsche von CocaCola sein. „Insbesondere muss beim Lärmschutz für die betroffenen Anwohner deutlich nachgebessert werden. Außerdem muss die Erschließung des weiteren Gewerbegebiets gesichert sein, woran sich CocaCola beteiligen sollte“, fordert Solveen.

FWG kritisiert Ansiedlung von Logistik

Die Freien Wähler stehen dem neuen Gewerbegebiet hinter dem Bauhof grundsätzlich positiv gegenüber, da sie auf zusätzliche Gewerbesteuer-Einnahmen hoffen. „Deshalb haben wir auch Ende 2012 den Antrag in der Gemeindevertretung gestellt, dieses Gebiet endlich zu beplanen“, so Thomas Kandziorowsky.

„Das auf diesem Gebiet nun lediglich ein riesiger LKW-Parkplatz mit Dreischicht-Betrieb samt zusätzlichem dreistöckigen Parkhaus entstehen soll, finden wir sehr bedenklich“, so der Fraktionschef. „Besonders, da sich durch diese Maßnahme nicht nur das Gesicht der Gemeinde (Ansicht mit 28 Meter hohem Regallager) sehr stark verändern wird, sondern da auch ihre Zukunft erheblich beeinträchtigt wird.Sofern die Pläne, so wie bislang bekannt, umgesetzt werden, sei fraglich, welcher Nachbar sich später noch auf den weiteren Gewerbegrundstücken neben dem LKW-Parkplatz ansiedeln wird“, meint Kandziorowsky. Bereits seit über zehn Jahren – seit der Aufnahme des Gebiets in den Flächennutzungsplan - hätten sich regelmäßig Firmen aus der Logistikbranche gemeldet, die sich hier ansiedeln wollten. Bis dato sei es aber - auch zu Zeiten von Gerhard Lehner als Bürgermeister und Eva Söllner als CDU-Fraktions- und Hauptausschussvorsitzender - immer klar gewesen, dass Liederbach diese Art von Gewerbe an dieser Stelle nicht wolle. Insofern können man auf Seiten der FWG die Bedenken der betroffenen Mitbürger sehr gut verstehen und empfinde es fast schon als Hohn, wie die Bürgermeisterin die berechtigten Anliegen der Anwohner der Gagfah-Siedlung bisher abgehandelt habe.

Moderne Bürogebäude

„Wir stellen uns an dieser Stelle eine Gewerbebebauung bzw. einen Gewerbepark mit modernen Bürogebäuden vor. Dann könnten die Anwohner der Gagfah-Siedlung nachts ruhig schlafen und am Wochenende wäre es auch ruhig, und der Anblick wäre allemal schöner als der Blick auf ein Parkhaus und 40 LKW`s, die sich rund um die Uhr bewegen“, meint Kandziorowsky. „Dafür brauchen wir jedoch eine Verwaltungsspitze, die die Ansiedlung von Gewerbesteuerzahlern hier nicht nur als Chefsache bezeichnet, sondern auch provaktiv etwas dafür tut, auf Firmen zugeht und sich auch in die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern einschaltet, um die verschiedenen Interessen zusammenzuführen“, fordert Kandziorowsky.

SPD: Kompromisslösung erfordert noch viel Arbeit.

Vernünftige Gewerbeansiedlung

„Grundsätzlich sind wir für eine vernünftige Gewerbeansiedlung in Liederbach. Leider ist in den letzten 30 Jahren versäumt worden eine richtige Mischung aus Wohnbebauung und Gewerbe in Liederbach hinzubekommen“, bedauert Julio Martinez. Man habe nur auf monotone Siedlungen gesetzt, um durch das Bauumlegungsverfahren die Löcher im Haushalt zu stopfen.

„Als Folge davon haben wir in Liederbach prozentual die niedrigste Gewerbesteuerquote im Main-Taunus-Kreis“, so der SPD-Fraktionschef. „Eigene Gewerbeflächen hat die Gemeinde nicht, weil man sie alle gleich versilbert hat. Deshalb haben wir zugestimmt, den ursprünglich für die CocaCola-Erweiterung vorgesehenen Bereich Am Nassgewann als Gewerbegebiet auszuweisen. Dass dieser südliche Teil nicht realisiert werden konnte, ist bedauerlich. Die jetzt vorliegende Option westlich des Sindlinger Weges ist zwar die zweitbeste aber die einzige realisierbare“, meint Martinez.

Sorgen der Anwohner

Das zur Zeit vorliegende Konzept sei zunächst nur ein erster Entwurf, der versuche, die Bedürfnisse der CocaCola mit den Interessen der Gemeinde in Einklang zu bringen. „Aus unserer Sicht sind dabei die Sorgen und berechtigten Interessen der Anwohner – vor allem im Bereich Gagfah-Siedlung - nicht ausreichend berücksichtigt worden“, moniert Martinez. Daher habe man im interfraktionellen Arbeitskreis und später im Ausschuss und im Parlament noch viel Arbeit vor sich, um einen für alle Seiten tragbaren Kompromiss zu finden.

Keine einfache Sache

„Wir werden es uns sicherlich nicht einfach machen“, ist Martinez sicher, das vorliegende Konzept werde mit Sicherheit nicht das letzte Wort sein. Man habe bereits sehr konstruktive Vorschläge aus der Bevölkerung erhalten und werde sie in der Fraktion und im Arbeitskreis beraten und weiterentwickeln. Der Beschluss zur Erstellung eines Bebauungsplanes, der fast einstimmig sowohl im Bau-Planung- und Umweltausschuss sowie im HFA letzte Woche gefällt wurde, sage also noch nichts Endgültiges über die genaue Gestaltung dieser Fläche aus.



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