Kein Zurück zur Kirche der Vergangenheit

Erstellt von Leser-Reporter: Dr. Christoph Müllerleile
"An was glauben Sie?" fragte der Schüler aus der elften Klasse der IGS Bischof Bätzing. Der Gast antwortete im Kulturcafé Windrose mit großer Offenheit. Pastoralreferentin Susanne Degen moderierte das Gespräch.

„Und was machen wir morgen, Herr Bischof?" war das Thema eines Gesprächs mit dem Limburger Bischof Dr. Georg Bätzing am 6. Oktober im Oberurseler Kulturcafé Windrose. Die Eingangsfragen stellte Pastoralreferentin Susanne Degen, die Vorsitzende des Trägervereins Kommunikationszentrum Altstadt. Nach und nach gesellten sich weitere Fragesteller aus dem hundertköpfigen Publikum dazu. Der Bischof lobte das offene Konzept des gerade eröffneten neuen Oberurseler Treffpunkts.
Bätzing, der Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, sagte voraus, dass die Kirche von morgen kleiner, ärmer und viel weniger einflussreich sein werde, auch in der Politik. Das werde dazu führen, dass sie weniger attraktiv sei. Es sei keine Selbstverständlichkeit mehr, zur Kirche zu gehören. Aber diese Selbstverständlichkeit habe auch ihre negativen Seiten gehabt. Er selbst möchte nicht zurück in die guten alten Zeiten, „denn alle Probleme, die wir sehen, waren Probleme dieser guten alten Zeit der Kirche.“
Er glaube, dass es keine Alternative zu einer echten freien Entscheidung von Menschen auch für den Glauben gebe. So wie sich Menschen frei für viele wesentliche Dinge ihres Lebens entschieden, müssten sie sich heute auch für den Glauben entscheiden, und es gebe viel weniger sekundäre Argumente als früher, zur Kirche zu gehören. „Vielen von uns, auch mir, wurde das alles geschenkt, und ich habe gesagt, das will ich auch. Ich will glauben“, sagte der Bischof. Aber die allermeisten von seinem Schuljahrgang hätten diese Entscheidung nicht getroffen. Sie hätten alle dazugehört, aber darüber vielleicht nie im Leben eine persönliche Entscheidung getroffen. Und deshalb nähmen sie nicht mehr am Gottesdienst teil. Sie seien vielleicht einmal engagiert gewesen, stolperten jedoch noch viel leichter über all die Skandale, die die Kirche liefere. Und dann seien sie irgendwann weg, ausgetreten oder einfach nicht mehr praktizierend.
Der Bischof mahnte: „Lassen Sie uns nicht fragen, was morgen aus uns wird, sondern mit wem, für wen wir denn da sind. Also auf die schauen, die nicht zu uns gehören und uns fragen, was von unserem Glauben für sie wichtig sein könnte.“ Er glaube, dass aus dieser Bewegung eine ganz neue Form von Kirche in ihrer sozialen Gestalt wachse, anders als wir sie kannten. Das stimme traurig. Die Trauer werde aber überwunden, „wenn wir an Orte gehen, wo wir etwas wachsen sehen“. Er hoffe, das Kulturcafé sei so etwas. Hier sei Kooperation entstanden. Die Kirche mache es nicht mehr alleine, nicht nur, weil sie es auf Dauer nicht mehr könne, sondern weil sie es nicht wolle, weil es um alle Menschen gehe.

 

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