Mutige Ausstellung über Schwerstbehinderte

Erstellt von Leser-Reporter: Dr. Christoph Müllerleile

Fotograf Stefan Mantel mit Lions-Präsident Holger Thomas bei der Eröffnung der Ausstellung "Wir sind Kinder". Rechts an der Wand ein Bild von Nils mit Porsche-Fahrzeug.

Oberursel. - Anderthalb Stunden stritten die Porsche-Manager, bis der Marketingchef auf den Tisch haute und sagte „Wir machen es“. Und es klappte: Nils durfte als Beifahrer im Porsche-Rennwagen schnelle Runden auf dem Hockenheimring drehen. Im Alter von zwei Jahren aus einem Gartenteich knapp vor dem Ertrinken gerettet, befindet sich der heute Dreizehnjährige seitdem im Wachkoma. Als Kleinkind hatten ihn vor seinem Unfall Rennautos fasziniert. Beim Röhren der Motoren erinnerte er sich und lächelte zum ersten Mal seit Langem wieder.
Stefan Mantel erzählte Nils‘ Geschichte bei der Eröffnung der Fotoausstellung „Wir sind Kinder“ am 29. Januar im Oberurseler Rathaus. Der Fotograf begleitete den Jungen und acht weitere Schwerstbehinderte in Deutschland und der Schweiz ein ganzes Jahr lang im Alltag in ihren Familien und Heimen. Dabei gewann er ihr Vertrauen, und es entstanden Hunderte von Aufnahmen, von denen bis zum 7. Februar fünfzehn großformatig im Foyer des Oberurseler Rathauses zu sehen sind.
Besucher der Ausstellung lernen außer Nils auch Janosch, Anton, Paul, Karwan, Momo, Jana, Benedikt und Salome kennen. Mantel, von Beruf Bänker und professioneller Fotograf in Frankfurt, fällt zu jedem eine Geschichte ein. Es geht ihm nicht um Mitleid mit den von Mehrfachbehinderungen Betroffenen und ihren Angehörigen, sondern um ihre Ausgrenzung und die Bedeutung von Liebe, Verständnis und geeigneten Therapien für das Überleben der Hilfebedürftigen. Die meisten sind seit ihrer Geburt erkrankt. Die Eltern mussten ihr Leben komplett umstellen, dabei auch die übrige Familie einbeziehen und ihre beruflichen Ambitionen überdenken.
So ging es auch dem Oberurseler Journalisten-Ehepaar Jörg und Katrin Eigendorf. Sohn Philip Julius kam 1994 als scheinbar normales Kind auf die Welt, entwickelte aber bald Symptome einer schweren Erkrankung. Als er 2011 mit siebzehn starb, gründeten seine Eltern einen Verein, der seinen Namen trägt und überall in Deutschland Schwerstkranken hilft. Der Philip Julius e. V. ist zusammen mit dem Lions Club Oberursel Veranstalter der Fotoausstellung.
Bei der Vernissage sprachen die Geschäftsführerin des Vereins, Nadine Bauer, Lions-Präsident Holger Thomas und im Namen der Stadt Stadtrat Dr. Georg Eiselt zum Ausstellungsanlass.

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