1000 Eichen für die Zukunft des Waldes

Christoph Ewers vom Gemeindewaldbesitzerverband, Gerda Jo Werner Urenkeln Natascha Stehr, Hessens Landwirtschaftsminister Ingmar Jun, Erster Stadtrat Jens Uhlig und Revierförster Luis Kriszeleit freuen sich über die gemeinsam geplanzten Eichen, die am Rande noch von rei anderen Baumarten umrahmt werden: von Hainbuchen, Speierlingen und Elsbeeren. Foto: js

Von Jürgen Streicher

(Oberursel). Nun wird die Erinnerung an Gerda „Jo“ Werner offensiv und lebendig in die Zukunft getragen. Am Montag wurden im Stadtwald 1000 Eichensetzlinge im Gedenken an die Frau gepflanzt, die in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts indirekt zu einer Symbolfigur geworden ist.

Zur Pflanzaktion im sonnendurchfluteten Zukunftswald war auch Hessens Landwirtschaftsminister Ingmar Jung im Arbeitsdress gekommen.

Als Frau von der 50-Pfennig-Münze ist Gerda „Jo“ Werner in die noch junge deutsche Nachkriegsgeschichte eingegangen. Eine namenlose junge Frau mit Kopftuch und Haarband, es war nicht die Idee, ihr ein Denkmal zu setzen – vielmehr ging es darum, ein Symbol für den Wiederaufbau Deutschlands zu schaffen. Fast jeder Bundesbürger hat sie bis zur Euro-Wende einmal in Händen gehalten, die unbekannte knieende Frau mit dem Eichensetzling in der Hand, die die Rückseite der silbernen Münze ziert. Stellvertretend für die „Pflanzfrauen“ oder „Kulturfrauen“, wie sie genannt wurden, die nach dem Zweiten Weltkrieg durch ihren unermüdlichen Einsatz zerstörten Wald wieder aufbauten. Dass die Frau vom 50-Pfennig-Stück, das „Jo“ steht für ihren zweiten Vornamen Johanna, eine Oberurseler Bürgerin war, werden die meisten im Ort auch später nie erfahren haben.

Im lichten Frühlingswald am Montag um die Mittagszeit steht sie im Mittelpunkt. Von nun an gibt es dort eine „50 Pfennig-Bank“ und ein „50 Pfennig-Biotop“ im kleinen Waldstück der Hoffnung am Ende der Friedländer Straße zwischen der Klinik Hohe Mark und der Emminghaushütte. Vielleicht wird es auch mal 1000-Eichen-Wald genannt, denn so viele Setzlinge wurden an diesem Tag unter der Aufsicht von Revierförster Luis Kriszeleit in den frischen Waldboden gebracht.

Ein Generationenprojekt

Zweimal wird dabei jeweils der Hohlspaten mit dem Fuß in den Boden getrieben, um den passenden „Erdpfropfen“ auszustechen. Von Landwirtschaftsminister Ingmar Jung, der das mit Gerda „Jo“ Werners Urenkelin Natascha erledigt, von der Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, Sabine Mauderer, von Bürgermeisterin Antje Runge, von Vertretern zahlreicher Institutionen, von Waldschützern und Waldbesitzern, Schülerinnen und Schülern der Feldbergschule, um zu verdeutlichen, dass Waldaufbau und -pflege immer ein Generationenprojekt sein muss. Bis zur perfekten Reifung braucht eine Eiche bis zu 250 Jahre, sagt der Oberförster. Sichtlich gerührt mittendrin in all dem Gewusel die Tochter der Geehrten, Monika Stehr, die mit Familie aus Süddeutschland angereist war.

Im vergangenen Jahr hatte die Stadt nach längerer Diskussion beschlossen, das Grab der 2004 verstorbenen Künstlerin und Kunstlehrerin an Oberurseler Schulen in ein Ehrengrab umzuwandeln. Daraus ist das Projekt „1000 Eichen im Gedenken an Gerda Jo Werner“ gewachsen – ein „wahrhaft lebendiges Denkmal für die Zukunft“, wie die Bürgermeisterin betonte. Ein „Nachhaltigkeitsprojekt“, das viele Unterstützer gefunden hat, in das sich viele Menschen eingebracht haben. Der Forstminister lobt die „Symbolik“ der Aktion und die Annahme der Aufgabe, den „Wiederaufbau des Waldes aktiv zu managen. Das ist uns schon einmal gelungen, das hier ist ein tolles Projekt.“

Die brutalen Zahlen nennt eine Sprecherin des Verbandes der Waldeigentümer, die für rund zwei Millionen Waldbesitzer in Deutschland spricht. Rund 700 000 Hektar Wald zählen als Schadensfläche, es gehe um einen Gesamtschaden von 25 Milliarden Euro. Fast ein Drittel der gesamten Waldfläche müsse aufgeforstet werden, „aktiver Umbau ist angesagt“. Wie damals nach dem Kriegsende, da ging es um etwa eine Million Hektar abgeholzten Wald.

Über zwei Milliarden Mal wurde das silberfarbene Geldstück der 50-Pfennig-Münze geprägt, die bis zur Einführung des Euro im Umlauf sie war. Die Münze mit der symbolischen Pflanzfrau stamme aus einer Zeit, in der „viel Zuversicht benötigt wurde“, erklärte Bankerin Sabine Mauderer in ihrem Grußwort an die „Waldgemeinde“. Die 1000 Eichen im Stadtwald seien ein „Symbol für Wachstum und Zuversicht. Wer sät, wird ernten, wer pflanzt, wird wachsen.“ Eine einfache Gleichung, die Hoffnung machen soll.

Hoffnung machen, dies war auch die Aufgabe, die den Künstlern von der damaligen Bank Deutscher Länder gestellt wurde, als es um die Gestaltung der 50-Pfennig-Münze ging. Das Motiv sollte den Wiederaufbau des Landes spiegeln und Zuversicht vermitteln. Der Künstler Richard Martin Werner hatte seine Arbeit gerade noch rechtzeitig vor dem knapp gesetzten Abgabetermin Anfang 1949 eingereicht. Das Bildnis einer knieenden Frau, die einen Eichensetzling pflanzt, sein Modell war seine Ehefrau Gerda Johanna, kurz danach für ein halbes Jahrhundert das Symbol für Optimismus und Zukunft. Für ihr eigenes künstlerisches und berufliches Wirken wurde sie 1994 mit der Ehrenmedaille der Stadt ausgezeichnet.

Die beiden Feldbergschülerinnen Klara Rochau und Alma Charlotte Köhne (von links) beim Pflanzen einer Eiche.Foto: js



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