Zum 250. Geburtstag: Mit Beethoven im Wohnzimmer

Marc Ziehten und die Musiker vom Gymnasium Oberursel spielen im Wohnzimmer der Stadtbücherei Beethoven und für Beethoven. Foto: Hasselberg

Oberursel (js). „Beethoven bei uns“. So steht es auf dem Einladungsplakat. Das Motto zu Beginn des großen Beethoven-Jubiläumsjahres definiert die Idee, es soll den radikalen Erneuerer der Musik zurück zu den Wurzeln bringen. Zu den Wohnzimmer-Konzerten. Und weil im Wohnzimmer der Hausherr das Sagen hat, darf er auch das Programm bestimmen. Im zum Wohnzimmer umgestylten kleinen Lesesaal der Stadtbücherei haben sich die jungen Veranstalter für ein gemischtes Programm entschieden. Bei ihnen ist Beethoven „Bewunderter und Bewunderer“ zugleich.

Ludwig van Beethoven war am Wochenende Stargast in mehr als 500 „Wohnzimmern“ zwischen dem Buchhaus Voss auf Sylt und dem Schloss Elmau an der Grenze zu Liechtenstein, wo Tatort-Kommissar Axel Milberg zwischen den Einsätzen eines Damen-Quartetts als Vorleser auftrat. Mittendrin auf der Beethoven-Landkarte die Stadtbücherei in Oberursel, wo sich das Jugendbüro und musikalische Gymnasiasten aus dem Musik-Leistungskurs des Abi-Jahrgangs als Beethoven-Fans offenbarten. Die Überraschung haben sie auf dem fein ausgedruckten Programm, das jeder angemeldete Gast zur Eintrittskarte bekam, noch verschwiegen.

Im Wohnzimmer ist das Licht gedämpft, Stehlampen und kleine Scheinwerfer werfen weiße und rote Töne, es gibt auch ein paar Sessel und zwei Couches. Und im Vorzimmer zum Wohnzimmer Häppchen und alkoholfreie Getränke, Eintritt wird im privaten Ambiente nicht genommen. „Beethoven bei uns“ ist Beethoven für alle, die große Eröffnungsparty zum 250. Geburtstag des Verehrten ist ein öffentliches Ereignis in vielen kleinen Zellen. „Cool“ findet Heidi Jost-Smarzoch von der Stadtbücherei die Veranstaltung, Wohnzimmer-Konzerte hat das Jugendbüro in kleiner Form hier schon häufiger präsentiert.

Aber Beethoven, das sollte etwas mehr sein. Marc Ziehten, Musiklehrer am Gymnasium Oberursel (GO) und Leiter der Musicals an seiner Schule, nahm die Einladung dankend an. „Ein spannendes Projekt, vor allem in dieser besonderen Atmosphäre“, so Ziehten. Und überhaupt: „Es gibt niemand, der an Beethoven vorbeikommt, der sich mit Musik-Geschichte beschäftigt“, sagte er vor laufender Kamera der Beethoven-Gesellschaft, die das Konzert mitschnitt.

Mit 15 jungen Musikern und Achim Hasselberg vom Jugendbüro hat Ziehten das Wohnzimmer-Programm zusammengestellt und in zwei aufeinander folgenden identischen Konzerten dem Publikum zu Gehör gebracht, das sich über die Website der „Beethoven Jubiläums Gesellschaft“ selbst einladen konnte. Natürlich im Programm eine gekürzte Version des Rondos „Für Elise“, das Elisa Keil aus der siebten Klasse spielte, Passagen aus der „Mondscheinsonate“ (Annika Koch) und zum Intro eine von Pascal Edelmann fein intonierten „Bagatelle“.

Aber auch der Bewunderer sollte neben dem Bewunderten eine wichtige Rolle spielen. „Beethoven war ein riesiger Fan Mozarts“, verriet Moderator Jakob Henning Behrens (18), der mit Melissa Falkiewicz (17) durchs Programm führte. Mozart zu Ehren erklang seine Fantasie d-Moll. Lehrmeister Johann Sebastian Bach, der Beethoven musikalisch den Weg bereitet hat, war mit einem Konzert für zwei Violinen und Quartett als Begleitung vertreten. Wichtig der Übergang von der Klassik zur Romantik mit Franz Schubert, einem Bewunderer Beethovens, der viele seiner Werke aufgrund von dessen Musik komponiert hat. Die Fantasie f-Moll für Klavier zu vier Händen von Luise Kaßner und Yejin Suh mit dem die Noten umblätternden Musiklehrer war unbedingt ein Höhepunkt im klassischen Teil des Wohnzimmer-Konzertes.

Aber es wären nicht Ziehten und seine Gang vom GO, wenn da nicht noch eine Überraschung und ein bisschen Beethoven außer der Reihe wäre. Als offizieller Abschluss die berühmte Sinfonie Nr. 5 c-Moll, arrangiert für zehn Instrumente bis hin zur großen Trommel und zum Bläser-Trio und dann als nicht angekündigtes Finale furioso in der Kategorie Bewunderer Chuck Berrys „Roll over Beethoven“, bei dem das Moderatoren-Duo als Sänger am Mikro noch einmal eine ganz neue Rolle bekamen.



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