Brum: „Wir drücken Daumen für Thomas Cook“

Oberursel (ach). 600 000 Touristen weltweit, die nach Hause geholt werden müssen, Zigtausende, die ihren Urlaub erst gar nicht antreten können, ebenfalls Zigtausende, die um ihren Arbeitsplatz bangen müssen – der Konkurs des Reiseveranstalters Thomas Cook schlägt hohe Wellen und ist seit Tagen ein beherrschendes Thema in den Medien. Die Zentrale des britisch-deutschen Konzerns für Kontinentaleuropa liegt im Zimmersmühlenweg in Oberursel. Mit weit über 1000 Arbeitsplätzen zählt das Unternehmen zu den größten Arbeitgebern der Stadt. 1500 bis 1600 Menschen haben dort zu den besten Zeiten des Unternehmens gearbeitet.

Das Verhältnis zwischen der Stadt und Thomas Cook geht weit über die formelle Beziehung zwischen einem Unternehmen und dessen Standortkommune hinaus. Zum einen durch die Vielzahl von Menschen aus Oberursel und der Umgebung, die dort arbeiten, zum anderen durch die Reisen, die über den ortsansässigen Anbieter gebucht werden. Aber auch durch das hohe Engagement, das Thomas Cook über Jahrzehnte für Oberursel und die Oberurseler an den Tag gelegt hat. Das Unternehmen hat sich als Sponsor kultureller und sportlicher Aktivitäten hervorgetan. Sein Name fällt immer wieder beim Kultur- und Sportförderverein Oberursel (KSfO), beim Integrativen Zimmersmühlenlauf, bei Peter Schüßlers Weihnachtsaktion „Schüssel und Freunde helfen“, wo schon manche unverschuldet in Not geratene Familie mit Kindern ein paar schöne Urlaubstage in der Sonne verbringen durfte. Bürgermeister Hans-Georg Brum erinnert an das Internationale Dorf auf der Bleiche, das Thomas Cook während des Hessentags 2011 zehn Tage lang gesponsert hat. Und er erinnert an die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Stadt und Thomas Cook beim Bau der Kita im Hammergarten. Das Gelände, das im Eigentum des Reiseveranstalters war, habe dieser der Stadt zu günstigen Konditionen überlassen und dafür Belegungsrechte als eine Art „Betriebskindergarten“ erhalten. „Diese Unterstützung hat uns sehr gut geholfen“, so Brum. Die derzeitige Entwicklung von Thomas Cook sei deshalb „für Oberursel ein schwerer Schlag. Die Betroffenheit ist groß.“

Dass Thomas Cook mit Problemen zu kämpfen hatte, sei allgemein bekannt gewesen, doch der Konkurs der britischen Zentrale sei nicht absehbar gewesen. Die deutsche Gesellschaft mit den weiteren Tochterunternehmen sei nicht das Sorgenkind gewesen. Im Gegenteil, es sei nicht schlecht gelaufen. Doch nun drohe der britische Konkurs mit massiven Liquiditätsproblemen voll auf den Kontinent überzuschwappen. „Das ist hart.“ Die Stadt setze sich aus voller Überzeugung dafür ein, dass durch Übergangskredite von Land und Bund eine Lösung herbeigeführt werden kann. Das sei ein probates Mittel, das in der Vergangenheit bei außergewöhnlichen Schieflagen von Unternehmen oft erfolgreich angewendet worden sei und zu einer Konsolidierung geführt habe. Eine solche positive Reaktion wäre nun wichtig für Thomas Cook.

Mit der Zusage des Bundes und des Landes Hessen für einen Überbrückungskredit in Höhe von insgesamt 380 Millionen Euro ist am Dienstagabend – unter der Voraussetzung, dass die EU-Kommission zustimmt und den Kredit freigibt – eine Lösung für Condor gefunden worden. Allerdings sei Condor kein integraler Bestandteil des Thomas-Cook-Konzerns und bringe als Fluggesellschaft andere Voraussetzungen mit als die Tochterunternehmen in der Reisebranche. Doch auch für diese sollten Wege gefunden werden, mit einem Überbrückungskredit und durch einen Strukturwandel zu einer tragfähigen Lösung zu gelangen. „Thomas Cook ist ein wichtiger Player mit Zukunftspotenzial, der Oberursel als Arbeitgeber und mit seiner Wirtschaftskraft stärkt“, so Brum. Die Stadt stehe als Vermittler unterstützend zur Verfügung: „Wir drücken Daumen und wünschen von Herzen, dass eine Basis für das Überleben von Thomas Cook geschaffen werden kann.“

Bürgschaft für Condor

„Hessen hilft der Condor und ihren Mitarbeitern, die überwiegend in Hessen beschäftigt sind. Das Land übernimmt eine Rückbürgschaft über 190 Millionen Euro und beteiligt sich damit zu 50 Prozent an dem Risiko, das der Bund mit der Gewährung des Überbrückungskredits in Höhe von 380 Millionen Euro eingeht. Condor ist ein profitables hessisches Unternehmen, das durch seine britische Mutter und den Brexit zum Opfer zu werden drohte. Wir sehen zusammen mit dem Bund eine gute Perspektive, dass neue Eigentümer Condor langfristig in der Luft halten können. Weil es diese Perspektive gibt, geben wir der Fluggesellschaft mit unserer Hilfe den notwendigen Auftrieb unter die Flügel, um über die kommenden Monate zu kommen“, sagten Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und Finanzminister Dr. Thomas Schäfer am Dienstagabend in Wiesbaden.

Der Bürgschaftsrahmen des Landes Hessen insgesamt liegt bei 1,5 Milliarden Euro. Die nun für Condor zugesagte Unterstützung ist von diesem Rahmen gedeckt. Ende 2018 beliefen sich die Bürgschaften Hessens auf 664 Millionen Euro. Die Ausfallquote lag bei 0,9 Prozent.

„Gemeinsam mit dem Bund senden wir ein starkes Signal an Condor und alle Condorianer: Wir glauben, dass dieses hessische Unternehmen eine Zukunft haben und weiterhin viele Urlauber in die Ferne bringen kann. Für Condor fängt mit dieser Unterstützung die Arbeit aber erst richtig an. Nun gilt es, das Unternehmen ohne Thomas Cook neu aufzustellen“, erklärten Bouffier, Al-Wazir und Schäfer.



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