Zum Glück funktioniert alles: Brunnenkönigin Janine und Bürgermeisterin Antje Runge sowie Stadtrat Jens Uhlig und Zaklina Koch.
Oberursel (pen/js) – „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche“ heißt es in dem berühmten Gedicht „Der Osterspaziergang“ aus Goethes „Faust“. Befreit aus dem Winterschlaf sind im Taunus nicht nur Flüsse und Bäche, sondern auch die Brunnen, sie sprudeln jetzt wieder und beleben die Stadt. Wenn ein Brunnen eingeschaltet wird, dann ist das nicht einfach nur ein Knopfumlegen, sondern ein großes Ereignis, denn es steht symbolisch für das Ende des Winters, der langen, dunklen Tage und das Erwachen des Frühlings. „Durch des Frühlings holden, belebenden Blick; Im Tale grünet Hoffnungsglück; Der alte Winter, in seiner Schwäche, Zog sich in rauhe Berge zurück.“, heißt es im „Osterspaziergang“ weiter. In Oberursel übernimmt die Brunnenkönigin diesen symbolträchtigen Akt.
Beliebtes Postkartenmotiv
Der erste Brunnen, der in diesem Jahr sprudelte, war der Marienbrunnen in der Altkönigstraße. Mit dem Aufruf „Wasser marsch!“ wurde er von Bürgermeisterin Antje Runge und Brunnenkönigin Janine I gemeinsam angeschaltet. Sie hatte als Unterstützung ihren Australian Shepherd Fibi mitgebracht Mit dabei waren Ersten Stadtrat Jens Uhlig und Zaklina Koch vom Verein „fokus O.“, dem die Wiederbelebung des Brunnens zu verdanken ist.
Der Marienbrunnen wurde für diese feierliche Eröffnung der Brunnensaison ausgewählt, da er wegen zwei defekten Wasserleitungen fast zwei Jahre ausgeschaltet war. Er ist vermutlich der älteste Brunnen der Stadt; schon im Jahr 1863 ist die Brunnenanlage an der Ecke Altkönigstraße/Königsteiner Straße im Kartenbild festgehalten. Mitte der 60er Jahre wurde der Marienbrunnen neu angelegt und diente einige Jahre sogar als Postkartenmotiv. Danach geriet er in Vergessenheit und wurde schließlich stillgelegt. Mit viel ehrenamtliches Engagement wurde der Brunnen anlässlich des Hessentages 2011 erneuert und umgestaltet. Seit dem sprudelte das Wasser aus drei Düsen nach in die darunterliegenden Terrassenbecken.
Der Brunnen als Spiegel der Epoche
Nun sprudeln sie alle wieder, die insgesamt 21 städtischen Brunnen. Sie sind gut funktionierende Repräsentanten der Brunnenstadt Oberursel, insgesamt 75 000 Euro lässt sich die Stadt das im Jahr kosten. Für die bauliche und technische Unterhaltung der Brunnen sind 25 000 Euro im Wirtschaftsplan eingestellt. Seit 1979 wird das Brunnenfest zur Verfestigung der Brunnen-Tradition in Oberursel gefeiert, seitdem wird jedes Jahr ein Brunnen gesucht, dem die Brunnenkönigin als Patin zugeordnet wird.
Die Geschichte der Brunnen reicht bis in die Antike zurück. Griechenland und Rom besaßen eine hohe Brunnenkultur. Das Prinzip der übereinanderliegenden Schalen, von denen die höhere ihren Inhalt jeweils in die darunterliegende, breitere, abgibt, war bereits im Altertum gebräuchlich. Ebenso errichtete man schon damals Fontänen und wasserspendende Statuen.
Die Gestaltung der Brunnen war auch immer ein Spiegel der Epoche. In der Gotik prägten vertikale Brunnen, die aussahen wie kleine Kathedrale, das Stadtbild. Einen neuen Wandel der Formen schaffte die Renaissance. Die gotische Pyramide verschwand und an ihre Stelle trat die gerade Säule, deren Abschluss meist den Sockel einer Figur bildete. Diese Figur wurde der antiken Mythologie, dem christlichen Kult, aber auch dem Zeitgeschehen entnommen. Beispiel dafür ist Peter Flötners berühmter Mainzer Marktbrunnen von 1526 mit seinem von drei Pfeilern getragenen Dachbaldachin. Im Barock verdrängten Wucht und Masse alles Feine. Breite Wassermengen schäumen, Kaskaden rauschen und Fontänen schießen empor. Berühmtes Beispiel für einen Barockbrunnen ist der Trevibrunnen in Rom.
Auch der Australian Shephard Fibi hat Spaß an dem Wasserstrahl, der jetzt wieder den Brunnen und die Altstadt belebt. Fotos: js