Die Chancen des Friedensprozess in Kolumbien

Prof. Dr. Stefan Peters referiert für die Q3 des Gymnasiums über die weiter vorherrschenden Konflikte und Zustände in Kolumbien.Foto: Jung

Oberursel (ow). Für die Jahrgangsstufe Q3 des Gymnasiums Oberursel hat vor Kurzem in der Rotunde ein Vortrag von Prof. Dr. Stefan Peters zum Thema „Frieden in unfriedlichen Zeiten: Hoffnungsträger Kolumbien?“ stattgefunden. Organisiert wurde die Veranstaltung von Daniel Dorn und Heike Scholz.

Peters ist Direktor des deutsch-kolumbianischen Friedensinstituts CAPAZ und hat einen Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung an der Justus-Liebig-Universität in Gießen inne. Durch seine Arbeit war und ist er immer wieder aktiv an Friedensverhandlungen beteiligt und berät dabei in engem Austausch mit dem Deutschen Auswärtigen Amt die kolumbianische Regierung.

In seinem gut einstündigen Vortrag beleuchtete er die verschiedenen Seiten und Hintergründe des offiziell seit 1964 andauernden bewaffneten Konfliktes der kolumbianischen Regierung mit verschiedenen Guerillagruppen, Paramilitärs und Drogenkartellen. Dieser Konflikt habe bisher etwa 10 Millionen Opfer gefordert, davon etwa 8,2 Millionen Vertriebene und rund 126.500 Todesopfer. Diese Gewaltspirale könne nur durch Verhandlungen unterbrochen werden, so Peters. Sogar im UN-Sicherheitsrat herrsche aktuell Einstimmigkeit über die Unterstützung dieses Friedensprozesses in Kolumbien.

Obwohl Kolumbien ein demokratischer Staat mit einer Verfassung sei, bedeute das nicht automatisch, dass ein „demokratischer Frieden“ herrsche. So gingen etwa 12 Prozent der Todesopfer auf staatliche Morde zurück. Besonders die Aufdeckung der 6402 „Falsos Positivos“ (angeblich im Kampf getötete Guerillas, in Wahrheit aber vom kolumbianischen Militär ermordete Landarbeiter) zwischen 2002 und 2008 hätten die Bevölkerung erschüttert.

Eine der Hauptursachen für den Konflikt in Kolumbien sei die extreme Ungleichheit der Bevölkerung was Landbesitz, Einkommen und Bildung betreffe, so Peters. Dazu kämen noch Sprachbarrieren für die indigenen Bevölkerungsgruppen und der traditionell vorherrschende Machismo. Dies alles erschwere eine angestrebte produktive Konfliktlösung.

Die „Transitional Justice“, die die Nürnberger Prozesse als Vorbild habe, versuche daher, durch eine Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP), die Einrichtung einer Wahrheitskommission sowie einer Einheit zur Suche der Verschwundenen (UBPD) und Reparationen eine gesellschaftliche Versöhnung zu erreichen. Dabei müssten oft schweren Herzens rechtliche Benefits angeboten werden, wenn jemand zur Wahrheitsfindung beitrüge. So würden lebenslange Haftstrafen beispielsweise in Arbeitsleistungen im Bereich des Aufbaus von Infrastrukturprojekten oder bei der Minenräumung umgewandelt. Diese würden sogar bezahlt, da es sonst Zwangsarbeit wäre. Insgesamt sei es eine gewisse Gratwanderung, da man ja am Ende nicht die belohnen und finanziell besserstellen wolle, die zuvor Gewaltverbrechen verübt hätten, erklärte Peters zum Abschluss seines Vortrags.

Im Anschluss beantwortete er noch eine halbe Stunde lang viele interessierte Fragen von Seiten der Schüler. So arbeite die CAPAZ mit Opferorganisationen zusammen und berate sie. Wichtig für eine Verhinderung von Konflikten sei auch die politisch historische Bildung oder die Förderung von Kleinprojekten, mit deren Hilfe den Menschen ein würdevolles Leben ermöglicht werde. Wünschenswert aber eher unrealistisch sei der Verzicht der herrschenden Elite auf einen Teil ihrer Privilegien.

Abschließend bedankte sich Dorn bei Prof. Dr. Peters für sein Kommen und den lehrreichen Vortrag und auch die Schülerschaft verabschiedete sich mit großem Applaus. Das GO wird auch zukünftig durch Gelder des Sponsorenlaufs und des Hoffesterlöses die Partnerschulen und Projekte zur Selbsthilfe in Kolumbien unterstützen, die von Dieter Lober-Sies in Zusammenarbeit mit Edmundo Perez ins Leben gerufen wurden, und damit einen kleinen Teil zum Friedensprozess beitragen.



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