Wir denken nicht in Grenzen - Aufbruch zu neuen Ufern

Die Festival-Direktoren Alexander Mereien und Eva Debrodt (v. r.) begrüßen auf dem roten Teppich den bekannten Gastronomen Thomas Studanski und seine Gattin.Foto: Jürgen Streicher

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Die Stadt ohne Kino wird langsam zur Stadt der Filmkunst. Der Aufbruch zu neuen Ufern nimmt Formen an. Bei der 14. Auflage des Filmfestes, der zweiten im neuen Format, gelingt wieder ein Sprung in neue Kino-Sphären. Die Bilanz der Festival-Direktion fällt rundum positiv aus. Mehr als 2000 Film-Enthusiasten bescherten dem Filmfest einen Rekordbesuch.

In Oberursel wird das alte Stadthallen-Kino für ein langes Film-Wochenende reanimiert, nach 24 Jahren Ruhezeit. Im gerne mondänen Bad Homburg finden sich mit dem Kinopolis-Filmpalast gleichgesinnte Kooperationspartner, die Film-Brücken sind international geworden. Und die Menschen, die sie bauen, kommen aus vielen Ländern in die Stadt. Auch aus der Filmstadt Los Angeles kommen Filmemacher, um beim aufstrebenden Festival dabei zu sein.

Leidenschaft, Herzblut, Energie in hohem Maße, es sind die Triebfedern von Festival-Direktorin Eva Debrodt, von ihrem Partner im Führungsduo Alexander Mereien, von allen im Festival-Team, zwei Dutzend filmbegeisterten Menschen im engsten Kreis, die fast alle ehrenamtlich arbeiten. Sie haben die Vision, den Wunsch und Willen, ein stets wachsendes Filmfest zu kreieren. Für alle, die „die Kraft des Films lieben und an die Kraft guter Geschichten glauben“. Im zweiten Jahr mit der im Jahr zuvor entwickelten neuen Struktur und erneuter Erweiterung ist das Festival mit dem neuen Namen „Taunus Filmfest Oberursel“ und dem Zusatztitel „TAUNALE“ jetzt tatsächlich wieder zu neuen Ufern aufgebrochen. Und mit der doppelten Zahl von Zuschauern belohnt worden. „Großartig, ein Wahnsinn“, nennen Debrodt und Mereien bei der Matinee mit Preisverleihung zum Abschluss die erreichten rund 2000 Film-Enthusiasten.

Das Filmfest in einer Stadt ohne Kino ist kein Gespinst mehr. Denn jetzt ist die Kurstadt Bad Homburg auch Filmfest-Stadt. Ein kleines bisschen zumindest, seit am vergangenen Wochenende erste Filme im Rahmen der „Taunale“ im noch neuen Kinopolis am Bahnhof über die Leinwand flimmerten. Hier stand der wunderbare Premierenfilm über das Mysterium der kubanischen Musik für einen neuen Schritt des Taunus-Filmfestes auf dem Programm.

Und es sieht gut aus nach einem beschwingten Nachmittag mit Sekt und kubanischer Live-Musik, dass diese Premiere ein guter Beginn für eine schöne Liaison sein könnte. Oberbürgermeister Alexander Hetjes sieht das positiv, Eva Debroth findet das bescheiden „sehr nett“, würde eine Kooperation dankend annehmen. Denn: „Gemeinsam sind wir stark. Wir denken nicht in Grenzen, wir wollen Dinge ermöglichen, Menschen zusammenbringen, den Filmstandort Hessen bereichern.“

Das ist auch bei Hessen Film & Medien und beim Kulturfonds Rhein-Main angekommen. Beide gehören jetzt zu den Förderern des Projekts, sind beim Gala-Abend im Oberurseler „Hotel elaya“ zur Eröffnung dabei, loben die internationale Vernetzung und „exzellente Qualität“ des Filmfestes. So sehen das alle, nicht nur die etwa 250-köpfige Gala-Gesellschaft im ausverkauften Festival-Zentrum, die sich sichtlich wohl fühlte bei Sekt und Häppchen und vielen Gesprächen mit Gleichgesinnten.

Und am fortgeschrittenen Abend durfte die bunte Gästeschar die Deutschland-Premiere des Films „Was uns verbindet“ der französischen Regisseurin Carine Tardieu miterleben. In Frankreich zog der Film mit Hauptdarstellerin Valeria Bruni Tedeschi nach der Premiere 2024 bei den Filmfestspielen von Venedig rund 700 000 Menschen in die Kinos, „und jetzt ist er hier in Deutschland, in Oberursel“, jubelte Eva Debrodt. Und nach Filmende gegen 23 Uhr war auch die Regisseurin live aus Frankreich zugeschaltet für ein Interview.

Das Taunus Filmfest ist angekommen in Oberursel, nicht nur bei den Kinofreunden in der Stadt, auch in der internationalen Szene. Da kommt ein Regisseur und Produzent wie Jerry Digby aus Los Angeles, um für die Jury zu arbeiten, Filmemacher:innen aus ganz Europa und Übersee sind bei der Präsentation ihrer Arbeiten dabei und stehen dem Publikum im Nachgang in Interviews live Rede und Antwort.

Tatort-Stars sitzen in der Jury, in Workshops mit Profis drehen Jugendliche an einem Tag im Hotel-Ambiente des Festival-Zentrums ihren eigenen Film oder beschäftigen sich mit Sounddesign, die städtische Wirtschaftsförderung führt Produktionsfirmen beim „Location Scouting“ durch die Stadt. Auf der Suche nach außergewöhnlichen Drehorten für ihr nächstes Film- oder Fernsehprojekt. In Oberursel? Auch das, aber über allem steht der Wunsch, dem neuen Namen „Taunus Filmfest“ gerecht zu werden. Über die Stadtgrenzen hinaus.

Das Thema „Vom Essen, Leben und Lieben“ dürfte überall auch im nächsten Jahr als Motto passen. Wer dabei sein will, kann sich schon die Tage vom 6. bis 9. August 2026 für das nächste Taunus Filmfest Oberursel im Kalender eintragen.

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