Oberursel (bg). Endlich wieder vor Publikum singen, endlich wieder ein Konzert erleben! Das alljährliche Open-Air-Konzert „Drei Tenöre – drei Freunde“ im Rahmen des Theaters im Park (TiP) fiel nicht Corona zum Opfer. Die Freude und Erleichterung über die „neue Normalität“, war beim Publikum wie bei den Sängern deutlich spürbar. Ermöglicht wurde dieses mitreißende Konzert in der Stadthalle durch den Kunst- und Sportförderverein Oberursel (KSfO) und die Unterstützung von Sponsoren.
Die Kulturmacher im städtischen Rathaus setzten alle Hebel in Bewegung, um die lange geplanten, beliebten Klassikkonzerte stattfinden zu lassen. In normalen Zeiten ist das stimmungsvolle Konzert unter freiem Himmel eine feste Einnahmequelle im KSfO-Budget. „Wir waren es dem treuen Publikum einfach schuldig, etwas auf die Beine zu stellen“, befand KSfO-Geschäftsführer Udo Keidel-George. Was er mit der Projektbeauftragten Helen Schroth und dem gesamten Team geleistet hat, verdient allen Respekt.
Ein Konzert in der Stadthalle? Nein, es waren drei Konzerte, die stattfanden, um mehr Gästen einen Konzertbesuch zu ermöglichen. Denn an den festlich eingedeckten, langen Tischen durften gerade einmal zwei Personen Platz nehmen. Der Stimmung tat das keinen Abbruch – im Gegenteil. Befeuert wurde sie durch die drei stimmgewaltigen Sänger, die sich beim ersten Auftritt nach langer Zeit in Hochform vorstellten und ihr Bestes gaben. Oberursel ist dem Trio inzwischen richtig ans Herz gewachsen, wie Stefan Lex bekannte. Er führte charmant und locker durch das Programm. Das Konzert war bereits der fünfte Auftritt in der Brunnenstadt, wenn auch der erste in der Stadthalle. Mitgebracht hatten sie Arien aus Opern von Verdi, Mozart und Flotow sowie die schönsten Operettenmelodien aus der Feder von Franz Lehar. Der Abend war auch eine Verbeugung vor dem bekannten ungarischen Komponisten, dessen 150. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird.
Trinklied auf dem Trockenen
Außer Stefan Lex und Michael Kurz präsentierte sich anstelle von Thorsten Heyer, der als Professor an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt Prüfungen abnehmen musste, diesmal Giovanni da Silva dem Publikum. Er sang sich mit seiner schönen Belcanto-Stimme in die Herzen der Zuhörer. Zum Auftakt eilten die drei Freunde mit Masken auf die Bühne, um sie dann natürlich abzunehmen. Es war schon schwer genug im festlichen schwarzen Frack ohne einen Tropfen aus dem Glas das bekannte Trinklied des Alfredo aus „La Traviata“ anzustimmen. Es folgte ein eindrucksvolles Solo von Michael Kurz, dann stellte sich Giovanni da Silva mit „Un aura amorosa“ aus „Cosi fan tutte“ von Mozart vor. Stefan Lex besang leidenschaftlich die „Martha“ aus der gleichnamigen Oper von Flotow. Nach einem weiteren Medley der drei Sänger meinte Stephan Lex, „nun sei es mal gut mit der Oper. Da ist alles immer so dramatisch, und es wird so viel gemordet. Nicht so in der Operette, da geht man freundlicher miteinander um“. Obendrein verriet er: „Wir Männer sind die größten Romantiker“.
Dann servierte das Trio einen herrlichen Strauß der schönsten Lehar-Titel, darunter „Du bist meine Sonne“ oder „Komm Zigan“. Bei ihrem Medley bestehend aus „Da geh ich zu Maxim“, „Gern hab ich die Frau’n geküßt“ und dem weltberühmten „Dein ist mein ganzes Herz“ webten sie mit ihren ausdrucksstarken Stimmen wunderbare Klangteppiche die unter die Haut gingen. Das Publikum war begeistert, Bravo-Rufe erklangen.
Die wichtige Frau am Klavier
Allen Beifall verdient hatte sich auch Sigrid Althoff. Sie begleitete nicht nur energisch, präzise und sehr einfühlsam die drei Herren bei ihren Vorträgen. Sie war für die raffinierten Arrangements der Medleys verantwortlich, sodass die drei Tenor-Stimmen zu einem harmonisch-glanzvollen Dreiklang verschmolzen. Obendrein brillierte die Pianistin am Flügel mit zwei Solostücken. Einem kleinem Mozart-Werk, der „Sonate facile“, und auf Wunsch eines Gastes spielte sie hinreißend gefühlvoll „Memory“ aus dem Musical „Cats“. Für Stefan Lex grenzt es „fast an ein Wunder, das eine so tolle Musikerin und schöne Frau aus Dortmund stammen kann“. Er verehrt sie nicht nur, die beiden sind seit langem verheiratet. Dabei ist das Ruhrgebiet ihm und seinen Freunden bestens vertraut, dort haben sie sich während ihres Studiums kennengelernt. Mit Oberursel machte das Ehepaar Lex Bekanntschaft, weil ihre Tochter für ihr Musikstudium in Frankfurt in der Brunnenstadt eine Wohnung fand.
Nach dem gelungenen Querschnitt durch Oper und Operette wurde das Publikum noch mit einem Sahnehäubchen obendrauf verwöhnt: mit neapolitanischen Volksliedern. Die drei Freunde sangen mit großer Leidenschaft wie einst das berühmte Trio Placido Domingo, Luciano Pavarotti und Jose Carreras bei ihrem legendären Auftritt anno 1990 in den Caracalla-Thermen in Rom die herrlichsten Klassiker dieses Genres. Ob „Santa Luca“, „Torna a Surriento“ „Funiculi, Funicula“ oder „O sole mio“, jeder hat sie im Ohr. „Singen sie ruhig mit“, meinte Stephan Lex, aber so textsicher waren nicht viele. Für das Mitsummen und Mitklatschen reichte es.
Zum fantastischen Höhepunkt gerieten die Zugaben. Das Publikum war nicht mehr zu bremsen und klatschte unentwegt. Die drei Freunde sorgten für Hochstimmung und Emotionen pur mit „Nessun dorma“, „Ob blond, ob braun“ oder „Granada“. Nach einem allerletzten „O sole mio“ war endgültig Schluss. Eine Pause hatte es für die drei Tenöre und Freunde nicht gegeben. Sie waren bei diesem ersten Auftritt nach monatelanger Pause nicht nur mit ihren Stimmen, sondern mit Herz und Seele im Einsatz. Allen, die dabei sein konnten, wird dieses Corona-Konzert unvergesslich bleiben.
Auch das Konzert „Klassik unter Sternen“ musste vom KSfO coronabedingt in die Stadthalle verlegt werden. Unter dem Motto „Operettenträume“ gibt es für den Termin am Mittwoch, 12. August, noch einige Restkarten. Interessenten können sich per E-Mail an kultur[at]oberursel[dot]de wenden oder anrufen unter Telefon 06171-502268.