Egon Loy auch nach 70 Jahren der Eintracht verbunden

Eintracht Frankfurts Torwart-Legende Egon Loy ist auch mit 92 Jahren noch immer ein amüsanter Plauderer und Kenner der Fußball-Szene.Foto: gw

Oberursel (gw). Mehr als 64 Jahre liegt dieses Ereignis inzwischen zurück, aber nicht nur die älteren Fans des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt erinnern sich mit großer Freude daran: Am 28. Juni 1959 sicherten sich die Adlerträger im Berliner Olympiastadion vor 75 000 Zuschauern durch einen 5:3-Erfolg nach Verlängerung gegen die Offenbacher Kickers ihre bislang einzige Deutsche Meiserschaft.

Einer, der damals mitgespielt hat, lebt mit seiner Frau Irmgard seit knapp vier Jahrzehnten in Oberstedten. Torwart Egon Loy ist 92 Jahre alt und war Star-Gast bei der Talk-Runde des Geschichts- und Kulturkreises Oberstedten, der in der Alte Wache zu einer „Nachspielzeit“ eingeladen hatte.

Es war zum Thema Fußball bereits die zweite in diesem Jahr, denn im Sommer hatte die Premiere dieser „Nachspielzeit“ im Vereinsheim des 1. FC 09 Oberstedten stattgefunden. Auch damals war Loy – neben Eintracht Frankfurts Teammanager Christoph Preuß – bereits als Stargast eingeladen worden, aber der mehr als rüstige ehemalige Torwart hatte wegen den Folgen eines Sturzes kurzfristig absagen müssen.

Im zweiten Anlauf präsentierte sich der 92-Jährige den mehr als drei Dutzend interessierten Zuhörern körperlich erstaunlich fit und geistig topfit und beantwortete alle Fragen des Moderator Dr. Reinhold Ott schlagfertig und mit einer gehörigen Prise Humor und Sachverstand. „Schiedsrichter Rudibert Jacobi vom SV Sandhausen hat mich mal in einem Spiel beim TSV 1860 München vom Platz gestellt, weil ich ihn angeblich gedutzt habe“, erinnerte sich Loy an den einzigen Platzverweis in seiner Karriere. Dieser hatte allerdings keine weitreichenden Konsequenzen, denn zur Rechtsausschuss-Sitzung sechs Tage später in Weinheim war Jacobi nicht erschienen. Loy konnte sich glaubwürdig rehabilitieren, wurde „freigesprochen“ und stand tags darauf beim nächsten Heimspiel der Eintracht bereits wieder zwischen den Pfosten.

2024 ist der am 14. Mai 1931 in Essen geborene Loy 70 Jahre Mitglied bei Eintracht Frankfurt („Ich zahle dort immer noch meinen Beitrag!“) und die Tatsache, dass der talentierte Schlussmann vom fränkischen TSV Schwabach aus nicht zum 1. FC Nürnberg oder der SpVgg Fürth gewechselt war, war vor allem Hermann Höfer und Hans Weilbächer zu verdanken. „Mit den beiden hatte ich mich in der süddeutschen Fohlenmannschaft angefreundet und die beiden haben mich dann überzeugt, auch zur Eintracht zu wechseln, wo die beiden bereits unter Trainer Paul Windmann gespielt haben“, erklärte Loy.

Großen Anteil an seinem Wechsel hatte aber auch Willi Balles. Der damalige Spielausschuss-Vorsitzende der Frankfurter bemühte sich sehr um den jungen Loy, vermittelte dem gelernten Verwaltungs-Angestellten eine Arbeitsstelle bei der Metallgesellschaft und fuhr ihn direkt nach der Hochzeitsfeier mit seiner Irmgard in die erste eigene Wohnung in der Oppenheimer Straße in Sachsenhausen.

Dass dies für beide Seiten ein goldrichtiger Schritt gewesen ist, belegen die Erfolge von 1954 bis 1967. Er stand mit den Adlerträgern am 18. Mai 1960 in Glasgow bei der 3:7-Niederlage gegen Real Madrid im Endspiel um den Europapokal der Landesmeister und am 13. Juni 1964 in Stuttgart im DFB-Pokalfinale gegen den TSV 1860 München (0:2). Insgesamt hat der großgewachsene Torhüter von 1963 bis 1966 in 69 Bundesligaspielen zwischen den Pfosten gestanden.

Der Arbeitsalltag des jungen Fußballers, der am 30. Mai 1954 ein Amateur-Länderspiel für Deutschland bestritten hat (in Longwy 0:0 gegen Frankreich), sah wie folgt aus: von 8 bis 10 Uhr Büro-Job bei der Metallgesellschaft, von 10 bis 12 Uhr Training am Riederwald, von 13 bis 17 Uhr wieder Arbeit bei den „Metallern“ und anschließend nochmals Training.

Unvergessen ist Loys erstes Punktspiel mit dem Adler auf der Brust am 22. August 1954. Nach einem 1:0-Sieg bei den Offenbacher Kickers – dem ersten überhaupt im Derby nach dem Zweiten Weltkrieg – hatten ihn auf Anhieb alle Eintracht-Fans in ihr Herz geschlossen.

Es folgten 277 weitere Ligaspiele für die Eintracht, 17 Endrunden-Begegnungen um die deutsche Meisterschaft, 33 Pokal-Partien sowie sieben Einsätze im Europapokal. Es hätten noch deutlich mehr sein können, aber in zwei Spielzeiten musste er wegen einer schweren Meniskusverletzung monatelang pausieren.

Selbstgestrickte Handschuhe

Der „Panther“, der seinen Spitznamen von Dieter Lindner wegen seines schwarzen Torwart-Pullis bekommen hat, bereute es nicht, dass er für die Eintracht sogar ein Angebot des 1. FC Köln ausgeschlagen hat. Die Domstädter hatten mit einem attraktiven Job beim „Kaufhof“ gebuhlt, den er nur pro forma ausgeübt hätte. Ausschließlich der Fußball wäre beim Effzeh sein Lebensinhalt gewesen.

Die Schwarz-Weiß-Fotos aus seiner aktiven Frankfurter Zeit zeigen Loy stets ohne Torwart-Handschuhe und mit einer Schirmmütze gegen die Sonnenstrahlen. „Die ersten Handschuhe hat mir meine Schwiegermutter gestrickt – und die habe ich dann auch immer getragen!“ Das schwarze Trikot, das der Panther auch beim Europapokal-Finale in Glasgow getragen hat, kann man auch heute noch im Eintracht-Museum bewundern. Die selbstgestrickten Handschuhe und die Schirmmütze sind nicht erhalten geblieben.

Bis auf den heutigen Tag ist Loy als ausgewiesener Fußball-Fachmann gern gesehener Gast im Stadion. „Früher haben wir im WM-System mit zwei Verteidigern, drei Mann im Mittelfeld und fünf Stürmern gespielt – heute ist es genau umkehrt mit maximal nur noch zwei Stürmern.“ Und auch in puncto Abwehrarbeit hat der im Ruhrgebiet aufgewachsene Straßenfußballer eine klare Meinung: „Die Viererkette ist eindeutig effektiver als die Dreierkette, weil die Abstände zu den Mitspielern deutlich kleiner sind!“

Trotz der exorbitant höheren Bezahlung beneidet Loy die heutigen Fußball-Profis nicht: „Heute ist das alles viel verbissener geworden. Zu unserer Zeit wurde auf dem Platz auch mal geflachst und nach dem Spiel hat man gemeinsam in gemütlicher Runde beisammen gesessen.“



X