Oberursel (ow). Zwei Jung-Forscherinnen-Projekte mit engagierten Schülerinnen des Gymnasiums Oberursel (GO) nahmen an der 57. Runde des Regionalwettbewerbs Rhein-Main West von „Jugend forscht“ (Altersklasse ab 15 Jahren) und „Schüler experimentieren“ (Altersklasse bis 14 Jahre) teil. Das Motto lautete „Zufällig genial?“. Johanna Därr und Jolina Schäfer (beide 13, Klasse 7c) erforschten dafür verschiedene Mehlsorten. Jana Schlotmann (14, Klasse 9b) befasste sich mit dem Phänomen „ASMR“. Auch der betreuende Lehrer Jens Frowerk erhielt einen Preis.
Johanna Därr und Jolina Schäfer fragten sich, warum es so viele verschiedene Mehlsorten im Supermarktregal gibt. Und so überlegten sie sich, mit welchen Experimenten in der heimischen Küche die verschiedenen Eigenschaften der Mehlsorten herausgefunden werden könnten. Sie erforschten Weizen-, Roggen-, Dinkel-, Reis-, Mais- und Kichererbsen-Mehl, indem sie mischten, kneteten und backten. So konnten die beiden verschiedene Mehlsorten und Mahlgrade mit unterschiedlichen Zusätzen von Butter, Ölen, Backpulver, Hefe und Wasser nach Herzens- und Forscherinnen-Lust mischen und ausprobieren. Dabei wurden die Ergebnisse sowohl vor als auch nach dem Backen untersucht und in langen Tabellen nach Farbe, Geschmack und Konsistenz verglichen. „Maismehl färbt alles gelb, ganz egal, welche Zusätze man zugibt. Aber am besten haben uns die ‚Brote‘ aus Weizenmehl geschmeckt. Hier stimmte vor allem auch die Konsistenz – nicht zu hart und nicht zu matschig“, so die beiden Mehl-Forscherinnen Johanna und Jolina. Für ihr Durchhaltevermögen und ihre Teilnahme am Regionalwettbewerb im Fach „Biologie“ in der Sparte „Schüler experimentieren“ erhielten beide außer einer Urkunde ein Geschenk der Wettbewerbs-Unterstützer Provadis und Senckenberg.
Mit der Forschungsarbeit „ASMR – Was verbirgt sich hinter dem Trend?“ konnte Jana Schlotmann die Jury beeindrucken. Die Abkürzung steht für „Autonomous Sensory Meridian Response“ und beschreibt ein neurologisches Phänomen, das ein kribbelndes Gefühl im Hinterkopf oder Nacken hinterlässt. Es wird bei manchen Menschen durch bestimmte Geräusche, Bilder oder rhythmische Berührungen ausgelöst. Wie das zustandekommt und was es mit einem macht, ist noch kaum untersucht. Doch durch Internet-Plattformen ist ASMR sehr populär geworden. Es gibt inzwischen viele Video-Kanäle, die bei Nutzern nachgefragt werden, um das beschrieben Gefühl zu bekommen. Auch scheint es einen Zusammenhang zur Synästhesie zu geben, und auch das wollte Jana erforschen. Synästhetiker sind Menschen, die bei einem Sinnesreiz eine weitere, andere Empfindung haben, also etwa beim Hören von Musik oder Wörtern auch bestimmte Farben empfinden. Ob nun Synästhetiker besonders empfänglich für ASMR sind, war Teil einer umfangreichen Befragung der Schüler in den Jahrgangsstufen 7 und Q1 sowie der Lehrerschaft am GO. Über ein QR-Code konnten die Teilnehmer eine von Jana entwickelte Umfrage aufrufen und verschiedene ASMR-Video-Sequenzen anschauen. Davor und danach mussten sie Konzentrationsaufgaben wie Kopfrechnen lösen und ihre Stimmung genau beschreiben. Die Auswertung ergab unter anderem, dass ASMR-Videos bei vielen die Stimmung verbesserten, aber die Konzentration verschlechterten. Auch die Fähigkeit der Synästhesie wurde in ihren verschiedenen Ausprägungen abgefragt, und es scheint sich ein Zusammenhang aufzutun. Das wird Jana später noch erforschen. Jetzt kann sie sich auf die Teilnahme am Landeswettbewerb „Jugend forscht“ am 7./8. April in Darmstadt freuen. Die Jury befand ihr vorgestelltes Projekt so besonders, dass Jana im Fach „Biologie“ in der Sparte „Schüler experimentieren“ nicht nur den mit 75 Euro dotierten ersten Platz belegte, sondern auch hochgestuft wurde in die Sparte der 15-Jährigen und Älteren. Damit darf sie bereits als 14-jährige Schülerin das GO bei „Jugend forscht“ auf Landesebene vertreten. „Auf alle Fälle darf ich dabei sein – ganz egal, wie es für mich ausgeht. Ich freue mich jedenfalls darauf, auch wenn ich schon ein bisschen aufgeregt bin“, muss Jana zugeben.
Der Jugend-forscht-AG-Leiter am GO, Lehrer Jens Frowerk, ist da ganz zuversichtlich. „Alle Jungforscher, die sich mit ihren eigenen Ideen auch nach dem Unterricht engagieren, haben ihren Erfolg selbst erworben. Und die Teilnahme am Regionalentscheid ‚Jugend forscht‘ ist nicht ohne Grund bereits eine Auszeichnung. Wer hier mitmacht, zeigt, dass er ‚Biss‘ hat. Umfangreiche Quellenanalyse, eine gelungene Durchführung und ausführliche Niederschrift der eigenen Überlegungen braucht eben Ausdauer. Und am Ende muss man sich einer zwar freundlichen, aber durchaus kritischen Jury stellen.“
Dass die erfolgreiche Teilnahme an Wettbewerben durch eine gute Betreuung in der Schule ermöglicht wird, weiß auch der Wettbewerbsleiter Dr. Sven Soff. „Für besonders engagierte Talentförderer, die viele Projekte in den vergangenen Jahren betreut haben, gibt es ebenfalls Auszeichnungen.“ Jens Frowerk wurde deshalb der Sonderpreis „Digitalisierung, Schule und außerschulische Lernorte“, gestiftet vom Studienreiseveranstalter CTS, verliehen. Er darf sich über einen zweitägigen Workshop in der Smart-City-Pionierstadt Lemgo freuen, wo das Fraunhofer Institut das „Internet of Things“ und industrielle Automation erforscht.
Schulleiterin Marietta Grandemange zeigte sich begeistert von der erfolgreichen Veranstaltung. „Unsere Schüler beweisen jedes Jahr durch ihre vielen Auszeichnungen bei den unterschiedlichsten Wettbewerben, sei es Musik, Schach, Sport oder eben Naturwissenschaften, wie gut sie sind und wie gerne sie sich engagieren. Und natürlich gilt meine herzliche Gratulation unseren drei Schülerinnen Jana, Johanna und Jolina sowie unserem Kollegen Jens Frowerk. Jetzt drücken wir alle die Daumen für die nächste Runde!“