Oberursel. Der Verein „Ursellis Historica“ hatte auf die Portwiesen zur „Oberurseler Feyerey“ geladen, die in diesem Jahr zum 14. Mal stattfand. Noch vor der offiziellen Eröffnung unterhielten die Tänzer der „Reifenberger Härmleins“ die Zuschauer auf der mittleren Wiese, während am Turnierplatz auf der nördlichen Wiese die Kämpfer noch trainierten. Fehlte etwas an Ausrüstung, gab es bestimmt einen Markthändler, der das passende dabei hatte.
Schwerter, Schilder und Steinschleudern waren am Markt zu finden, außerdem gab es für Bogenschützen ein Bogenhospital, in dem Reparaturen durchgeführt werden konnten. Neue Gewandungen konnte man ebenso am Markt erwerben wie Wolle, Leinen und Seide vom „Stoffdealer“, der nur Materialien verkaufte, die tatsächlich im Mittelalter in Europa vorhanden waren. Während die Eltern am Kämpfen und Einkaufen waren, konnten ihre Maiden und Knappen eine Runde auf dem Vikingerkarussel drehen. Natürlich sollte ein Zelt im Mittelalter gut riechen, und hier boten sich die Räuchermischungen wie „Hexenrauch“ an. Für Sauberkeit sorgten handgesiedete Seifen und ein Besuch in Michels Badestube, sofern man nicht unterwegs zur Wasserguillotine abgeführt wurde. Und weil man seine Einkäufe auch transportieren musste, stand direkt am Ausgang vom Marktplatz der Korbmacher mit seiner Ware.
Kurz vor 13 Uhr ertönten am Samstag Dudelsäcke über die Portwiesen, und die Mitwirkenden, angeführt von „Ursellis Historica“, machten ihren Weg einmal um den Marktplatz zur Bühne. Dort wartete Herold Colonia mit Bürgermeisterin Antje Runge und Brunnenkönigin Janine I. auf sie. Runge zeigte sich beeindruckt von den vielen Gruppen bei der Feyerey und verkündete den Marktfrieden. Nach einem dreifachen „Vivat“ vom Publikum überreichte Janine ihren Bembel an den Vorsitzenden von „Ursellis Historica“, Marcus Keimling.
Nun war Zeit zu feiern, am besten zur Musik von „Tarranis – Spielleute des Donners“. Direkt an der Bühne boten sich mehrere Möglichkeiten für Erfrischungen an: die heimischen Getränke am gemeinsamen Stand vom Alt-Oberurseler Brauhaus und der Kelterei Steden oder die Erzeugnisse aus nördlichen Ländern an der Midgard Schänke. Wer einen überdachten Platz hatte, konnte auch beim kurzen Regenschauer in Ruhe trinken. Am Markt fand man außerdem Minztee, Mokka und Met. Eine besonders edle Kombination boten die Trinkbecher nach Funden aus Haithabu, wenn man sie mit „Scotish Sun“ füllte, einem schottischen Whisky, veredelt mit Honig und Vanille.
Zuschauersnacks für die bevorstehenden Kämpfe besorgte man noch schnell beim „Dattelschlepper“, etwa die persische Mischung aus süßen Kichererbsen, gerösteten Kichererbsen, grünen und schwarzen Rosinen, Berberitzen, Maulbeeren und Feigen, dann ging es zum Turnierplatz. Dort fanden Feldschlachten statt. Zwei Mannschaften tratfen aufeinander, bewaffnet mit Schwertern, Schildern und Äxten mit langen Stielen. Zuerst wurden die Stärksten aufgefordert, gegeneinander zu kämpfen, als dies jedoch unentschieden ausging, kamen die ganzen Mannschaften zum Einsatz, während Herold Colona die Kämpfe kommentierte und die Feinheiten des Sports erklärte.
Kurze Zeit danach läutete ein Donnergrollen das Steppenreiten ein. Hier traten die mehrfachen Vize-Weltmeister in Dshigitovka (Kosakenreiten), Anton und Boris Zühlke, mit Hunnischer und Mongolischer Kampfkunst zu Pferde auf. Dabei schlüpften sie in die Rollen zweier Anwärter des Erbes von Dschingis Khan und zeigten ihr Können mit Lanzen, Pfeil und Bogen sowie mit Äxten, mit denen sie auf auf Scheiben vom Pferd aus zielten. Außerdem schlugen sie Kohlköpfe von Stangen herunter und führten Tricks mit der Peitsche vor. Auch eine Mutprobe wurde vorgeführt, in der ein Reiter einen Ring im Mund hielt, den der andere ihm mit der Lanze im Vorbeireiten aus dem Mund holte.
Noch während sie kämpften, fing es erneut an zu regnen, aber viele treue Zuschauer blieben trotzdem mit Regenschirmen oder unter den Bäumen bis zur Auflösung der Geschichte dabei. Nach so einem anstrengenden Kampf hatten Ritter und Zuschauer Hunger, im Bereich des Weges zwischen den Wiesen gab es glücklicherweise Essensstände mit Fleischspießen, Flammlachs, Käsespätzle, Rindswurst im Teigmantel sowie einen ganz frechen Verkäufer von Kassler mit Kraut. Die Recken und Edelfrauen aßen ihren Teller wohl leer, denn am späten Nachmittag kehrte die Sonne zurück.
Am Abend erlebten die Besucher eine ganz besondere Feuershow: die Gruppe „Finyx Fire“, die auch im vorigen Jahr auch aufgetreten war, hatte zusammen mit den Steppenreitern Boris und Anton Zühlke eine einzigartige Show ausgearbeitet, die nun ihre Premiere feierte. Tatsächlich hatten sie im Voraus nur trocken geprobt, und sowohl die Feuerwehr Mitte als auch das DRK standen in Bereitschaft am Rand des Turnierplatzes.
Gemeinsam forderten die Feuerkünstler und die Steppenreiter das Feuer zum Tanzen auf. Mit musikalischer Begleitung und bunter Bodenbeleuchtung traten sie mal abwechselnd, mal zusammen auf. Die Steppenreiter holten brennende Ringe mit ihren Lanzen und zeigten Tricks mit einem brennenden Seil, während sie sich mit den Pferden im Kreis drehten. Jess und Pippa von „Finyx Fire“ tanzten mit brennenden Geräten, während Kevin mit brennenden Stäben jonglierte. Zum Schluss zielten die Reiter auf Luftballons – manche auf dem Boden und manche von den Damen an Stangen gehalten – und brachten diese zum Explodieren. Dass diese Tricks überhaupt möglich waren, war dem Vertrauen zwischen Mensch und Tier zu verdanken, erklärte Anton Zühlke am Ende der Show, die viel zu schnell vorbei war.
Sommerliches Wetter war für das Wochenende gemeldet. Die gute Nachricht hatte sich wohl schnell herumgesprochen, denn bereits zur Markteröffnung am Samstagvormittag waren etwa zwei Drittel der Parkplätze auf der Rolls-Royce-Wiese belegt. Die Feyerey war auf dem besten Kurs für eine Rekordbesucherzahl. Am Ende wurde der Besucherrekord von vor zwei Jahren dann aber doch nicht gebrochen. Dennoch besuchten am Wochenende rund 12 000 Menschen das Mittelalterfest. „Angesichts der wechselhaften Wetterbedingungen ist das ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis“, erklärte Schatzmeister Achim Lameyer am Sonntagabend.