Oberursel (ow). „Als Radfahrer habe ich mich sehr über die neuen Schilder, die den Autofahrern das Überholen von Radfahrern an den Schienenübergängen der Hohemarkstraße verbieten, gefreut“, schrieb Stefan Eberhardt am 15. April an die Stadtpolizei. Allerdings war seine Freude offensichtlich nicht von langer Dauer. Denn er fährt fort: „Leider muss ich feststellen, dass die Autofahrer die Schilder in den meisten Fällen nicht beachten. Dadurch ist es fast noch gefährlicher als vorher, da ich in der Annahme, dass kein Auto kommt, auf den Schienen etwas in die Mitte fahre, um sie in einem besseren Winkel zu treffen. Genau dann werde ich überholt, häufig sehr knapp wegen des Gegenverkehrs, und die Autofahrer regen sich auch noch auf und hupen.“
Am Montag gab die Stadt zum angesprochenen Problem eine Erkläruing ab. Am 28. April 2020 sei die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft getreten. Durch die Neuregelungen sollten unter anderem die schwächeren Verkehrsteilnehmenden wie Fußgänger und Radfahrer besser geschützt werden – gerade auch im Hinblick auf den zunehmenden Radverkehr. Eine wesentliche Neuerung sei der Mindestüberholabstand für Kfz. Er müsse beim Überholen von Fußgängern, Radfahrern und Elektrokleinstfahrzeugen innerorts 1,50 Meter betragen, außerhalb von Ortschaften zwei Meter. Bisher habe die StVO lediglich einen „ausreichenden Seitenabstand“ vorgeschrieben.
Mit dieser Änderung in der StVO wurde auch ein neues Verkehrszeichen mit der Nummer 277.1 eingeführt. Damit kann seit vorigem Jahr auch ein Überholverbot für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Motorräder mit Beiwagen angeordnet werden, die an einspurigen Fahrzeugen wie Fahrrädern vorbeifahren wollen. An Engstellen gibt der Gesetzgeber damit der Straßenverkehrsbehörde die Möglichkeit, ein Überholverbot anzuordnen. In Oberursel gilt es seit Ende Juli 2020 an zwei Stellen, an denen die U-Bahngleise die Hohemarkstraße kreuzen und die Querung vor allem für Radfahrer erschweren: In Höhe des Camp King und an der U-Bahnquerung im Bereich der Portstraße müssen Radfahrer die Gleise schräg anfahren. In diesem Bereich dürfen sie nun nicht mehr überholt werden, bis der Autofahrer das das Ende des Überholverbots passiert hat. Es wird angezeigt durch das Verkehrszeichen 281.1.
„Gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr ist für ein gutes Miteinander der verschiedenen Nutzergruppen von großer Bedeutung“, erklärt dazu Erster Stadtrat Christof Fink. Der Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer sei ein wichtiger Punkt, den es auszubauen gelte. Entscheidend sei allerdings die Akzeptanz bei Autofahrern. Alle sollten sich an die vorgegebenen Abstände halten, um niemanden unnötig zu gefährden.
Das war Eberhardt auch schon klar, als er seinen Brief schrieb. Deshalb fordert er: „Irgendwann muss das dann auch mal kontrolliert werden, und wenn freundliche Hinweise nichts bringen, hilft vielleicht ein Bußgeld.“ Es sei vermutlich nicht unwichtig zu wissen, dass bei einem Verstoß gegen das Überholverbot ein Bußgeld in Höhe von 70 bis 300 Euro fällig werden kann.