Oberursel (aks). Die Wandlung vom „Orscheler Bub“ zum Pianisten von Weltruf beeindruckte das Publikum in der ausverkauften Stadthalle am Sonntagabend zutiefst. Viele waren gekommen, um einen jungen Mann am Klavier zu erleben, der mitten in Oberursel aufgewachsen ist, der Nachbar, Schüler, Mitschüler der eigenen Kinder war und heute auf internationalen Bühnen sein exzellentes Klavierspiel zu Gehör bringt.
Anlässlich der „Chopiniade“ der Chopin-Gesellschaft begrüßte der Präsident und künstlerische Leiter Rolf Kohlrausch, selbst renommierter Pianist, die Ehrengäste, darunter den amerikanischen Generalkonsul Norman Thatcher Scharpf sowie den Vertreter des Landrats Ulrich Krebs, Schirmherr der Chopin-Gesellschaft, Thorsten Schorr. Sichtlich erfreut über die lückenlos besetzten Ränge wünschte er dem Publikum einen „in der tiefsten Seele berührenden Konzertabend“ sowie angesichts der vielen Unsicherheiten und Krisen „Zuversicht für den weiteren Verlauf des Jahres.“ Und tatsächlich: Mit den ersten Klängen von Beethovens Sonate in f-Moll verzauberte Asal mit seinem erhabenen Spiel die Menschen im Saal. Wie von einem magischen, luftigen Schleier umhüllt, lauschte man andächtig seiner Interpretation von f-Moll Sonaten sehr unterschiedlichen Komponisten, die in ihrer emotionalen Komplexität und technischen Diffizilität tief beeindruckten. Ein Kernstück war die Sonate von Skrjabin, dessen Werke als pianistisch anspruchsvoll gelten und die mit ihrer Emotionalität, Radikalität und Wucht begeistern, die Asal in tiefer Innigkeit präzise und kontrolliert mit leidenschaftlicher Hingabe spielte. Allein der Tanz seiner zarten Hände über die Tasten nahm viele in ihren Bann. Träumerisch, als wäre er allein auf der in blaues Licht getauchten schwarzen Bühne, spielte der 26-jährige Meisterschüler von András Schiff, pianissimo mit dramatischen Akzenten, fast zwei Stunden ohne Noten. Es schien als brauche er sie nicht, durchdrungen vom Geist der Musik, und so transportierte er eine einzigartige Klang-Schönheit voll kristallener Klarheit. Wunderbar, ihm beim Spielen zuzusehen, seine leichthändige Eleganz ohne Posen changierte zwischen leisen und energischen Tönen. Es gelang ihm, die Stadthalle in flirrenden Glanz zu tauchen.
Nach der Brahms-Sonate brandete der Applaus los, die Oberurseler schienen nicht nur stolz auf einen von ihnen zu sein, sondern sie zeigten sich ehrlich ergriffen von einem Klavierabend der Extraklasse mit einem anspruchsvollen Programm, das eine Höchstleistung des Pianisten forderte, und dem Asal mit drei Zugaben von Chopin und Skrijabin, scheinbar unermüdlich und immer noch frisch, noch eins draufsetzte.
Mit diesem Konzert erlebte Oberursel einen leuchtenden Stern am Klavierhimmel hautnah. Zum nächsten Konzert wird man ihm wohl in die Alte Oper oder nach London und New York folgen müssen, wo er bereits aufgetreten ist. Der im vorigen Jahr im Alter von fast 100 Jahren gestorbene israelisch-US-amerikanisch-deutsche Pianist Menahem Pressler sagte über seinen jungen Kollegen einmal: „Das Klavierspiel von Julius Asal hat mich augenblicklich in Staunen versetzt. Es ist mir rätselhaft, wie er zu seinem einzigartigen sonoren Klang finden konnte. Das Instrument schien ihm ein Geheimnis zu erzählen.“
!Weitere Konzerte der Chopiniade in der Stadthalle sind am Sonntag, 16. Juni, ein Klavierabend mit Diana Sahakyan und am Sonntag, 29. September, ein Klavierabend mit Oliver Kern.