Hilfsbereitschaft kennt keine Grenzen

Sylwia Skrobisz sammelt in Oberstedten Sachspenden, die über die polnische Grenze in die Ukraine gebracht werden sollen. Foto: gt

Oberursel (gt). Während die Kämpfe in der Ukraine weitergehen, sind in der vergangenen Woche immer mehr Menschen in Richtung Polen und Deutschland geflohen. Gleichzeitig sind immer mehr Hilfsaktionen gestartet worden.

Am vergangenen Sonntag wurden die Spenden im Impfzentrum in Bad Homburg verladen, und gleichzeitig wurde die Aktion bis zum 12. März verlängert. „Dank Ihrer Hilfe kann der erste Hilfstransport in die Ukraine starten“ schrieb Landrat Ulrich Krebs auf seiner Facebook Seite.

Marion Stock-Dinges, die vorige Woche am Taunus-Informationszentrum Spenden gesammelt hat, schrieb am Samstag im Oberurseler Forum auf Facebook, bei ihr seien so viele Spenden eingegangen, dass ihre Lagerkapazitäten inzwischen erschöpft sind – und das, obwohl bereits mehrere Fahrzeuge in Richtung Breslau gestartet sind.

Am Freitag und Samstag sammelte das Blatt- Reich im Dornbachcenter für einen eigenen Transport, der von einer ukrainischen Mitarbeiterin organisiert wurde. Unter den Spenden waren Uniformen und Helme von der Feuerwehr in Kelkheim. Die Fahrschule Viol in der Niddastraße organisierte ebenfalls eine eigene Sammlung für das Global Aid Network. Nachdem sie am Donnerstagabend einen Aufruf nach Handtüchern zum Einpacken der Hygienepakete gestartet hatte, musste sie am Sonntagnachmittag sogar einen „Handtuch Stop“ bekanntgeben. 20 vollgepackte Kisten wurden am Montag zum Weitertransport nach Gießen gebracht.

Ähnliche Mitteilungen erhielt die Oberurseler Woche auch von anderen Privatleuten und Unternehmen, die Spendenaufrufe gestartet hatten, nun aber darum baten, sie zunächst nicht mehr als Sammelstelle zu nennen. Es werde von ihnen weitere Transporte in Richtung Osten geben, aus den vollen Lagern sollen aber auch Flüchtlinge versorgt werden, die in Oberursel und Umgebung ankommen.

Die Regenbogen-Apotheke hatte auch eigene Hilfspakete mit Verbandmittel, Ibuprofen, Paracetamol und Windeln auf den Weg gebracht. Und die Metzgerei Brinkmann in der Strackgasse bietet die Möglichkeit, Bargeld im Laden zu spenden. Das Geld wird an die „Aktion Deutschland Hilft“ weitergeleitet.

In Oberstedten startete Sylwia Skrobisz eine eigene private Initiative für einen Transport am morgigen Freitag. Zusammen mit Bekannten aus Kronberg, Maintal und Frankfurt sammelte sie an der ehemaligen Tankstelle und Werkstatt in der Hauptstraße Sachen, die erst nach Warschau in Polen gebracht werden. Dort hat sie über ihre beste Freundin Kontakt zu der Organisation „UNITERS“, die eine Genehmigung bekommen hat, über die Grenze in die Ukraine damit zu fahren. Daher wurden auch Schutzwesten gesucht. Im Gespräch mit der Oberurseler Woche erzählte sie, dass an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine bereits so viel los sei, dass sie diesen Weg genommen hat, um den Leuten noch im Land zu helfen. In Polen, wo sie gerade ein Haus baut, kommen viele Nachbarn und Bekannte aus der Ukraine, dadurch hat sie eine starke Verbindung zu diesem Land.

Währenddessen sind die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine in Oberursel angekommen. Erste Hilfe hat das Rilano Hotel bereits geleistet: „Ob jetzt die Zimmer leer stehen oder ob eine nette Familie da drin wohnt, da brechen wir uns keinen Zacken aus der Krone“, meinte Geschäftsführer Frank Metlicar im Studio Orschel Livestream am vergangenen Montag – auch wenn seine Kassen nach zwei Jahren Pandemie eigentlich leer sind. Zum Abendessen am Tag des Gesprächs wurden sie darüber hinaus vom Alt Oberurseler Brauhaus eingeladen.

Weitere Flüchtlinge sind bei Privatpersonen untergekommen, die auch spontan im Netz nach Unterstützung gesucht haben. Ob sie ein Gästebett, einen Kindersitz für das Auto, Klamotten oder eine Lesebrille benötigt haben – die meisten Aufrufe im Oberurseler Forum konnten innerhalb einer Stunde erledigt werden. Oft mit der doppelten oder dreifachen Menge an Angeboten, sodass auch weiteren Familien geholfen werden konnte.

Thorsten Dewitz, Jugendtrainer beim 1.FC 06 Weißkirchen, bot für Kinder aus der Ukraine die Möglichkeit an, beim Verein mitzuspielen. „Schluss mit nur zuschauen“ schrieb er.

Bei den Behörden gab es wohl unterschiedliche Erfahrungen. Während es anfangs Probleme mit der Erreichbarkeit der Hotlines gab, erzählte Bernhard Tiedemann, der eine fünfköpfige Familie für zwei Tage aufgenommen hatte, am Wochenende hingegen, dass die Ausländerbehörde sehr schnell eine dauerhafte Unterkunft für die Familie beschafft hat. Mit einmal helfen war es aber nicht getan, die Familie erwartet acht weitere Flüchtlinge.

Auch Ralf Schulten, der zwei Familien aus der Ukraine mit jeweils zwei Kindern in Königstein aufgenommen hat, erzählte im Austausch: „Ich hatte heute mehrmals Kontakt mit der Ausländerbehörde und ich kann nur Positives berichten.”

Frank Metlicar sieht manche Aspekte dennoch kritisch. „Ich finde, dass der Kreis etwas schwierig mit der ganzen Situation umgeht”, erzählte er im Gespräch mit der Oberurseler Woche. Er glaubt, dass die Flüchtlinge, die jetzt kommen, für vier bis fünf Jahre eine Unterkunft benötigen werden. Außerdem sieht er einen großen Unterschied in der aktuellen Situation zu der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 aus Syrien. Denn jetzt kämen auch viele Kinder und diese Kinder brauchten eine zusätzliche Betreuung. Dies könne schnell zu einem Problem für die Kitas, Schulen und Betreuungszentren werden. Das müsse seiner Meinung nach allen Verantwortlichen schnell bewusst werden. Metlicar würde gerne mehr Flüchtlinge im Hotel aufnehmen, aber dafür bedürfe es einer finanziellen und vor allem organisatorischen Unterstützung.

!Im Internet sind unter obu.li/ukraine immer die aktuellen Informationen zu Spenden- und Hilfsmöglichkeiten zu finden.



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