Wer den Hut auf hat, trägt keine Kapp

„KP“ kümmert sich um alles, auch ums Aufhängen der Werbebanner für den Zug, hier an der Grundschule Mitte. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Der „Taunus-Karnevals-Zug“ am Fastnachtssonntag ist Höhepunkt der närrischen Saison. Der Tag, an dem sich aktive Narrhallesen aus Karneval treibenden Vereinen weit über die Grenzen von Oberursel hinaus zur Großdemonstration im Zentrum der Taunus-Narretei treffen. Für den traditionellen Umzug sind mehr als 180 Zugnummern mit rund 2000 aktiven Fastnachtern gemeldet, auf den Straßen werden bis zu 40 000 und mehr bunte Jecken erwartet.

Mit dem Spaß ist das an einem Tag wie dem Fastnachtssonntag so eine Sache. Jedenfalls für einen, der den Titel Zugausschuss-Vorsitzender trägt. Und viel Verantwortung. Da wird aus Spaß Ernst. Selbst wenn sie ihm die Fastnacht in die Wiege gelegt haben. Wie Klaus-Peter Hieronymi, als „KP“ ist er in der Stadt wohlbekannt. Einer mit 25 Jahren närrischen Sitzfleisch unter dem Buckel als Sitzungspräsident des Karnevalsvereins „Frohsinn“ Oberursel, der ausgerechnet am 11.11. Geburtstag hat, und damit nahezu eine närrische Verpflichtung.

Als Chef der Zugflotte muss er mit seinem Gefolge dafür Sorge tragen, dass der Zug pünktlich und wohlgeordnet auf die Reise über die geplante Route geschickt werden kann. Dass er die Strecke auf der Ideallinie möglichst ohne Abriss bewältigt, ohne Hindernisse und vor allem ohne Unfälle. Denn da würde der Spaß endgültig aufhören.

Mittendrin und überall im närrischen Gewusel ist „KP“ Hieronymi. Vor allem im Vorspiel ist ein Mann mit seiner Erfahrung gefragt. Bestens vernetzt mit den fünf Oberurseler Fastnachtsvereinen und mit vielen anderen aus zahlreichen Nachbarstädten, die alle immer wieder gerne nach Oberursel kommen. Weil es bei ihnen keine Umzüge gibt oder diese an anderen Tagen stattfinden, die einen, weil der „TKZ“ in Oberursel stets gut organisiert ist und die Menschen aus allen Richtungen kommen und die Straßenränder bevölkern, die anderen.

Karnevalisten aus dem Main-Taunus-Kreis sind neben allen närrischen Hochburgen aus dem Taunus vertreten, auch die „Kinzig-Geister“ aus dem Spessart sind mit ihrer flotten Musik beliebte Gäste, nach Frankfurt und Wiesbaden wird Oberursel der drittgrößte Karnevalszug in Hessen am Fastnachtssonntag sein.

Da muss neben allem anderen auch das Sicherheitskonzept funktionieren, ein in diesen Tagen nicht unwichtiger Faktor.

Für die Organisation im Inneren ist dafür der Zugausschuss, das Organisationsteam des veranstaltenden Vereinsringes, zuständig. Allein dies eine Aufgabe, die viel Vorarbeit und freiwillige Kräfte erfordert.

Seit Herbst schon läuft die Vorbereitung mit regelmäßigen Treffen, die Zusammenarbeit mit der Stadt dabei, also mit deren Kulturabteilung vor allem, nennt Hieronymi „toll“. Bis 2020 stand der heute 69-Jährige selbst in dieser Abteilung in Diensten der Stadt, er kennt also die Abläufe, man kennt ihn, das macht manches einfacher. Als Leiter der Unterprojektgruppe PG 6 war „KP“ damals unter anderem für den großen Festzug am Abschlusstag des Hessentages 2011 in der Stadt verantwortlich. Eine „ganz andere Nummer als der Fastnachtszug war das“, so Hieronymi in einem Rückblick zehn Jahre nach dem Großereignis. Die klaren Vorgaben des Landes und vor allem die Forderung einer minutiösen Orchestrierung des Vorspiels vor dem großen Höhepunkt. Live übertragen im Hessischen Fernsehen, also vor den Augen der Hessen-Welt. Das war eine echte Nummer.

Die Nummer mit dem Taunus-Karnevals-Zug ist ebenso fordernd. Seit Herbst trifft sich das Team, „KP“ und Ludwig Reuscher, der Vereinsringvorsitzende, tragen den Hut der Verantwortung auf dieser Seite. Jeder närrische Wagen, oft mit schweren Zugmaschinen aus der Landwirtschaft oder närrisch getarnte Lastkraftwagen, muss Sicherheitskriterien erfüllen. Muss zum Beispiel so genannte Schürzen tragen, die nur 20 Zentimeter Bodenfreiheit lassen dürfen. Damit keine Kinder beim Sammeln von Knollen unter die Wagen geraten können. Darauf achten auch die „Wagen-Engel“, die auf beiden Seiten jeder Wagenachse im Festzug mitlaufen. Auch aus Sicherheitsgründen dürfen auf den Motivwagen keine Glasflaschen mitgeführt werden, ein Feuerlöscher ist Pflicht. Eine mehrseitige eng bedruckte Zugordnung mit Maßangaben zu Höhe und Breite, erlaubter Beschallung und anderen Kleinigkeiten gibt die Regeln vor, gecheckt wird das beim „TÜV“ am Borkenberg vor dem Start.

Hier startet die große Sause, aufgestellt werden die Wagen in umgekehrter Reihenfolge von der unteren Altkönigstraße bis ungefähr zum Fresenius-Haus auf dem höchsten Punkt. So können die frühen Nummern sehen, wer noch so dabei ist beim Zug. Um 14.11 Uhr sollen sie an der Schule Mitte auf Kurs gehen. Auch aus Sicherheitsgründen ist schon vor Jahren der Kurs zweimal geändert worden. Enge Kurven und Abzweigungen in der Altstadt werden gemieden, auch die Vorstadt ist seitdem aus dem Rennen.

Heute fragen die Menschen eher nach Möglichkeiten, Gefahr von außen zu begegnen. Bei einem großen Organisationstreffen im Rathaus wird über Sicherheitsfragen gesprochen, die das gesamte Festgelände, in diesem Fall also die Kernstadt betreffen.

Es geht um Absperrungen und Zugänge und mit welchen technischen Mitteln das geregelt werden soll, um Rettungswege und wie sie freigehalten werden können, um Fluchtmöglichkeiten, Schutz von Gemeingut, etwa der Pergola auf dem Epinay-Platz oder Hauszugänge und vieles mehr. Da sitzen Stadt- und Landespolizei, Feuerwehr, THW, Verkehrs-und Ordnungsbehörde, DRK, Verkehrsüberwachungsclub und andere Experten zusammen.

„Wir bereiten das Inhaltliche vor, alles andere machen andere“, so Klaus-Peter Hieronymi. Und doch steht „KP“ an so einem Tag ab 7 Uhr morgens schon bei den letzten Vorbereitungen „unter Strom“ und hält „ein bisschen die Luft an“, dass alles gut geht. Je weniger das Handy klingelt, umso besser, dann läuft alles nach Plan. Feierlaune ist da ausgeblendet. Wer den Hut auf hat bei der Organisation, der trägt keine Narrenkappe, wenn er mit dem Führungsfahrzeug des Verkehrsüberwachungsclubs auf Tour geht.

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